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Eine Apple-Welt für Brummis

MAN und Scania werden digital - Eine Apple-Welt für Brummis

Alle sprechen vom großen Wandel in der Nutzfahrzeugbranche. Die Digitalisierung biete ungeheuer große Chancen für die Lkw-Hersteller, sie müssten sie nur nutzen. Was sich dabei abzeichnet: Wenn sich ein Unternehmen auf den großen Wandel vorbereiten will, dann reicht es nicht mehr, wie bisher einfach nur Lastwagen von den Bändern laufen zu lassen. Die Nutzfahrzeug-Hersteller müssen zusätzlich Dienstleistungen und digitale Produkte ins Angebot nehmen.

Genau das versucht die Nutzfahrzeug-Sparte des Volkswagen-Konzerns mit ihrer neuen digitalen Marke Rio, die sie in dieser Woche auf der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) für Nutzfahrzeuge in Hannover präsentiert. verspricht, dass Rio die Transportwelt grundlegend verändern werde. „Daten sind der Treibstoff des 21. Jahrhundert“, sagt MAN-Vorstandschef Joachim Drees. Die beiden Lastwagen-Hersteller MAN und Scania bilden das Rückgrat der Volkswagen-Nutzfahrzeuggruppe.

Die Grundidee hat sich der VW-Konzern ein wenig von Apple abgeschaut. Das iPhone mit iTunes und App-Store sichert den -Kunden den Kontakt in jede Richtung und beinahe in jeder Lebenssituation. Mit dem Smartphone lässt sich das Leben organisieren. Das Handy hat sich unter der Führung von Apple zur zentralen Steuerungseinheit für seine Kunden entwickelt.

Diese Grundidee aus dem Bereich von Privatkunden wollen VW, MAN und Scania auf die Unternehmenswelt und speziell auf die Logistikbranche übertragen. Rio hat nur noch indirekt etwas mit einem Lastwagen zu tun. In den Vordergrund tritt nun eine Dienstleistung, die die wirtschaftlichen und professionellen Abläufe rund um das Logistik- und Speditionsgeschäft vereinfachen und damit auch billiger machen soll.

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Die Volkswagen-Nutzfahrzeuggruppe will mit Rio alle Beteiligten einer Lieferkette – Versender, Spedition, Verlader, Fahrer und Empfänger – miteinander verbinden. Genauso sollen die im Logistikbereich unverzichtbaren Daten miteinander verzahnt werden, also etwa Informationen des Lkw, des Anhängers, des Fahrers sowie Verkehrs-, Wetter- und Navigationsdaten.

Spediteuren soll Rio auch dadurch schmackhaft gemacht werden, dass sich mit Hilfe des Systems Leerfahrten und Standzeiten deutlich reduzieren lassen sollen – was für die Unternehmen am Ende bares Geld bedeutet. „In den kommenden fünf Jahren wollen wir die Zahl der Leerfahrten halbieren“, verspricht Markus Lipinsky, Chief Digital Officer von MAN und hauptverantwortlich für die Entwicklung des Systems. Die Rio-Box in der Fahrerkabine informiert in Sekundenschnelle darüber, wenn es in der Nähe einen neuen Transportauftrag gibt, der Lastwagen muss nicht mehr leer weiterfahren.


Druck durch Digitalisierung

Andere Anwendungsbeispiele sind „Truck Share“: Fahrzeugübergaben werden mit digitalem Zugangsschlüssel einfacher. Loadfox – diese App wird ebenfalls Teil von Rio sein – bietet ein System für ein besseres Auftragsmanagement mit Teilladungen. Auch das soll die Auslastung der Lkw verbessern helfen. In der Folge könnte sich sogar das Verkehrsaufkommen reduzieren, auch die Umwelt würde davon am Ende profitieren. Rio soll zudem auch den Kontakt zur Werkstatt vereinfachen und Wartungspausen verkürzen.

Das Rio-Programm von VW ist für Marktbeobachter ein typisches Beispiel dessen, was gerade in der Nutzfahrzeugbranche passiert. Überall wird nach Kräften daran gearbeitet, dem Druck durch Digitalisierung und neue Wettbewerber zu begegnen. „Alle haben Prototypen auf der Straße und investieren hohe dreistellige Millionenbeträge in digitale Technologien“, schätzt Romed Kelp, Nutzfahrzeug-Experte bei der Managementberatung Oliver Wyman. Volkswagen dürfte sich den Einstieg in die digitale Welt etwa 500 Millionen Euro kosten lassen.

garantiert, dass Rio als einheitliche Plattform unabhängig von der jeweiligen Fahrzeugmarke und unterschiedlichen Telematiksystem einsetzbar ist. Bildlich gesprochen: Rio sollte auch Daimler, Volvo und Iveco verstehen. Für Spediteure ist diese Multifunktionalität unverzichtbar. Denn selten kaufen sie ihre Fahrzeuge nur von einem einzigen Hersteller, sondern sie mischen die Lastwagen-Marken.

Rio ist wie ein Baukastensystem konstruiert und wird teurer, je mehr Apps und Funktionen der Spediteur abonniert. Die Preisstaffel beginnt mit einer Monatsgebühr von zehn Euro für die einfachste Ausführung, erläutert Markus Lipinsky. Bei einer kompletten Nutzung dürfen niedrige dreistellige Monatsraten realistischer sein.

Unternehmen wie Continental, Schmitz-Cargobull, Krone, Meiller und Tom Tom haben ihre Beteiligung an Rio bereits zugesagt. Die Volkswagen-Nutzfahrzeuggruppe setzt darauf, dass es künftig noch mehr werden – und dass der Wolfsburger Konzern mit seiner Apple-Welt für die Transportbranche ein Zeichen für einen ganzen Wirtschaftszweig setzt.

KONTEXT

Das Lastwagengeschäft von Volkswagen

Wechselvolle Geschichte

Schwere Lastwagen gehören erst vergleichsweise kurze Zeit zum Volkswagen-Reich. Trotzdem hat das Lkw-Geschäft schon eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Im Jahr 2000 hatte sich der Wolfsburger Autobauer beim schwedischen Lastwagenhersteller Scania eingekauft, sechs Jahre später erwarb der Konzern erste Anteile an MAN. Die Münchner versuchten damals selbst, Scania zu kaufen. Doch VW hatte andere Pläne. Der damalige Patriarch Ferdinand PiÁ«ch wollte nicht nur vom Motorrad über den Kleinwagen bis zum Lastwagen alles anbieten - er wollte langfristig eine Lastwagen-Holding schaffen.

Gemeinsame Holding

Mittlerweile gibt es diese Holding. Unter dem Dach der Volkswagen Truck & Bus sind die Töchter MAN und Scania angesiedelt. Sie sollen möglichst eng zusammenarbeiten - vor allem um Kosten zu sparen, etwa bei Forschung und Entwicklung, aber auch beim Einkauf. Während MAN und Scania in Europa stark sind und gegen die Rivalen Daimler, Volvo oder DAF antreten, kämpft MAN Latin America in Brasilien mit der schweren Wirtschaftskrise. Einst war das von Volkswagen übernommene Lkw-Geschäft dort ein wichtiger Ertragsbringer für die Münchner.

Schwäche in den USA

In den USA hatte VW auf dem Nutzfahrzeugmarkt bislang nichts zu melden und musste das Geschäft lokalen Herstellern sowie dem Rivalen und Weltmarktführer Daimler überlassen, dem unter anderem die Marken Freightliner und Western Star gehören. Nun wurden eine Beteiligung und Allianz mit dem US-Anbieter Navistar beschlossen.

Weit hinter Daimler zurück

Daimler Trucks verkaufte im ersten Halbjahr 2016 weltweit knapp 214.000 Lastwagen und fast 11.800 Busse. Die Volkswagen Truck & Bus GmbH kam mit ihren Marken im gleichen Zeitraum auf 90.000 verkaufte Lkw und Busse.

Quelle: dpa