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Atemmasken aus dem 3D-Drucker – wie Firmen ihre Produktion umstellen

In der Coronakrise spielt der 3D-Druck seine Stärken aus: Unternehmen können ihre Produktion so schnell auf knappe Medizingüter umstellen.

Autozulieferer Rolls-Royce Power Systems produziert mit dem 3D-Drucker Halterungen für Gesichtsschutz. Foto: dpa
Autozulieferer Rolls-Royce Power Systems produziert mit dem 3D-Drucker Halterungen für Gesichtsschutz. Foto: dpa

Sie sind meist leicht herzustellen, die Materialkosten sind gering – und doch ist es derzeit für viele Krankenhäuser und Arztpraxen unmöglich, sie zu bekommen: Gesichtsvisiere und Mundschutzmasken haben sich während der Coronakrise weltweit zu dauerhaft ausverkauften Kassenschlagern entwickelt.

Bereits im Februar warnte die Weltgesundheitsorganisation vor der drohenden Knappheit an medizinischer Schutzausrüstung. In den vergangenen Wochen wurde die Warnung zur Realität. Immer mehr Firmen wollen nun dabei helfen, die Knappheit zu lindern und stellen ihre Fertigungen auf knappe Medizingüter um.

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3D-Drucker spielen dabei branchenübergreifend eine entscheidende Rolle. Denn mit den Geräten lassen sich ohne Umbauten einfach und kostengünstig individuell angepasste Produkte fertigen. Deshalb werden sie von Stahlherstellern wie Thyssen-Krupp und Georgsmarienhütte, aber auch von Autoherstellern wie VW oder Dentallaboren und Designbüros für die unterschiedlichsten Anwendungen genutzt – und während der Krise immer häufiger zu Not-Produktionsstätten umfunktioniert.

„Viele Anwender gehen im Moment sehr kreativ mit der additiven Fertigung um“, beobachtet auch Stefan Hollaender, Managing Director für Europa, den Mittleren Osten und Afrika beim US-Druckerhersteller Formlabs. Sein Unternehmen hat eine Initiative zur Bewältigung der Coronakrise gegründet, die mittlerweile 5000 Geräte von Formlabs-Kunden aus verschiedenen Industrien umfasst.

„Es gibt Anfragen von Unternehmen, die ihre freigewordenen Druckkapazitäten bereitstellen möchten – und Anfragen von Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen, die bestimmte Produkte, bei denen die klassischen Fertigungskapazitäten derzeit ausgereizt sind, schnell benötigen“, erklärt Hollaender das Prinzip. Dabei spielt die additive Fertigung während der Coronakrise ihre größte Stärke aus: die Flexibilität.

Weil es für die Produktion eines Teils mit einem 3D-Drucker nur ein digitales Modell braucht, können Industriekonzerne innerhalb von Minuten vom Werkstoffhersteller zum Produzenten von Gesichtsvisieren werden. Wie zum Beispiel der Stahlkocher Georgsmarienhütte: Auf Eigeninitiative hat das Unternehmen bereits vor einigen Tagen damit begonnen, Halterungen für Gesichtsvisiere auf 3D-Druckern herzustellen, die üblicherweise für den Formenbau im Gießereiwesen verwendet werden.

„In der aktuellen Situation sind die Drucker allerdings nicht ausgelastet“, teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. In der vergangenen Woche lieferte die Georgsmarienhütte die ersten 50 Visiere an zwei Pflegeeinrichtungen in der Region aus.

Das Design ist möglichst einfach gehalten: Gedruckt wird ein Plastikrahmen nach einer Vorlage, die sich Hundertfach im Internet findet. Die Konstruktion sieht aus wie ein Haarreif, an den eine Plastikfolie wie eine Dokumentenhülle angebracht werden kann. Das soll das Gesicht der Pflegekräfte vor umherfliegenden Viren schützen und so die Infektionsgefahr reduzieren.

Auch der Stahlhersteller Thyssen-Krupp fertigt ähnliche Visiere. Dabei hat der Chemnitzer Standort, der zur Autozuliefersparte des Ruhrkonzerns gehört, ein eigenes Design entwickelt, das auch das Logo von Thyssen-Krupp enthält. In Chemnitz kann der Konzern so sieben Halterungen pro Tag drucken, weitere 40 pro Woche entstehen auf 3D-Druckern des Unternehmens in Hagen.

Kreative Zweckentfremdung

Während sich der Einsatz hierzulande meist auf einfache, medizinisch unbedenkliche Schutzausrüstung beschränkt, betreten in anderen Ländern Europas manche Hersteller völlig neue Wege. Als vor wenigen Wochen in einem italienischen Krankenhaus in der besonders betroffenen Lombardei dringend benötigte Ersatzteile für Beatmungsgeräte ausgingen, sprang ein lokales 3D-Druck-Unternehmen mit dem Namen Isinnova ein – und druckte die Ersatzteile einfach innerhalb von ein paar Stunden auf den eigenen Geräten nach.

In Zusammenarbeit mit einer anderen Einrichtung entwickelte die gleiche Firma auch eine Vorrichtung, mit der sich Tauchermasken in wenigen Sekunden zu Not-Beatmungsgeräten umfunktionieren lassen, die ebenfalls in Italien eingesetzt wird. Der Sportartikelhändler Decathlon beteiligte sich an der Entwicklung – und stellte Designpläne und Maße seiner Tauchmasken für die Zweckentfremdung bereit.

„Es gibt bei vielen Produkten wie etwa Tauchmasken die Möglichkeit, sie mit geringfügigen Änderungen für andere Zwecke einzusetzen – etwa als Masken für Beatmungsgeräte“, beobachtet auch Stefan Hollaender von Formlabs. Auf einer speziellen Homepage stellt das Unternehmen viele 3D-Pläne zur Verfügung. Wer helfen will, muss sie nur herunterladen – und steht sofort als Lieferant von Schutzausrüstung bereit.

Auch wenn derzeit kaum ein Unternehmen daran denken dürfte, in einen neuen Drucker zu investieren, rechnet Hollaender damit, dass sich die Krise langfristig positiv auf den 3D-Druck auswirken wird. „Der Pioniergeist ist derzeit sehr groß“, so der Manager. Das werde das Denken in den Firmen auch langfristig verändern.

Hinzu komme: „„Die Unternehmen denken darüber nach, wie sie ihre Lieferketten widerstandsfähiger aufstellen können.“ Wegen ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten sei die additive Fertigung für viele Firmen ein Mittel der Wahl, falls Lieferanten einmal ausfallen sollten. „Das erlebe ich derzeit häufig in Kundengesprächen – auch wenn Investitionen in vielen Industrien wegen der Pandemie im Moment zeitlich verschoben werden.“