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Arbeitsministerium will Regeln zur Arbeitszeiterfassung anpassen – aber „nicht alles auf den Kopf stellen“

Nach dem EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung muss der Gesetzgeber handeln. Arbeitsminister Hubertus Heil will aber keine Rückkehr zur Stechuhr.

Das Arbeitsministerium bereitet neue Regeln zur Arbeitszeiterfassung vor, will dabei aber behutsam vorgehen. Man werde bei der Umsetzung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) „nicht alles auf den Kopf stellen“, sagte eine Sprecherin von Ressortchef Hubertus Heil (SPD) am Montag.

Zuvor hatte die „Süddeutsche Zeitung“ über ein Rechtsgutachten des Passauer Professors Frank Bayreuther im Auftrag des Ministeriums berichtet. Demnach ist der Gesetzgeber verpflichtet, das deutsche Arbeitszeitrecht zu ändern, weil es den vom EuGH konkretisierten Vorgaben der EU-Arbeitszeitrichtlinie nicht entspreche.

Die Luxemburger Richter hatten im Mai 2019 in einem spanischen Fall entschieden, dass Arbeitgeber ein System einrichten müssen, mit dem die tägliche Arbeitszeit der Mitarbeiter erfasst werden kann. Seither wird – auch innerhalb der Bundesregierung – über Tragweite und Konsequenzen des Urteils gestritten.

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Im Bundeswirtschaftsministerium stand man lange auf dem Standpunkt, dass es keinen Handlungsbedarf gebe. Das Ressort ließ von den Münchener Juristen Volker Rieble und Stephan Vielmeier ebenfalls ein Gutachten anfertigen, das nach Informationen von Insidern aber zu einem ähnlichen Ergebnis kommt wie Bayreuther. Offiziell heißt es aus dem Wirtschaftsministerium, die Ressortabstimmung zwischen den einzelnen Ministerien laufe noch.

Für die SPD führt kein Weg an einer gesetzlichen Neuregelung vorbei: „Wir werden im Gespräch mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden darauf achten, dass wir eine gute und sozial gerechte Lösung finden“, sagt die Vizevorsitzende der Bundestagsfraktion, Katja Mast. Das sorge auch für fairen Wettbewerb.

Auch der Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit der Universität Bonn, Gregor Thüsing, hielte es für falsch, die Umsetzung der EuGH-Entscheidung allein den Gerichten zu überlassen: „Der deutsche Gesetzgeber sollte den Mut haben, hier voranzuschreiten und eine passgenaue, intelligente und dem deutschen Arbeitsrecht entsprechende Regelung zu formulieren.“

Thüsing legt das EuGH-Urteil so aus, dass es zwar ein System zur Aufzeichnung der Arbeitszeit geben muss, der Arbeitnehmer aber entscheiden kann, ob er es auch nutzen will. Vertrauensarbeitszeit wäre auf freiwilliger Basis weiter möglich, Tarifvertrags- und Betriebsparteien könnten hierfür intelligente Leitplanken formulieren. Auch könnten nach der EU-Richtlinie durchaus bestimmte Arbeitnehmer von der Arbeitszeiterfassung ausgenommen werden – etwa wenn sie eine bestimmte Verdienstgrenze überschreiten.

Offen ist in der Koalition noch, ob die Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes zusammen mit der Regulierung sachgrundlos befristeter Jobs kommt oder ob dann auch gleich die im Koalitionsvertrag vereinbarten „Experimentierräume“ für flexiblere Arbeitszeitregeln angepackt werden.