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Audi drängt die letzten Kleinaktionäre aus dem Unternehmen

Auf der letzten Hauptversammlung wurde der Squeeze-out abgesegnet. Der VW-Konzern wird dadurch zum Alleineigentümer – der Schritt war jedoch teuer.

Aller Anfang ist schwer. Audi ist die erste Marke aus dem Volkswagen-Konzern, die sich an einer virtuellen Hauptversammlung versucht hat. Zumindest am Anfang ist Audi an diesem Freitag nicht richtig erfolgreich damit: Die Ingolstädter Premiummarke hat technische Probleme mit der Übertragung per Internet. Das virtuelle Aktionärstreffen konnte deshalb erst mit zehn Minuten Verspätung beginnen. VW-Chef Herbert Diess, bei Audi der Aufsichtsratsvorsitzende und damit der Tagungsleiter, musste sich für die Verzögerung entschuldigen.

Der kleine technische Lapsus dürfte sich aus Sicht des Konzernchefs nicht auf die Autos von Audi übertragen. Diess setzt vielmehr große Hoffnungen in den neuen Audi-Chef: Markus Duesmann ist erst seit vier Monaten dabei, Diess hatte ihn selbst bei BMW abgeworben.

„Markus Duesmann wird den Audi-Anspruch ,Vorsprung durch Technik‘ neu begründen“, pries Diess seinen neuen Vorstandskollegen an. Er sei zuversichtlich, dass Duesmann die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen werde. Hinter Audi liegen schwere Jahre. Besonders der Dieselskandal hatte der VW-Tochter arg zugesetzt.

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Für Audi ist es eine ganz besondere Hauptversammlung: Es war die letzte. Volkswagen hatte schon im Februar angekündigt, die Tochter von der Börse zu nehmen. Mit 99,64 Prozent der Anteile ist der Wolfsburger Konzern der klar dominierende Aktionär. Per Squeeze-out sollen die wenigen freien Aktionäre aus dem Unternehmen herausgedrängt werden. Von 43 Millionen Aktien liegen gerade einmal gut 150.000 bei freien Anteilseignern, zumeist früheren Audi-Beschäftigten. Die Rechtsform als Aktiengesellschaft soll beibehalten werden.

Volkswagen konnte den Squeeze-out-Beschluss auf der Hauptversammlung mit seiner dominanten Mehrheit zwar problemlos durchsetzen. Ganz sicher konnten sich die Wolfsburger ihrer Sache allerdings nicht sein. Meistens finden sich doch noch streitlustige Anteilseigner, die gegen einen solchen Beschluss per Anfechtungsklage vorgehen.

Den wenigen freien Aktionären wird der Abschied von Audi allerdings versüßt. Je Aktie will Volkswagen ihnen 1551 Euro zahlen. In der Summe lässt sich der VW-Konzern den Rückzug also etwa 250 Millionen Euro kosten. Die Entschädigung liegt um 90 Prozent über dem Durchschnittskurs vor dem rechtlich relevanten Dreimonatszeitraum vor der Bekanntgabe des Squeeze-outs.

Berichtspflichten und Rechtsrisiken entfallen

Grundlage ist das Bewertungsgutachten der Prüfungsgesellschaft PwC, das Audi einen Wert von etwa 66 Milliarden Euro attestiert. Der VW-Konzern war selbst ein wenig überrascht davon, wie hoch die Ingolstädter Premiumtochter eingestuft wurde, was den Squeeze-out vergleichsweise teuer macht. „Die Bewertung hat uns die Tränen in die Augen getrieben“, sagte ein hochrangiger VW-Manager.

Bei der Lkw-Tochter MAN wird sich das Spiel im Übrigen wiederholen: Auch dort will Volkswagen die wenigen freien Anteilseigner auszahlen und das Unternehmen komplett selbst übernehmen.

Volkswagen sieht in dem Squeeze-out einen wichtigen Schritt für die weitere Entwicklung von Audi. „Wir wollen damit schlankere Strukturen schaffen“, begründete Markenchef Duesmann die Entscheidung. Wenn Audi nicht mehr an der Börse notiert sei, entfielen besondere Berichtspflichten und Rechtsrisiken. Die Zusammenarbeit auf Konzernebene werde zudem erleichtert. „Wir wollen weitere Synergien ausschöpfen“, betonte der neue Audi-Chef. „Wir haben jetzt die Gelegenheit, neue Wege zu gehen und unseren Vorsprung neu unter Beweis zu stellen“, ergänzte er.

Die wirtschaftliche Lage der VW-Tochter ist durch die Coronakrise nicht einfacher geworden. Im Vergleich zum Vorjahr hat Audi in den ersten sechs Monaten etwa ein Fünftel seines Fahrzeugabsatzes verloren. Die Pandemie habe ihm im April einen ungewöhnlichen Start als Audi-Chef bereitet, sagte Duesmann. „Das waren bislang vier sehr besondere Monate für mich.“

Die Premiumtochter Audi, die in normalen Zeiten zum Halbjahr einen Milliardenüberschuss ausweist, ist Pandemie-bedingt von Januar bis Juni in die Verlustzone gerutscht. Das operative Minus beträgt 643 Millionen Euro. Sonderlasten von rund 100 Millionen Euro aus der Dieselaffäre sind darin noch nicht eingeschlossen. Produktionsstopp und geschlossene Händlerbetriebe haben aus einem im Regelfall profitablen Unternehmen einen Verlustbringer gemacht.

Überzeugt von der Trendwende im zweiten Halbjahr

„Wir erleben eine beispiellose Zeit“, erklärte Audi-Finanzvorstand Arno Antlitz. Trotz erster positiver Signale während der vergangenen Wochen bleibe das Jahr 2020 „weiterhin extrem herausfordernd“. Inzwischen sei auf vielen wichtigen Automärkten immerhin eine Wiederbelebung der Nachfrage spürbar geworden.

Im ersten Halbjahr hatte Audi 707.000 Fahrzeuge verkauft und damit einen ähnlichen Rückgang wie die Konkurrenten Mercedes-Benz und BMW verkraften müssen. In China brach die Nachfrage um drei Prozent ein, in Europa um 37 Prozent. „Die aktuelle Situation scheint sich aber zu stabilisieren“, sagte Antlitz.

Seit Ende Juni wird in allen Audi-Werken wieder gearbeitet, im September will die VW-Tochter an ihren deutschen Standorten die Kurzarbeit aufheben. Vor diesem Hintergrund kündigte Markenchef Duesmann auf der Hauptversammlung an, dass man in der zweiten Jahreshälfte den Turnaround schaffen und wieder schwarze Zahlen schreiben werde. Für das Gesamtjahr erwarte der Vorstand eine weltweit geringere Nachfrage, deutlich weniger Umsatz und ein Betriebsergebnis „erheblich unter Vorjahr“, jedoch „klar positiv“, so Duesmann.

Die Coronakrise wird nach aktuellem Stand nicht dazu führen, dass Audi weitere Einschnitte beim Personal drohen. Duesmann sagte dazu, der Abbau von 9500 Arbeitsplätzen an den beiden deutschen Stammwerken in Ingolstadt und Neckarsulm sei schon im November und damit vor Ausbruch der Corona-Pandemie beschlossen worden. „Ich bin überzeugt, dass das für uns hinreichend ist. Darüber hinaus ist nichts geplant“, betonte der neue Audi-Chef.