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Anlagenbauer in Deutschland drängen auf mehr Förderung für Wasserstoff

Aus seinem Büro blickt Uwe Lauber auf fünf Windräder. „Im Moment läuft gerade einmal eines davon, die anderen vier sind abgeregelt“, sagt der Chef der VW-Tochter MAN Energy Solutions im Gespräch mit dem Handelsblatt. Das Problem in Zeiten der Energiewende: Es fehlen ausreichend Möglichkeiten, Strom aus Erneuerbaren zu speichern, wenn zum Beispiel gerade viel Wind weht und die Sonne kräftig scheint.

Ein Ausweg könnte das Power-to-X-Verfahren sein. Dabei wird mithilfe von Elektrolyse mit Strom zum Beispiel Wasserstoff produziert. Dieser kann dann später in Kraftwerken verbrannt, mit einem Anteil von bis zu zehn Prozent in das Erdgasnetz eingespeist werden oder als Kraftstoff Autos antreiben.

Entscheidend ist: Nur wenn der eingesetzte Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, ist der so hergestellte Brennstoff auch klimaneutral. Der Vorteil bei dem Verfahren: Wasserstoff lässt sich gut und kostengünstig speichern und transportieren.

Ein Beispiel von vielen: Audi betreibt im niedersächsischen Werlte seit 2013 eine Anlage, in der aus Ökostrom per Elektrolyse zunächst Wasserstoff und in einem weiteren Schritt Methan gewonnen wird.

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Dieses Methan, das auch synthetisches Erdgas genannt wird, treibt den „Audi A3 g-tron“ an, zusätzlich wird Gas ins öffentliche Gasnetz eingespeist. Mit dem erzeugten Gas können rechnerisch 1500 Audi-Wagen jeweils 15.000 Kilometer pro Jahr kohlendioxidneutral fahren. Es ist aber eben „nur“ ein Pilotprojekt. Denn die Technologie ist aktuell noch sehr teuer und lange nicht massentauglich.

Hohe Steuern und Umlagen

Das Problem: Wer heute Strom in Power-to-X-Anlagen einsetzt, wird so behandelt wie jeder Letztverbraucher von Strom. Mit anderen Worten: Er zahlt alle Steuern, Umlagen und Abgaben auf den Strompreis – obwohl der Strom mittels Power to X nur in einen anderen Energieträger umgewandelt und erst später verbraucht wird.

Das sorgt für Kritik. Laube und andere Manager machen die Politik dafür verantwortlich, dass die aussichtsreiche Technologie nicht vom Fleck kommt. An diesem Dienstag wollen sie daher im Maschinenbauverband VDMA eine Arbeitsgruppe gründen, um Druck auf die Bundesregierung zu machen. „Die Rahmenbedingungen schreien geradezu nach Veränderung“, sagt Lauber.

Nach Einschätzung der VW-Tochter ist es nicht fair, dass die Anlagen anders als zum Beispiel bei der LNG-Gasverflüssigung mit Abgaben, Umlagen und Steuern belastet werden, obwohl es ja nur darum gehe, die Energie zu speichern, und nicht neue zu produzieren. Zudem plädiert Lauber für eine Bepreisung von Kohlendioxid. Auch dann könnten sich die Anlagen eher rechnen.

Zwar kündigte das Bundeswirtschaftsministerium im November Förderungen für Power-to-X-Anlagen an. Das gilt aber nur für Regionen mit starkem Ausbaubedarf des Stromnetzes. Von einer großflächigen Förderung der Technologie ist Deutschland noch weit entfernt.

Genau die hält Lauber aber für dringend geboten. Der Manager hat freilich auch ein Eigeninteresse daran, dass die Technologie gefördert wird. MAN Energy Solutions bietet fertige Power-to-X-Kraftwerke an. Vor fünf Jahren schon ging eine Prototyp-Anlage in Kooperation mit Audi in Betrieb. Inzwischen habe sich die Technik weiterentwickelt, sagt der Vorstandschef. So verbessere sich der Wirkungsgrad mit jeder Anlagengeneration.

Die Methanisierungsreaktoren, in denen der Wasserstoff in Erdgas umgewandelt wird, seien zum Beispiel mit der neuen Generation 30 Prozent kleiner und 40 Prozent effizienter. Dennoch stecke die Elektrolyse noch in den Kinderschuhen, betont Lauber. Eine neue Anlage kostet derzeit 50 bis 80 Millionen Euro. Erst wenn der Einsatz regulatorisch attraktiver werde, würden dank Skaleneffekten die Preise drastisch sinken.

Lauber ist auch überzeugt, dass Power to X ein wichtiges Element im Kampf gegen den Klimawandel sein kann. „Wir dürfen als Menschheit die Augen nicht verschließen, derzeit geht es in die komplett falsche Richtung.“

Die Technologie sei ein Schlüsselelement zum Gelingen der Energiewende. „Das wird ein Riesenmarkt werden“, sagt Lauber. Deutsche Firmen seien dabei technologisch führend. Doch damit das so bleibe, brauche es aber einen starken Heimatmarkt.

BP für Ökowasserstoff

Auch Ölunternehmen wie BP forderten jüngst, die „richtigen politischen Rahmenbedingungen“ für Öko-Wasserstoffanlagen, sagt Marc Schulte, BP-Sprecher für Deutschland. Raffinerien sind einer der größten industriellen Wasserstoffnutzer. Sie nutzen ihn zur Entschwefelung von Benzin und Diesel, allein bei BP werden mehrere Tonnen pro Stunde verbraucht.

Die Ölverarbeitungsstätte des britischen Ölmultis in Lingen hatte kürzlich ein 30-tägiges Pilotprojekt mit grünem Wasserstoff von Audi eingesetzt und sieht Potenzial nach oben. Ausgebaut wird der Einsatz für Öko-Wasserstoff allerdings im Moment nicht, da das Verfahren noch nicht wirtschaftlich sei.

„Heute sind bundesweit erst 20 Megawatt Elektrolyseleistung installiert“, erklärt Vigen Nikogosian von der Beratungsgesellschaft E-Bridge. Um zusätzliche Ökostrommengen transportieren zu können, würden innerhalb der nächsten 15 Jahre mehr als 2000 Megawatt (MW) benötigt.

MAN-Manager Lauber wertet es als Fortschritt, dass die Bundesregierung der Entwicklung von sogenannten Reallaboren zugestimmt hat. Dabei geht es um die ersten 50-Megawatt-Anlagen im industriellen Maßstab. MAN Energy Solutions könne diese schlüsselfertig liefern.

Das Unternehmen hieß bis vor Kurzem MAN Diesel & Turbo. Die Umbenennung soll die eigene Energiewende manifestieren. Mit einer neuen Strategie will der Konzern bis zum Jahr 2030 das Geschäft mit nachhaltigen Technologien zur zentralen Umsatzsäule mit mehr als 50 Prozent Anteil am Gesamtgeschäft ausbauen. Heute sind es fünf bis zehn Prozent.

So liefert MAN Diesel & Turbo Turbinen für Biomassekraftwerke und Schiffsmotoren, die mit dem schadstoffärmeren LNG-Flüssiggas betrieben werden können.