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Anwaltsteams sichern große Deals immer häufiger mit Versicherungen ab

Mit einem Auktionsverfahren wollte ein Anlagefonds aus einer Immobilienbeteiligung aussteigen. Doch der aussichtsreichste Bieter forderte umfangreiche Garantien, um möglichen Ansprüchen von Mietern in den kommenden Jahren zu entgehen. Der Fonds hingegen wollte den gesamten Verkaufserlös in ein neues Projekt stecken, ohne umfangreiche Rücklagen für mögliche Garantieansprüche bilden zu müssen.

Fast wäre der Deal geplatzt. Am Ende kam das Geschäft doch noch zustande – mit einer Transaktionsversicherung minimierte der Verkäufer die eigenen Haftungsrisiken zugunsten des Käufers.

In Deutschland und ganz Europa erleben solche Warranty- & -Indemnity-Versicherungen (kurz: W & I-Versicherungen) einen Boom. „Die Anwaltsteams von Käufern und Verkäufern haben diese Möglichkeit zur Absicherung von Unternehmenstransaktionen zunehmend im Blick“, berichtet Kai Wallisch von der Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland. „In schwieriger Lage kann die Versicherung zum Brückenbauer für die Parteien werden.“

Die Policen versichern Garantien (Warranties), etwa zur Richtigkeit der Bilanz, zu Patent- und Markenrechten, zur Verletzung von wesentlichen Verträgen oder zu erforderlichen Genehmigungen der öffentlichen Hand. Abgesichert werden unbekannte Risiken. Die Entschädigung (Indemnity) kommt zum Tragen, wenn sich für den Käufer unerwartete Schäden oder Haftungssituationen ergeben.

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Nicht versichert werden bekannte und im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung aufgedeckte oder offengelegte Risiken, ebenso Garantien auf die Zukunft wie Umsatzprognosen sowie Kaufpreisanpassungen, bestimmte Umweltrisiken, Garantien zur Angemessenheit von Pensionsrückstellungen oder etwa branchenspezifische Risiken wie Asbest bei Immobilientransaktionen.

„Käufer und Verkäufer können sich also mit solchen Policen absichern“, betont Rechtsexperte Wallisch. Vor allem für Finanzinvestoren seien W & I-Versicherungen interessant. Das Angebot ersetze allerdings nicht die Risikoprüfung. „Vielmehr gilt ein umfangreicher Due-Diligence-Report als Basis für das Angebot eines Versicherers.“

Noch kein Massenmarkt

Doch die W & I-Versicherungen sind bei Weitem noch kein Massenmarkt. Zwar beziffert Statista für das vergangene Jahr die Zahl der M & A-Deals weltweit auf gut 50.000 Fusionen und Übernahmen mit einem Volumen von umgerechnet rund 3 000 Milliarden Euro. Die Statistiken von Kanzleien zeigen jedoch, dass W & I-Versicherungen nur bei einem überschaubaren Teil der Deals zum Einsatz kommen.

So wurden laut der „European M & A Study 2018“ von CMS zuletzt bei 14 Prozent der Transaktionen europaweit solche Policen abgeschlossen. Bei größeren Deals mit einem Kaufpreis von über 100 Millionen Euro lag der Anteil schon bei 35 Prozent. „Insgesamt wächst der Markt rasant“, sagt Gesellschaftsrechtler Wallisch.

Eine Untersuchung der amerikanischen Wirtschaftskanzlei Latham & Watkins zeichnet ein ähnliches Bild. Laut „Private M & A Market Study 2017“ wurden bei 22 Prozent aller Deals in Europa Transaktionsversicherungen abgeschlossen – mit deutlichem Aufwärtstrend. 2015 betrug der Anteil noch acht Prozent.

Kein Wunder, dass die Parteien einer Transaktion mittlerweile aus rund einem Dutzend Versicherungsanbietern auswählen können. „Neue Versicherer drängen in den Markt, und der starke Wettbewerb führt zu sinkenden Prämien sowie niedrigeren Selbstbehalten“, heißt es im „Versicherungsmarktreport Deutschland 2018“ des Maklers Marsh zu den W & I-Versicherungen. Die Munich Re sieht trotz verschärftem Wettbewerb ein „enormes Marktpotenzial“.

Häufig wird ein Makler zwischengeschaltet, der die Konditionen wie Laufzeiten, Haftungsumfang und Ausschlüsse auslotet. „Parallel zur Kaufvertragsverhandlung kommt die Aushandlung der Versicherung“, berichtet Wallisch. „Da kann es auf den letzten Metern hektisch zugehen.“ Denn bestenfalls fallen Kaufvertragsunterzeichnung und Deckungszusage zeitlich zusammen.

Dass die W & I-Versicherungen auch in Anspruch genommen werden, zeigt eine aktuelle Analyse des Versicherers AIG. Jeder fünfte Versicherungsvertrag (19,4 Prozent) erhält demnach eine Schadenmeldung. Die Schadenfrequenz stieg im Vergleich zum Vorjahr bei den mittelgroßen und größten Transaktionen weiter an. Grund sind in erster Linie fehlerhafte Bilanzen, Steuernachzahlungen, Complianceverstöße und Probleme bei Patent- und Markenrechten.

„W & I-Versicherungen haben den Markt komplett verändert“

Nur ein kleiner Teil der Schadenzahlungen (rund acht Prozent) lag über zehn Millionen Dollar. Im Schnitt wurden in dieser Kategorie 19 Millionen Dollar im anerkannten Schadensfall ausgezahlt. Im noch schwebenden Fall um den japanischen Baukonzern Lixil beim Erwerb des deutschen Sanitärausstatters Grohe soll es indes um eine Schadenssumme von rund 270 Millionen Euro gehen. Als Hintergrund werden Bilanzfälschungen genannt.

„Die W & I-Versicherungen haben den Markt komplett verändert“, sagt Dennis Froneberg, Leiter M & A-Versicherung Nordeuropa der AIG. Er sieht auch schon die nächsten Wachstumstreiber: Ergänzungen – etwa zur Absicherung gegen bekannte Steuerrisiken, Umweltrisiken oder drohende Rechtsstreitigkeiten sowie die Integration von W & I-Versicherungen mit klassischen Produkten wie Produkthaftpflicht- oder Cyberversicherungen.