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Wie ein Amerikaner das Deggendorfer Familienunternehmen Congatec umkrempelt

Der Silicon-Valley-Veteran soll das Familienunternehmen Congatec an die Börse bringen. Wegen der Turbulenzen an Kapitalmärkten ist das schwieriger als gedacht.

Für Jason Carlson entsprach der Standort Niederbayern genau dem Abenteuer, das er nach einem Vierteljahrhundert als Manager in Amerika noch einmal gesucht hatte. „Zuerst hab ich gedacht: Die wollen, dass ich umziehe“, erinnert sich der in Minnesota geborene IT-Experte an seine anfänglichen Gespräche mit Congatec aus Deggendorf. Er hätte es womöglich sogar getan.

Letztlich bestanden die Eigentümer des Technologieunternehmers aber gar nicht darauf. Sie heuerten den 57-Jährigen im Wissen an, dass er einen Großteil seiner Zeit ohnehin unterwegs sein würde. So blieb Carlsons Familie daheim an der amerikanischen Ostküste.

Seit vier Jahren steht Carlson nun an der Spitze von Congatec. Sein Auftrag war von Anfang an, den Mittelständler an die Börse zu bringen. Denn nur mit den Millionen vom Kapitalmarkt, so das Kalkül der Besitzer, könne der Hersteller von Industriecomputern richtig groß werden.

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Ursprünglich hatten die Eigentümerfamilien die Technologiebörse Nasdaq in New York im Visier. Nun steht die Emission kurz bevor, allerdings in Frankfurt. Mitte September kündigte Congatec den Gang aufs Parkett bis zum Jahresende an. 100 Millionen Euro soll Carlson bei Investoren einsammeln. 80 Millionen werden dem Unternehmen zufließen – wenn der Plan aufgeht. Der Rest geht an die Gesellschafter.

Die drei Familien Neiser, Mühlbauer und Iglhaut halten rund 70 Prozent der Anteile, einem Partner aus Taiwan gehören knapp zwölf Prozent. Zudem sind die Mitarbeiter, das Management und der Aufsichtsrat beteiligt.

Seit zehn Jahren profitabel

Seit Wochen schon tourt Vorstandschef Carlson durch die Welt, um den Anlegern sein Geschäftsmodell zu erklären. London, Frankfurt, Paris und New York. Der Amerikaner mit den schwedisch-deutschen Wurzeln weiß, wie das geht. Gleich nach dem Studium baute er ein Start-up im Silicon Valley auf und stieß es gewinnbringend ab. Hinterher führte er eine ganze Reihe börsennotierter amerikanischer Unternehmen, vor allem in der Chipindustrie.

Congatec liefert Computer für die Industrie. Carlson zählt dabei viele namhafte Kunden auf: Google und Amazon bauen die Rechner in ihre Drohnen ein, Siemens und General Electric in ihre Industrieanlagen und die Medizintechnik, bei Tomra stecken sie in Pfandautomaten, wie sie allenthalben in den Supermärkten zu finden sind; Mittelständler wie der Spielautomatenhersteller Gauselmann gehören ebenso zu den Abnehmern wie riesige Konzerne, zum Beispiel der koreanische Elektronikhersteller Samsung.

Carlson sieht gute Chancen für die Emission. „Die Firma hat keinerlei Schulden und ist seit zehn Jahren profitabel“, betont der Manager. Seit seinem Amtsantritt sei der Umsatz im Schnitt jedes Jahr um ein Fünftel gestiegen. Vergangenes Jahr verbuchte der Mann mit dem auffälligen Schnauzbart Erlöse von 133 Millionen Euro und einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 9,2 Millionen Euro.

Ob es mit dem Börsengang klappt, bleibt trotzdem offen. Der amerikanische Büroflächenvermieter Wework hat den Sprung an den Kapitalmarkt zuletzt erst einmal verschoben. Das schwäbische Softwarehaus Teamviewer hat es zwar vergangene Woche an die Börse geschafft. Allerdings fiel der Kurs anschließend unter den Ausgabepreis. Das dürfte die Investoren nicht gerade ermutigen, bei Congatec einzusteigen. „Natürlich beobachten wir die Turbulenzen am Kapitalmarkt genau“, meint Carlson. „Trotzdem sind wir überzeugt, dass für uns jetzt die richtige Zeit ist, an die Börse zu gehen.“


Frisches Kapital für Übernahmen

Bislang habe Carlson ihre Erwartungen voll erfüllt, heißt es aus dem Kreis der Besitzerfamilien. Als er anfing, habe Congatec den weitaus größten Teil vom Umsatz in Deutschland erzielt. Seither seien die internationalen Umsätze kräftig gewachsen. Aus den USA stammen inzwischen 16 Prozent der Erlöse, aus Asien 14 Prozent, auch im europäischen Ausland ging es aufwärts. Carlson sei daher „die ideale Besetzung, um international stärkeres Wachstum für Congatec zu generieren“, findet Jens Neiser, dessen Familie momentan gut 24 Prozent der Anteile hält.

Ähnlich positiv beurteilt Hans Mühlbauer den Unternehmensführer. Familie Mühlbauer gehören rund 23 Prozent der Aktien: „Jason Carlson besitzt langjährige Führungserfahrung in der Halbleiterindustrie und hat damit perfekt das Know-how des bestehenden Managementteams von Congatec ergänzt.“

Mit den Erlösen aus der Emission will Carlson neues Personal einstellen. Auch Akquisitionen stehen auf der Agenda. Denn bislang ist die Firma nahezu ausschließlich aus eigener Kraft gewachsen. Das allerdings wird nicht reichen, um einmal auf die halbe Milliarde Umsatz zu kommen, die sich die Gründerfamilien vorgenommen haben. Die Konkurrenten sind zum Teil deutlich größer. Advantech aus Taiwan etwa erzielt gut anderthalb Milliarden Dollar Umsatz, die Linzer S & T verbucht rund 1,1 Milliarden Dollar und die taiwanesische Adlink mehr als 300 Millionen Dollar. Nur Eurotech aus Italien ist mit nicht einmal 100 Millionen Dollar Umsatz kleiner.

Die Hälfte seiner Arbeitszeit hat der Transatlantik-Pendler Carlson bislang in Deggendorf verbracht. So richtig abenteuerlich war das dann doch nicht Im Gegenteil: Es gebe viele Parallelen zu seiner früheren Station in Austin. „Die Bayern sind sehr stolz auf ihr Land. Das erinnert mich an meine Zeit in Texas“, erzählt er. Auch sei seine 250 Mitarbeiter umfassende Mannschaft sehr loyal und engagiert.

So gut sei die Zusammenarbeit inzwischen, dass er künftig wohl etwas seltener nach Niederbayern reisen werde – und häufiger vom heimischen Boston aus arbeiten könne. Gerade hat er einen neuen Vorstand für das Tagesgeschäft angeheuert. In jedem Fall wolle er auch nach dem Börsengang dabei bleiben. Denn der IPO, wie die Amerikaner eine Neuemission nennen, sei wie eine Hochzeit: Er sei der Anfang einer langen Beziehung.

Nur eins sei ihm in all den Jahren im Freistaat bislang nicht gelungen: „Ich habe versprochen, Bayerisch zu lernen. Das hätte ich nicht tun sollen, denn bis jetzt habe ich es nicht geschafft.“ Zum Glück ist das für den Börsengang nicht entscheidend.