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Anleger plagen Selbstzweifel – Noch sind keine Schnäppchenpreise in Sicht

Sowohl die Rally vor zwei Wochen als auch der heftige Ausverkauf der vergangenen Handelstage haben die Anleger verunsichert. Das hat nur einen Grund.

Eine Trendwende ist nach Analyse der Anlegerstimmung nach den jüngsten Kursverlusten noch nicht in Sicht. Foto: dpa
Eine Trendwende ist nach Analyse der Anlegerstimmung nach den jüngsten Kursverlusten noch nicht in Sicht. Foto: dpa

Die kommenden Handelstage dürften turbulent werden. Das zeigt die Auswertung der aktuellen Handelsblattumfrage Dax-Sentiment unter mehr als 3500 Anlegern und weiterer Indikatoren. „Sowohl den Profis als auch den Privatanlegern sind diese heftigen Kursausschläge zu viel“, lautet das Fazit von Sentiment-Experte Stephan Heibel, der die wöchentliche Umfrage für das Handelsblatt auswertet. „Sie warten ab, bis eine klarere Richtung an den Aktienmärkten zu erkennen ist.“

Eine weitere Schlussfolgerung aus diesem Fazit: Die Aktienbörse ist nun in der Hand von Spekulanten. Während Investoren ihre Positionen mit einem mittel- bis langfristigen Zeithorizont eingehen, also drei bis sechs oder zwölf bis 18 Monate, denken Spekulanten in Kategorien von Wochen, Tagen oder gar Stunden.

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Solch ein Verhalten beschleunigt Korrekturen, wie sie sich in der vergangenen Woche und auch an diesem Montag ereignet haben. Denn wenn sich die Stimmung ändert, passen Spekulanten in Windeseile ihre Positionierung an: Long-Positionen werden verkauft, und sofort werden Spekulationen auf fallende Kurse eingegangen – oder umgekehrt.

Für eine richtige Trendwende werden aber nicht Spekulanten benötigt, sondern mittel- und langfristig handelnde Investoren. Diese schauen nicht auf die Tagesschwankungen, sondern bilden sich eine Meinung über ein vernünftiges Bewertungsniveau und greifen zu, wenn Aktien günstig bewertet sind.

Was zu der Frage führt: Sind die Unternehmen nun wieder günstig bewertet? Für den Börsenexperten Stephan Heibel ist bei vielen Unternehmen noch nicht absehbar, welche Schäden die Coronakrise hinterlassen wird. Für viele Firmen lässt sich gerade einmal absehen, dass die Coronakrise nicht die Pleite bedeutet.

Als Beispiele hat der Inhaber des Analysehauses AnimusX drei Aktien herausgesucht, die in der Spätphase der Rally am stärksten zugelegt haben:

  1. Der Kurs des Finanzdienstleisters Grenke Leasing beispielsweise hat sich seit dem Tief am 18. März fast verdoppelt und notiert nun auf einem exorbitant hohen Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für das kommende Jahr von 30 bei einem Wachstum von nur acht Prozent.

  2. Die Aktie des Maschinenbauers Jungheinrich mit einem Kursgewinn von 90 Prozent in diesem Zeitraum ist auf der anderen Seite extrem günstig mit einem KGV von nur 17. Allerdings hinterlässt die Krise bleibende Schäden, die das Umsatzniveau auf Jahre belasten dürften.

  3. Das Papier der Norma Group, Zulieferer für Maschinenbau und Industrie, konnte ebenfalls seit dem 18. März um 90 Prozent zulegen. Doch das Unternehmen dürfte ebenfalls das Umsatzniveau von vor der Krise in den kommenden Jahren nicht erreichen, notiert demzufolge ebenfalls auf einem KGV von 13.

„Schnäppchenpreise sind das in meinen Augen noch nicht“, meint Heibel. Dementsprechend dürften Investoren wohl kaum so schnell wieder in den Markt investieren. Dennoch sollten Anleger nicht nur auf die Kurse und die Unternehmenszahlen schauen.

„Notenbanken, Politik und Wissenschaft arbeiten daran, die Coronakrise zu überwinden und Schäden für Gesundheit und Wirtschaft zu minimieren“, meint der Sentimentexperte. „Erfolgsmeldungen können plötzlich wieder für eine Aktienrally sorgen.“

Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.

Bereits am vergangenen Montag prognostizierte Heibel nach Auswertung der Umfrage: „Die aktuelle Euphorie reicht aus, um vor weiteren Käufen auf dem aktuellen Niveau zu warnen.“ Die Chance für eine Fortsetzung der Rally in Deutschland sei deutlich geringer als das Risiko einer Korrektur.

Wie drastisch sich die Stimmung der Anleger verändert hat, zeigt sich an den aktuellen Umfragewerten: Vor einer Woche herrschte Euphorie mit einem Wert von 5,3, nun ist dieser Indikator auf minus 2,8 abgerutscht. Der Rutsch um 8,6 Punkte signalisiert zwar noch keine Panik, kann laut Sentimentanalyse aber als niedergeschlagene Stimmung bezeichnet werden.

Lediglich Ende Februar dieses Jahres brach die Stimmung mit minus 8,6 Punkte noch deutlicher ein, damals von einem neutralen Wert mit plus 0,4 auf minus 8,2. Das war der wohl heftigste Stimmungsumschwung seit Beginn der Dax-Sentiment-Umfrage im September 2014.

Das alles hatten die Anleger vor einer Woche wohl schon geahnt. Denn die Euphorie am vergangenen Montag wurde von einer großen Verunsicherung, von Selbstzweifeln unter den Anlegern begleitet. Und diese hohe Verunsicherung bleibt in dieser Woche unverändert.

Auf den ersten Blick ergibt das ein merkwürdiges Bild: Sowohl die Rally vor zwei Wochen als auch der heftige Ausverkauf der vergangenen Handelstage verunsichern die Anleger. Wissen sie nicht mehr, was sie wollen? Für den Sentiment-Experten gibt es dafür einen Grund: „Anleger hassen vor allem Unsicherheit.“ Und die aktuellen heftigen Kursschwankungen, egal ob nach oben oder nach unten, seien für die Anleger nicht mehr kalkulierbar und sorgten deswegen für die hohe Unsicherheit.

Doch wie sehen die Zukunftserwartungen der Umfrageteilnehmer aus? Werden die Kurse nun in drei Monaten steigen oder fallen? Noch vor einer Woche dominierten die Bären, die Übertreibung an den Aktienmärkten war für diese hohe Zahl an Pessimisten nicht zu übersehen.

Doch der heftige Ausverkauf der vergangenen Woche neutralisierte innerhalb von nur einer Woche die Erwartung der Anleger. Das Lager Bullen und Bären ist jetzt ungefähr gleich groß.

Ein genauer Blick auf das Abstimmungsverhalten zeigt: Im neutralen Lager, das eine Seitwärtsbewegung in drei Monaten erwartet, sitzen mehr Umfrageteilnehmer als im Bullen- und Bärenlager zusammen. „Auch in dieser überwiegend neutralen Erwartungshaltung zeigt sich die Verunsicherung der Anleger“, meint der AnimusX-Geschäftsführer.

Die Investitionsbereitschaft ist mit einem Wert von 0,6 leicht positiv. 19 Prozent der Umfrageteilnehmer wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, 16 Prozent denken eher an Verkäufe. Offenbar scheinen sich inzwischen einige Anleger zu denken: „Vielleicht gibt es am Markt wieder ein paar Schnäppchen.“

Doch bei diesem Punkt ist das Lager derer, die derzeit ihre nächsten Handlungen noch nicht absehen wollen, mit 65 Prozent extrem groß. Es ist ein weiteres Indiz dafür, dass viele Anleger wohl eher defensiv denken: „Lieber erst einmal abwarten.“

Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart, an der Privatanleger handeln, notiert bei minus zwölf Punkten und zeigt eine extrem große Absicherungsneigung gegen sowie Spekulationen auf fallende Kurse. Schon seit Anfang April liegt dieser Wert meist unter minus zehn Punkten, der Pessimismus unter Privatanlegern ist seitdem sehr groß.

Bei den Profis, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex absichern, zeigt sich ein anderes Bild: Das Put/Call-Verhältnis liegt mit 0,8 auf einem extrem niedrigen Niveau: Institutionelle Investoren sind zum größten Teil in Calls investiert, spekulieren also auf steigende Kurse.

Das Put/Call-Verhältnis der Chicagoer Terminbörse CBOE zeigt ein ähnliches Bild: Nach extrem starken Absicherungskäufen während der Coronakrise werden diese Positionen nun aufgelöst und von Call-Spekulationen auf steigende Kurse abgelöst.

In den vergangenen fünf Jahren war das Put/Call-Verhältnis niemals so bullisch wie heute. Im Sinne der Sentiment-Theorie ist das ein Warnzeichen: Wenn alle Anleger bereits auf steigende Kurse spekulieren, wer kann dann für noch höhere Kurse sorgen? „Ich werte die beiden Put/Call-Verhältnisse an der Eurex und der CBOE als Warnsignal für zu viel Optimismus unter Anlegern“, meint Heibel.

US-Fondsmanager haben ihre Investitionsquote in den vergangenen Tagen um 14 Prozentpunkte auf 77 Prozent zurückgefahren. US-Privatanleger hingegen zeigen ein Bulle/Bär-Verhältnis von minus vier Prozent. Genau wie in Deutschland haben bei den Privatanlegern offensichtlich auch in den USA die Bären leichte Oberhand.

Der anhand technischer Marktdaten berechnete „Angst-und-Gier-Indikator“ der US-Aktienmärkte zeigt mit einem Wert von 52 Prozent weiterhin eine neutrale Verfassung an.

In völlig anderer Verfassung sind kurzfristige technische Indikatoren wie der „S & P Short Range Oscillator“. Der wird anhand mehrerer Marktindikatoren berechnet, einschließlich Preisänderungen und Marktbreite. Dessen Prognose liegt auf einem Zeitraum von fünf bis zehn Tagen. Im Wochenverlauf stieg dieser Indikator auf einen neuen Höchstwert von 14 Prozent an. Nie zuvor in den 35 Jahren, in denen dieser Indikator ermittelt wird, gab es einen so hohen Wert: Der Markt ist extrem überkauft, eine Korrektur überfällig.