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Was Amazons Erzrivale in Deutschland vorhat

Der Techgigant Alibaba ist zum weltweit härtesten Gegner von Amazon avanciert und dominiert den Onlinehandel in seiner chinesischen Heimat. Greift Alibaba jetzt in Deutschland an?

Im Aldi-Shop sind gerade Knoppers-Riegel im Angebot. Der Müsli-Veteran Seitenbacher verkauft einen Klick weiter seine Dinkel-und Hafer-Flocken, daneben prangt der Hinweis: „German Imports“. Und nebenan, auf der Seite von Haribo, gibt’s die klassischen „Goldbears“ – garniert mit bunten Gummibärenbildern, chinesischen Schriftzeichen und Preisen in Yuan.

Wer auf dem chinesischen Online-Shoppingportal Tmall nach Anbietern aus Deutschland fahndet, wird schnell fündig. Egal ob Aldi, Lidl, Bosch oder Birkenstock – auf der Suche nach Wachstum haben in den vergangenen Jahren gleich reihenweise prominente Marken „made in Germany“ den Sprung nach China gewagt, meist über die Plattform Tmall.

Der Nebeneffekt: Sie unterstützen damit den wohl gefährlichsten Wettbewerber von Amazon.

Tmall gehört zum Reich von Jack Ma, der mit seinem Online-Konglomerat Alibaba einen Techgiganten der Superlative geschaffen hat. Eine Firma, deren Schlagkraft mittlerweile selbst für Amazon eine Herausforderung geworden ist und für die der deutsche Markt „eine wichtige Rolle“ spielt, wie es Alibaba-Manager Karl Wehner formuliert.

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Wehner ist so etwas wie die Allzweckwaffe der Chinesen in Europa. Er dirigiert Alibabas Aktivitäten in Österreich, der Schweiz, der Türkei und Osteuropa - und in Deutschland. Was hat er vor?

Klar ist, Alibaba ist in China ähnlich dominant wie Amazon in den USA. Mehr als eine halbe Milliarde Konsumenten nutzen mittlerweile die Dienste und Marktplätze des Konzerns – und ihre Zahl dürfte weiter kräftig steigen. Mit den beiden wichtigsten Plattformen Taobao und Tmall hält Alibaba je nach Schätzung bereits 60 bis 70 Prozent am gesamten Onlinehandel in China.

„Tmall ist ein Shoppingcenter“

Das Bestellen über die Alibaba-Ableger gilt denn auch als ein Art Volkssport in der Volksrepublik. Im Schnitt acht Mal am Tag öffnen chinesische Kunden die Taobao-App und nutzen sie täglich rund 28 Minuten lang. Kennzahlen, wie sie sonst eher bei Streaming-Diensten oder sozialen Netzwerken zu besichtigen sind.

Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Von den 1,4 Milliarden Menschen, die in China leben, haben bislang kaum mehr als die Hälfte Zugang zum Internet. „Das ist ein gigantischer Markt, auf dem auch immer mehr deutsche Firmen mitspielen wollen“, sagt Wehner. Die Nachfrage nach ausländischen Produkten sei in China immens. „Das gilt sowohl für Luxusmarken als auch für viele klassische Traditionshersteller und Händler, deren Brands für Qualität stehen.“

Und damit Unternehmen wie dm. Deutschlands größte Drogeriekette wagte im März 2017 via Tmall den Sprung nach China. Dort war die Marke bereits bestens bekannt. Chinesische Touristen und Zwischenhändler hatten bei dm wie beim Wettbewerber Rossmann eine Zeit lang in großem Stil Milchpulver aufgekauft, nach China transportiert und dort oft weiterverkauft. Per Online-Shop wollte das Unternehmen gegensteuern und die Milchpulver-Nachfrage in China abdecken. Neben Aptamil- und Beba-Milchpackungen verkauft dm dort inzwischen auch allerlei Feuchtigkeits- und Pflegeprodukte von Weleda bis zur Eigenmarke Balea.

„Das Angebot wird sehr gut angenommen“, sagt dm-Marketinggeschäftsführer Christoph Werner, „wir sind zufrieden.“ Der Unterschied zu Amazon? „Mich erinnert Amazon an ein gigantisches Onlinekaufhaus, in dem viele Marken unter einem Dach agieren und letztlich alles ähnlich aussieht“, so Werner. „Tmall ist eher ein Shoppingcenter mit verschiedenen, sehr individuellen Läden.“

Tatsächlich unterscheiden sich die Shops der deutschen Anbieter oft deutlich voneinander. „Jede Marke muss strahlen können“, beschreibt Alibaba-Manager Wehner den Ansatz. „Das funktioniert nicht mit Einheitsdesigns und zu strikten Vorgaben“. Klingt wie Seitenhieb auf Amazon. In jedem Fall weiß Wehner, wovon er spricht. Fast zehn Jahre arbeitete er für Amazon und baute für die Amerikaner einst den deutschen Marketplace auf, bevor er nach Südafrika übersiedelte und später zu Alibaba wechselte. Soll er nun für die Chinesen den hiesigen Markt aufrollen, gar eine deutsche Version von Tmall starten?

Wehner gibt sich zurückhaltend: „Was Absatzmärkte betrifft, schauen wir momentan eher auf Wachstumsmärkte wie Südostasien und Indien.“ In Deutschland will er mit seinem 20-Mann-Team vor allem dafür sorgen, jene Marken von einer Online-Expansion zu überzeugen, die „die chinesischen Konsumenten stark nachfragen“, sagt er.

Doch seine Mission kann sich schnell ändern. Alibaba-Wettbewerber JD.com, der zweite große chinesische Onlineplayer, macht es bereits vor.

Richard Liu, Gründer und Vorstandschef von JD.com, hat gerade eine Deutschlandoffensive ausgerufen. „Mir geht es nicht mehr nur darum, Produkte von Deutschland nach China zu verkaufen. Ich möchte auch Produkte in Europa verkaufen“, sagte Liu im Interview mit dem „Handelsblatt“. „Es geht nur noch darum, Details zu klären.“ Bis Ende des Jahres soll die ausgearbeitete Strategie zur Erschließung des Marktes stehen, kündigte Liu an.

Mehr über die Giganten des Onlinehandels - und wie sie Jeff Bezos und Amazon trotzen wollen, lesen Sie in der großen Analyse der WirtschaftsWoche: Das sind die Schwachstellen von Amazon.