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Mit Atomkraft das Klima retten? Bei der CDU redet man plötzlich wieder darüber

CDU-Chef Armin Laschet und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU)
CDU-Chef Armin Laschet und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU)

Kommt es zu einem Comeback der Atomenergie in Deutschland? Diese Frage schien weit hergeholt — doch im Wahlkampfendspurt sind von der CDU plötzlich andere Signale zu hören. Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) sagte in dieser Woche: „Wir wissen alle, dass es heute keinen gesellschaftlichen Konsens mehr für die Kernenergie gibt.“ Und fügte vielsagend hinzu: „Bei dieser Bundestagswahl ist die Frage der Kernenergie kein Thema.“ Bei künftigen also schon?

Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmann (CDU) wurde noch deutlicher: Sollte die Energiewende nicht wie geplant klappen, sei der Ausstieg vom Atomausstieg "eine Frage, die in zehn oder 15 Jahren ansteht." Er sagte dem RND, Deutschland müsse "technologieoffen bleiben" — offen also gegenüber der Atomkraft.

Das sind völlig neue Töne, denn eigentlich schien das Schicksal der Atomkraft in Deutschland besiegelt. Zum Hintergrund: Angela Merkel (CDU) hatte 2011 nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima den Atomausstieg schneller als geplant und gegen Widerstände in der eigenen Partei durchgesetzt. Aus Klimagesichtspunkten womöglich nicht der beste Weg. Denn der Atomstrom musste ersetzt werden, vor allem durch besonders klimaschädliche Kohlekraftwerke. Die letzten sechs Atomkraftwerke werden im kommenden Jahr abgeschaltet, auch bei den Betreiberunternehmen gibt es daran keine nennenswerte Kritik. Außer der AfD spricht sich bei der Bundestagswahl keine Partei für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke aus.

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Doch es gibt zahlreiche Befürworter der Atomenergie, besonders bei denen, die es ernst meinen mit dem Kampf gegen den Klimawandel. Selbst für den Weltklimarat IPCC ist die CO2-arme Nuklearenergie ein Weg, um Klimaneutralität zu erreichen. Auch Klimaaktivistin Greta Thunberg äußerte sich zwischenzeitlich positiv zur Atomenergie. Vertreter von UN-Organisationen nennen Atomkraft "eine wichtige Quelle für CO2-armen Strom". Microsoft-Gründer Bill Gates finanziert ein Unternehmen, das an neuartigen Kernkraftwerken forscht, auch in China gibt es neue Versuchsreaktoren.

Die Hoffnung ist folgende: Die neuen Reaktortypen sollen so konstruiert sein, dass die beiden großen Nachteile der Atomkraft keine Rolle mehr spielen. Eine gefährliche Kernschmelze wie in Fukushima oder Tschernobyl soll damit ausgeschlossen werden. Außerdem soll kein Atommüll entstehen, der Millionen Jahre lang strahlt, sondern nur Abbauprodukte, die nach wenigen Hundert Jahren ungefährlich werden. Andere Reaktortypen sollen sogar bereits bestehenden Atommüll unschädlich machen können und gleichzeitig Energie erzeugen. Doch in Deutschland spielt das keine Rolle.

"Dass in den Diskussionen um Klimaschutz die Atomkraft keine Rolle spielt, darin ist Deutschland einzigartig", sagt Lukas Köhler, klimapolitischer Sprecher der FDP im Bundestag. Dass die aktuellen Atomkraftwerke abgeschaltet werden, hält auch er für richtig. Doch er zeigt sich offen gegenüber neuen Technologien. "Wenn die bestehenden Probleme der Atomkraft gelöst werden können, wäre es falsch, das Nachdenken darüber in Zukunft zu verbieten."

Beim Atommüll seien die Aussichten vielversprechend. Ein weiterer Punkt ist aus Köhlers Sicht die Frage der Versicherung der Atomenergie. "Bisher übernimmt der Staat einen Großteil der Risiken, das verzerrt den Wettbewerb. Nur wenn die Risiken so klein werden, dass Atomkraft in Zukunft privat versichert werden kann, ist sie überhaupt diskutabel."

Neue Reaktoren sind nicht ausgereift

Doch es gibt auch gewichtige Gegenstimmen gegen eine Rückkehr zu einer — moderneren — Atomenergie. Claudia Kemfert ist eine der angesehensten Klimaexpertinnen in Deutschlands und eine entschiedene Gegnerin der Atomkraft. Ihre Argumente: Atomkraft stößt zwar weniger CO2 aus als fossile Brennstoffe, aber durch den aufwändigen Bau der Kraftwerke deutlich mehr als erneuerbare Energien. Der vielleicht entscheidende Haken: Erneuerbare Energien sind deutlich günstiger und es gibt bereits marktreife Windräder und Solaranlagen, die nur noch gebaut werden müssen.

Viele der neuen Reaktortypen sind hingegen noch nicht ausreichend erprobt, obwohl die Konzepte bereits auf die 1960er-Jahre zurückgehen. Manche Experten glauben, dass die neuen Reaktortypen in der ersten Hälfte des Jahrhunderts noch keine nennenswerte Rolle spielen werden. Doch wenn man die Warnungen der Klimaforscher ernst nimmt, dann kommt es vor allem auf die kommenden beiden Jahrzehnte an, um den CO2-Ausstoß zu verringern.

"Die Wahrheit ist: Wir haben nicht die Zeit, um auf neue, sichere Atomkraftwerke zu warten. Klimaneutralität müssen wir mit den Erneuerbaren erreichen", sagt auch FDP-Politiker Köhler. Auch aus dem klimapolitischen Lager der Union ist zu hören: Eine Verlängerung von Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke oder eine zeitnahe Rückkehr zur Atomkraft seien ausgeschlossen. Der Weg zur Klimaneutralität führe über die erneuerbaren Energien.

Schließlich hat sich Deutschland vorgenommen, bis zum Jahr 2045 klimaneutral zu sein. Wenn die künftigen Regierungen das erfüllen wollen, dann wird die Atomkraft nicht nur bei dieser Wahl kein Thema sein — sondern auch nicht bei den künftigen.