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Arbeitsminister Heil weist Kritik an Lieferkettengesetz zurück

Der SPD-Politiker lässt die Einwände der Unternehmen nicht gelten und betont den Schutz der Menschenrechte. Unterstützung kommt von der CDU-Spitze.

Der Bundesarbeitsminister betonte, dass das Gesetz auch dem Kampf gegen Armut uns Ausbeutung dienen soll. Foto: dpa
Der Bundesarbeitsminister betonte, dass das Gesetz auch dem Kampf gegen Armut uns Ausbeutung dienen soll. Foto: dpa

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat Kritik aus der Wirtschaft am angekündigten Gesetz für Menschenrechte in der weltweiten Produktion zurückgewiesen. „Ich weiß, dass deutsche Unternehmen zur Überwachung von Lieferketten in der Lage sind“, sagte Heil der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Handel und Industrie stemmen sich gegen das geplante Gesetz, das deutsche Unternehmen zur Einhaltung von Standards auch bei Zulieferern im Ausland verpflichten soll. Ziel ist es, dass es bei der Herstellung etwa von Kleidern, Schokolade oder Elektrogeräten nicht zur Ausbeutung von Arbeitskräften oder Kinderarbeit kommt. Wirtschaftsvertreter hatten argumentiert, die Unternehmen könnten vielfach gar nicht die einzelnen Produktionsschritte lückenlos überwachen.

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„Wir überfordern die meisten Unternehmen, und das in einer Zeit, wo es ihnen so schlecht geht wie noch nie seit 70 Jahren“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer, der Deutschen Presse-Agentur. Ein Lieferkettengesetz könne dazu führen, dass in Entwicklungs- und Schwellenländern, die für eine bessere Perspektive auf Investitionen auch aus Deutschland hofften, weniger investiert werde und weniger deutsche Standards implementiert würden.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, warnte: „Ein rein nationales Lieferkettengesetz wäre für Beschäftigte bei Zulieferern vor Ort in Asien oder Afrika möglicherweise sogar kontraproduktiv. Gerade deutsche Unternehmen sind als Arbeitgeber begehrt und als Investoren willkommen, weil sie hohe Standards mitbringen.“
Heil hielt dem entgegen: „Man muss sich nur anschauen, dass wir dies in Bereichen wie bei den Normen der Produktsicherheit bereits lückenlos haben.“ Gleiches müsse dann auch für die Einhaltung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten gelten.

Rund 7300 Unternehmen betroffen

„Wir werden von Unternehmen nichts verlangen, was unmöglich ist“, versicherte der Minister. „Es geht um Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Das sind ungefähr 7300 Unternehmen in Deutschland.“

Klar sei, dass sich niemand um die Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten herumdrücken könne, weder Staaten noch Unternehmen. „Wir reden hier über den Kampf gegen Kinderarmut und Ausbeutung“, unterstrich Heil.

Geplant ist auch, dass Unternehmen für die Verletzung von Standards bei Zulieferern haften müssen. Heil sagte, habe ein Unternehmen getan, was menschenmöglich sei, und sich ordentlich um die Einhaltung der Menschenrechte bei seinen Lieferketten bemüht, solle es nicht haften müssen. „Wenn sich ein Unternehmen darum aber nicht kümmert, wird es für Menschenrechtsverstöße haften müssen.“ Es gehe dabei um zivilrechtliche Haftung, nicht um strafrechtliche.

Unterstützung bekommt der Minister von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. „Niemand will als mündiger Verbraucher Kinderarbeit oder anderes unterstützen. In einem solchen Lieferkettengesetz legen wir dafür eine Grundlage“, sagte Kramp-Karrenbauer der Deutschen Presse-Agentur. Das Gesetz müsse aber so gestaltet sein, dass es praktikabel sei und dass es die deutsche Wirtschaft, etwa mit Blick auf die europäische Konkurrenz, weiter wettbewerbsfähig halte.

IfW-Professor hält mehr Transparenz für möglich

Nach Ansicht des Wirtschaftsexperten Holger Görg ist das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Einhaltung von Menschenrechten in internationalen Lieferketten für Unternehmen umsetzbar. „Ein Einsatz von neuer Technologie, insbesondere Blockchain, in der Lieferkette könnte für viel mehr Transparenz sorgen und es für die Produzenten in Deutschland möglich machen, alle Schritte der Kette nachzuvollziehen“, sagte Görg der Deutschen Presse-Agentur. Görg forscht am Kieler Institut für Weltwirtschaft zu internationaler Arbeitsteilung.

„So wie Lieferketten zurzeit generell strukturiert sind, ist es in der Tat schwer, Zulieferer, die weiter als zwei oder drei Schritte vom deutschen Unternehmen entfernt sind, zu kontrollieren“, sagte Görg. Bei Textilien könne ein deutscher Produzent zwar nachvollziehen, wo in Bangladesch eingekaufte T-Shirts herkommen. „Es wird jedoch schon schwerer nachzuvollziehen, wo die T-Shirts gefärbt werden, oder wo die Baumwolle herkommt. Und noch mal schwerer zu sehen, wo die Düngemittel et cetera für die Baumwollplantage herstammen.“

„Natürlich könnten Unternehmen auf ihre Zulieferer Einfluss ausüben, indem sie diese Aspekte vertraglich regeln“, sagte Görg. Dazu könne gehören, dass Zulieferer bei ihren Zulieferern auf die Einhaltung von Standards pochen. Problem sei aber die Überwachung.

Es gebe keine aktuellen belastbaren Daten über den Umfang von Menschenrechtsverletzungen bei der Produktion, sagte Görg. „Was jedoch ganz klar ist: Arbeitsbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern hinken ganz klar denen von Industrieländern hinterher.“ Extremfälle seien gelegentlich in den Nachrichten. „Aber das ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs. Ich denke hier an Entlohnung, Arbeitszeiten, Arbeitssicherheit, Urlaubsanspruch, Krankheitsvorsorge, Rentenvorsorge.“