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Die Anleger sagen „En Marche“

Erleichterung beherrscht die Aktienmärkte nach der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen. Sie setzen jetzt auf Emmanuel Macron als neuen Präsidenten. Die Kurse steigen kräftig. Auch der Euro legt zu.

Die beiden Kandidaten sind nicht die Traumkonstellation der Märkte, die in das Rennen um den Elysée-Palast einzieht. Immerhin wählten in der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahlen rund 40 Prozent der Bürger extrem rechte oder linke Kandidaten, die den Euro äußert kritisch sehen. Dennoch: Dass es der sozialliberale Emmanuel Macron mit seiner Bewegung „En Marche“ ist, der sich gegen die rechtsextreme Marine Le Pen vom Front National in der Stichwahl am 7. Mai stellt, beflügelt die Märkte.

„Macron wird mit hoher Wahrscheinlichkeit der neue Präsident Frankreichs“, fasst Jens-Oliver Niklasch, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg die Erwartungen der Anleger zusammen. Dazu trägt auch bei, dass der Drittplatziert Francois Fillon noch am Wahlabend eine Wahlempfehlung für Macron ausgesprochen hat. Nach Ansicht der Experten des Fondsriesen Blackrock reduziert das Wahlergebnis „das gefühlte politische Risiko in Europa deutlich“.

Der Dax sprang am Montag auf ein neues Allzeithoch, der französische Auswahlindex CAC 40 legte mit 3,8 Prozent kräftig zu. Auch an den Anleihemärkten ist die Erleichterung deutlich zu spüren. Doch die Kurse französischer Anleihen steigen und entsprechend geht die Rendite zehnjähriger Papiere um 0,07 Prozentpunkte auf 0,86 Prozent zurück. Das klingt nicht nach viel, ist aber eine ordentliche Bewegung für Anleihen. Gleichzeitig sinkt die Risikoprämie – also der Renditeabstand zu zehnjährigen deutschen Bundesanleihen um 0,15 auf 0,52 Prozentpunkte und damit den niedrigsten Stand seit Anfang des Jahres. Das liegt auch daran, dass deutsche Bundesanleihen als sicherer Anlagehafen weniger gefragt sind. Ihre Rendite steigt auf 0,34 Prozent.

Bei den Einzelwerten zählten Bankaktien zu den größten Gewinnern zum Handelsauftakt: Die Papiere von Deutscher Bank und Commerzbank notierten am Morgen 6,2 und über acht Prozent im Plus. Die Kurse der französischen Banken BNP Paribas und Société Générale stiegen ebenfalls um rund acht Prozent. Der europäische Banken-Index legte 6,4 Prozent zu. Analysten der Deutschen Bank empfahlen Anlegern, ihr Engagement bei Banken der Euro-Zone nun zu erhöhen. Die Banker des Brokerhauses Kepler Cheuvreux stuften französische Geldhäuser auf „overweight“ nach oben.

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Zuvor war bereits der japanische Leitindex Nikkei wegen des Wahlausgangs bis zum Mittag 1,3 Prozent auf 18.870 Punkte gestiegen. Auch der Euro reagierte mit deutlichen Kursgewinnen auf den Erfolg von Macron. Die Gemeinschaftswährung legte in Fernost zeitweise um rund zwei Prozent auf 1,0940 Dollar zu und damit den höchsten Wert seit fünf Monaten. Im weiteren Verlauf gab sie etwas von den Gewinnen wieder ab und notierte noch rund ein Prozent höher bei 1,0838 Dollar.


„Macron ist kein Heilsbringer“

„Das Risiko einer Präsidentschaft, die sich nachteilig für die französische Wirtschaft und die europäische Integration herausstellen dürfte, ist nun deutlich niedriger“, sagen dazu die Strategen der Credit Suisse, die weiter auf europäische Aktien setzen, die durch „die günstige Bewertung und die positive Wachstumsdynamik unterstützt“ werden.

Auch Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege beim Vermögensverwalter Fidelity International, ist „insgesamt sehr zuversichtlich“ für europäische Aktien. Gemessen an der „fundamentalen Lage in Europa, den in der Breite positiven konjunkturellen Frühindikatoren sowie den gestiegenen Gewinnerwartungen“ sind Europas Aktien nach Ansicht von Roemheld unterbewertet. Dies gelte vor allem im Vergleich zu den US-Aktien. „Aktien im Euro-Raum haben jetzt das Potenzial gegenüber US-amerikanischen Aktien aufzuwerten“, meint auch Stefan Keller, Anlagestratege bei Candriam.

Noch zuversichtlicher äußert sich Stefan Kreuzkamp, Chefanlagestratege der Deutschen Asset Management: „Das Ergebnis des ersten Wahlgangs stärkt unsere Zuversicht, dass Frankreich ab dem Sommer erstmals von einem eher reformorientierten Präsidenten geführt werden wird“, meint er: „Nach diesem Ergebnis würde ich sagen: Vive la France, es lebe Europa. Und europäische Aktien.“ So hat die Deutsche Asset Management nach dem Ergebnis der ersten Wahlrunde europäische Aktien auf Übergewichten hochgestuft.

Macrons Sieg im ersten Wahlgang sei das beste Ergebnis für Frankreich, sagt auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Doch er schränkt ein: „Macron ist aber kein Heilsbringer und kein echter Reformer. Er scheut vor tiefgreifenden Reformen am Arbeitsmarkt zurück“.

Auch deshalb verfallen die Investoren nicht in Euphorie: Die Aktienbörsen hätten schließlich schon im März einen Wahlsieg von Macron eingepreist, meint Philip Dicken, Europa-Aktienchef bei Columbia Threadneedle. Von daher dürften die weiteren Gewinne „moderat“ ausfallen. In der Tat hat Frankreichs CAC 40 mit dem heutigen Anstieg in diesem Jahr schon mehr als acht Prozent zugelegt und hinkt damit sogar dem Dax mit seinem Jahresplus von gut sieben Prozent kaum hinterher.

Noch vorsichtiger sind die Experten für Anleihemärkte. An den Rentenmärkten hat sich die Nervosität im Vorfeld der Wahlen am deutlichsten widergespiegelt, der Risikoaufschlag zehnjähriger französischer Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen war auf bis zu knapp zu 0,8 Prozentpunkte gestiegen. Die „unmittelbare Unfallgefahr“ – einer Stichwahl zwischen Le Pen und dem linksextremen äußert Euro-kritischen Jean-Luc Mélenchon – sei zwar gebannt, meint Rainer Guntermann, Zinsstratege bei der Commerzbank. Aber: „Entwarnung gibt es erst nach dem zweiten Wahlgang am 7. Mai.“

KONTEXT

Die wichtigsten Fragen nach der Frankreich-Wahl

Wieso wäre ein Wahlsieg Le Pens für manche das "Ende Europas"?

Front-National-Chefin Le Pen giftet seit Jahren gegen Brüssel und predigt die Rückbesinnung auf den Nationalstaat. Als Präsidentin will sie binnen sechs Monaten ein Referendum über das Ausscheiden ihres Landes aus der EU. Den Euro will sie wieder durch eine eigene Währung ersetzen, das Schengen-Abkommen zum freien Reisen kündigen und die französischen Grenzen abschotten. Ein "Frexit" aber wäre weit dramatischer als der EU-Austritt Großbritanniens. Denn damit bräche ein Gründerstaat weg - das Land, das mit Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg das Einigungsprojekt maßgeblich vorantrieb. Die zweitgrößte Volkswirtschaft ginge verloren. Die bisherige EU wäre am Ende.

Warum kann Le Pen mit Europaskepsis punkten?

Frankreich hadert mit diversen EU-Vorgaben, die Deutschland klar unterstützt. Wegen der Wirtschaftsflaute sprengte Paris die im Euroraum vereinbarte Defizitgrenze von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Während Brüssel auf Einhaltung der Regeln pocht, kritisiert Le Pen Gängelei. Zweites heißes Eisen ist die EU-Flüchtlingspolitik mit der Umverteilung von Ankömmlingen aus Italien und Griechenland. Dritter Punkt ist die Terrorgefahr im Europa der offenen Grenzen. Der EU-Verdruss ist groß.

Was will Macron?

Anders als die meisten anderen Präsidentschaftskandidaten bekennt sich der 39-jährige Macron mit seiner Bewegung "En Marche" klar zur EU und zur Zusammenarbeit mit Deutschland. In seinem Wahlprogramm bezieht er das unter anderem auf den Ausbau der gemeinsamen Verteidigungspolitik im Tandem mit Berlin. Doch fügt er hinzu: "Europa muss sich auch ändern." Macron will Bürgerkonvente auf dem ganzen Kontinent einberufen, um "dem europäischen Projekt wieder eine Richtung zu geben". Zudem stellt sich Macron klar hinter weitreichende Reformideen für die Eurozone, die unter anderem einen eigenen Haushalt bekommen soll.

Was würde ein Sieg Le Pens für Deutschland bedeuten?

Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt sich in den vergangenen Wochen bedeckt. Doch sie hat indirekt signalisiert, welchen Wahlausgang sie möchte: Macron hat sie getroffen, Le Pen ausdrücklich nicht. Mit deren Politik gebe es "überhaupt keine Berührungspunkte", betonte Merkels Sprecher. Weder Merkel noch ihr SPD-Rivale Martin Schulz würden wohl den Schulterschluss mit einem Staatsoberhaupt suchen, das Frankreich aus der EU führen will. Die seit Jahrzehnten so wichtige Partnerschaft läge auf Eis. Sollte sich Frankreich von der EU abwenden, käme Deutschland noch stärker in die Rolle des einzigen Stabilitätsankers in Europa.

Wie wäre es mit Macron?

Macron wäre angesichts seiner Unterstützung für Europa und für die deutsch-französische Achse für Berlin ein zugänglicher Partner - unabhängig davon, ob nach der Bundestagswahl im Herbst Merkel oder Schulz im Kanzleramt regieren. Zwei heikle Punkte bleiben: Zum einen ist unklar, ob der parteilose Jungstar bei der anstehenden Parlamentswahl in Frankreich eine Mehrheit für seine Politik bekäme. Andernfalls droht Lähmung und Unsicherheit, auch für Europa und Deutschland. Ist er indes handlungsfähig, wird er mit Merkel aneinandergeraten. Die Bundeskanzlerin will keine weitreichenden EU-Reformen, wie Macron sie vorschlägt. Erst kürzlich hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble auch einer großen Reform der Eurozone eine klare Absage erteilt.

KONTEXT

Ökonomen zur ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl

Marcel Fratzscher, Präsident Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

"Das Resultat ist ein vielversprechendes Zeichen auch für Deutschland und Europa. Es wird in der Wirtschaft und den Finanzmärkten ein kollektives Aufatmen auslösen. Mit Emanuel Macron steht der führende Kandidat für Wirtschaftsreformen und ein starkes Europa. Die Chancen sind sehr hoch, dass Macron sich im zweiten Wahlgang durchsetzen wird. Es ist noch zu früh, Entwarnung gegen einen Zusammenbruch der Finanzmärkte und gegen das Ende des Euro zu geben. Europa hat eine weitere wichtige Hürde zur Beendigung der Finanz- und Wirtschaftskrise genommen.

Ich erwarte eine positive Reaktion der Finanzmärkte und des Euro auf die erste Runde der französischen Wahlen. Mit dem Resultat steigen die Erwartungen auch an die Bundesregierung, sehr bald nach der zweiten Wahlrunde mit dem neuen französischen Präsidenten einen konkreten Plan zur Reform der EU und der Beendigung der europäischen Wirtschaftskrise vorzulegen. Die Bundesregierung sollte die Zeit nutzen, um die Reformen Europas voranzutreiben.

Mit Macron würde die Bundesregierung einen wichtigen pro-europäischen Partner gewinnen. Die Bundesregierung muss sich mit einem Präsidenten Macron aber auf einen starken und kritischen Partner auf Augenhöhe einstellen."

Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt Nordea-Bank

"Emmanuel Macron wird aller Wahrscheinlichkeit nach der neue französische Präsident - eine gute Nachricht für Frankreich, die EU und Deutschland. Auch die Finanzmärkte werden zumindest vorsichtig aufatmen. Das Reformtempo in Frankreich dürfte steigen, vor allem wenn die Parlamentswahl im Juni Unterstützung für ihn bringt. Die Hoffnungen und Vorschlusslorbeeren muss er dann allerdings auch rechtfertigen. Das deutsch-französische Tandem kann wieder Fahrt aufnehmen, auch wenn man sich nicht in allem einig sein wird."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank

"Es ist nicht zu einem Horror-Ergebis gekommen, das die Stabilität der Währungsunion bedroht hätte. Es werden nicht Links- und Rechtsradikale gemeinsam in die zweite Runde gehen. Das ist sehr gut. Le Pen war auch nicht stärker als in den Umfragen. Das senkt die Risiken, dass es in der entscheidenden zweiten Runde schief geht. Deshalb gehen wir davon aus, dass Macron neuer Präsident wird.

Das ist - gemessen an den anderen Kandidaten - das beste Ergebnis für Frankreich. Macron ist aber kein Heilsbringer und kein echter Reformer. Er scheut vor tiefgreifenden Reformen am Arbeitsmarkt zurück. Insbesondere die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist ein großes Problem. Auch seine Pläne zur Haushaltskonsolidierung sind vage. Er ist zudem für gemeinsame Anleihen der Euro-Länder und damit auf Konfrontationskurs zu Berlin. Der Euro-Raum kommt nicht zur Ruhe, auch wenn die Märkte erst einmal positiv reagieren dürften."

Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg-Bank

"Das scheint für Frankreich und Europa das richtige Resultat zu sein. Es ist so gekommen, wie die Meinungsumfragen es vorausgesagt hatten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Frankreich den Reformer Macron wählt und seine Botschaft der Hoffnung gegen Le Pens Botschaft der Wut gewinnt. Damit wird es wahrscheinlicher, dass Frankreich die Reformen bekommt, die es ökonomisch stärker macht und wirtschaftlich näher an Deutschland heranrücken lässt."

Folker Hellmayer, Bremer Landesbank

"Das ist ein sehr positives Ergebnis für Europa und die Stabilität von Realwirtschaft und Finanzmärkten. Vor drei Wochen stand so ein Ergebnis für Macron noch nicht zur Debatte. In zwei Wochen dürfte er einen recht klaren Sieg einfahren. Die politischen Unsicherheiten, die zur Schwäche des Euro und zum Kapitalabzug aus Europa geführt haben, sind zwar noch nicht vollständig bereinigt, aber immerhin zu 90 Prozent.

Dass die Wahl auf Macron fiel, ist ein Zeichen dafür, dass sich die Franzosen eine Neuausrichtung der Politik wünschen. Das ist auch ein Weckruf für Berlin und Gesamteuropa, die politischen Ansätze der Vergangenheit kritischer zu überprüfen - von der Erweiterung der EU bis zur Demokratisierung der Institutionen und der Wiederbelebung des europäischen Geistes."

Michael Hüther, Präsident Institut der deutschen Wirtschaft

"Die Achse Paris-Berlin kann wieder zu einem starken Motor werden. So ist das Schlimmste erst einmal verhindert worden. Freilich: die zweite Runde in 14 Tagen muss erst noch gewonnen werden. Und dann beginnt die Arbeit in einem wirtschaftsstrukturell schwach aufgestellten Land."