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Arbeitgeber wollen Tarifverträge öffnen

Rainer Dulger ist neuer Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).
Rainer Dulger ist neuer Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA).

Öffnungsklauseln, Zukunftstarifverträge, Kündigungsschutz für angehende Betriebsräte - die Sozialpartner dringen auf neue Regeln. Doch was passt zur Arbeitswelt des Jahres 2021?

Berlin (dpa) - Arbeitgeber und Gewerkschaften fordern grundlegende Reformen im Tarifrecht. «Klar ist, dass wir im Tarifrecht dringend Reformen brauchen, denn Tarifpartner brauchen zusätzliche Handlungsspielräume für Flexibilisierung und Modernisierung», sagte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der dpa.

Die Forderungen der Gewerkschaften zielen hingegen in eine völlige andere Richtung - sie wollen die Tarifbindung stärken und Arbeitnehmer schützen, die einen Betriebsrat gründen wollen.

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Dulger sagte: «Ich bin ein großer Anhänger der Tarifpartnerschaft - aber leider haben viele Flächentarifverträge ihre Attraktivität verloren.» Im Tarifrecht seien dringend Reformen nötig. «Wer geht denn heute noch in die Tarifbindung, wenn man sich an viel zu starre, teure Tarifwerke binden muss?» Tarifpartner brauchten zusätzliche Handlungsspielräume für Flexibilisierung und Modernisierung.

Dulger sprach sich für mehr Öffnungsklauseln in Tarifverträgen aus. «So könnten beispielsweise Unternehmen, die von der Komplexität eines gesamten Tarifwerks abgeschreckt werden, nur den Entgeltrahmen übernehmen, ohne gleichzeitig auch umfangreiche Regelungen zur Arbeitszeit übernehmen zu müssen», sagte Dulger. Dies solle nicht vom Staat neu geregelt werden, sondern die Tarifvertragsparteien sollten die Tarifverträge grundsätzlich modernisieren.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann erteilte Dulgers Forderung postwendend eine Absage - ließ aber Verhandlungsspielraum erkennen. «Die Komplexität von Tarifverträgen ist die Konsequenz des Wunsches nach mehr Flexibilität in den Tarifverträgen, der gerade von den Arbeitgebern immer wieder eingefordert wird», sagte er der dpa. Den Arbeitgebern schwebe nachträgliche Rosinenpickerei auf betrieblicher Ebene vor. «Die wird es nicht geben. Alle Tarifverträge tragen die Unterschriften beider Seiten.» Offen sei die IG Metall für mehr betriebliche Nähe im Tarifsystem. In betriebsspezifischen «Zukunftstarifverträgen» könne es um Investitionen und Zusagen von Produkten und Prozessen gehen - und darauf aufbauend um Personalentwicklung und auch Anpassungen tariflicher Regelungen.

Die Vorsitzenden von DGB und Verdi, Reiner Hoffmann und Frank Werneke, sehen die Politik gefordert: Die Stärkung der Tarifbindung stehe im Koalitionsvertrag. «Mindestens muss endlich festgelegt werden, dass öffentliche Aufträge des Bundes nur noch an tarifgebundene Unternehmen vergeben werden dürfen», sagte Werneke der dpa.

Hoffmann betonte: «In 15 von 16 Bundesländern haben wir bereits Regelungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe, auf Bundesebene nicht.» Die öffentliche Auftragsvergabe habe ein Volumen von rund 45 Milliarden Euro pro Jahr. Die Steuerzahler hätten Anspruch darauf, dass sich Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten, sozial verantwortlich verhalten und anständige Löhne zahlen. «Wenn wir Tariftreue nicht zur Regel machen, akzeptieren wir staatlich subventioniertes Lohndumping.»

Hoffmann forderte auch erleichterte Allgemeinverbindlichkeit. «Dafür brauchen wir im Tarifautonomiestärkungsgesetz minimalinvasive Änderungen. Das ist kein Zauberwerk», sagte er der dpa. «Wir brauchen zudem einen besonderen Kündigungsschutz für die Menschen ab dem Tag, an dem sie die Initiative zur Einrichtung eines Betriebsrates ergreifen.» Er begrüßte, dass ein im Dezember vorgelegter Gesetzentwurf für ein Betriebsrätestärkungsgesetz dies aufgreife.

Der Linke-Gewerkschaftsexperte Pascal Meiser erhob Vorwürfe gegen Dulger: «Die Forderung des obersten Arbeitgebervertreters nach einer immer weiteren Flexibilisierung des Tarifsystems ist nichts anderes als organisierte Tarifflucht auf Raten.»