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Altmaier will Investitionskontrolle verschärfen – und erntet viel Kritik

Der Wirtschaftsminister will die Sicherheitsprüfung auf etliche Hightech-Sektoren ausweiten. Das könnte den Zugang zu Kapital erschweren, warnen Kritiker.

Für Investoren ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. In den vergangenen Monaten hat die Bundesregierung nicht nur das Außenwirtschaftsgesetz geändert, das eine Sicherheitsprüfung für ausländische Firmenkäufer vorsieht. Die dazugehörige Verordnung, die wichtige Einzelheiten regelt, wird derzeit bereits zum dritten Mal in diesem Jahr überarbeitet.

Die Stoßrichtung all der Aktivitäten aber ist klar: Die Investitionskontrolle fällt immer schärfer aus, und sie dürfte mit der neuesten Novelle auch viel mehr Unternehmen betreffen als zuvor. Industrie, Fondsgesellschaften und Start-ups warnen bereits vor den Folgen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier aber ist überzeugt, dass die strikteren Vorgaben unabdingbar sind: Ansonsten, warnt er, könnten sich Investoren aus außereuropäischen Ländern nicht nur in sicherheitsrelevante Unternehmen einkaufen, sondern auch wichtiges Technologie-Wissen absaugen. „Nicht alle diejenigen, die investieren wollen, haben gleichermaßen lautere Absichten“, sagte er. Der Minister hat dabei besonders staatlich unterstützte Firmen aus China im Sinne.

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Der CDU-Politiker hat die Regeln Schritt für Schritt verschärft. Als Reaktion auf den versuchten Einstieg eines chinesischen Konzerns beim Stromnetzbetreiber 50Hertz senkte er die Schwelle für die Prüfung in besonders sicherheitsrelevanten Sektoren von 25 auf zehn Prozent.

Seit der Gesetzesänderung im Sommer reicht überdies bereits eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, damit die Bundesregierung eine Firmenbeteiligung untersagen darf. Zuvor hatte sie eine „tatsächliche Gefährdung“ feststellen müssen.

Mit der erneuten Novelle der Außenwirtschaftsverordnung soll nun der Kreis der Betroffenen erheblich erweitert werden. Unternehmen, die über kritische Technologien etwa der Künstlichen Intelligenz, der Robotik oder der Halbleiterherstellung verfügen, müssten geplante Beteiligungen dann bereits ab der Schwelle von zehn Prozent überprüfen lassen. Grundlage dafür ist eine EU-Verordnung, die noch weitere mögliche Technologiefelder auflistet, etwa Cybersicherheit, Energiespeicher oder Biotechnologien.

Die Bundesregierung hatte die Verordnung in Brüssel gemeinsam mit Frankreich energisch vorangetrieben – und beruft sich jetzt darauf, die EU-Vorgaben umsetzen zu müssen. Die beteiligten Ministerien stimmen sich derzeit über die Novelle der Außenwirtschaftsverordnung ab, voraussichtlich ab Dezember werden die Wirtschaftsverbände zum Entwurf Stellung beziehen dürfen.

Widerstand aus der Industrie

Dort formiert sich bereits Widerstand. Christoph Sprich, Experte beim Industrieverband BDI, befürchtet, dass der Kapitalzugang für die bereits unter der Corona-Pandemie leidenden Unternehmen weiter erschwert wird. „Die deutsche Industrie braucht mehr, nicht weniger Offenheit für ausländische Investitionen“, fordert er.

Auch der Bundesverband Deutsche Startups fürchtet, dass die eigenen Mitglieder zum Kollateralschaden der Verschärfungen werden könnten. Die Genehmigungspflicht erschwere „Investitionen und damit die Skalierung deutscher Start-ups“, sagt Geschäftsführer Christoph Stresing. Gerade in der kapitalintensiven Wachstumsphase leisteten Geldgeber aus Drittstaaten einen wesentlichen Beitrag.

Besonders junge, hochinnovative Unternehmen tun sich ohnehin schwer, in Deutschland Geldgeber zu finden. Thomas Strüngmann, einer der Finanziers des Corona-Impfstoff-Hoffnungsträgers Biontech, warnte gerade im Handelsblatt-Interview, die Abhängigkeit von ausländischen, insbesondere amerikanischen Geldgebern im Biotech-Sektor wachse.

Experten befürchten, dass die Verschärfungen auch reine Portfolio-Investoren treffen könnten, die der Gesetzgeber eigentlich gar nicht im Sinn habe. Wenn die Fonds einer Fondsgesellschaft aus einem Nicht-EU-Staat ihre Anteile an einem deutschen Unternehmen in Summe auf mehr als zehn Prozent erhöhten, falle diese unter die Meldepflicht, sagt Roland Stein, Partner bei der Kanzlei Blomstein Stein. „Solche Investoren wollen aber in der Regel gar keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen oder Zugriff auf das Know-how erlangen.“

Der deutsche Fondsverband BVI fordert daher, „die Meldepflichten auf strategische Investments aus Drittstaaten zu begrenzen und reine Kapitalanlagen auszunehmen“. Die Fondsgesellschaften verfolgen außerhalb des Private-Equity-Sektors generell keine strategischen Ziele bei den Unternehmen, in die sie investierten, betonte ein BVI-Sprecher.

„Immer mehr Einfluss darauf, mit wem private Unternehmen kooperieren dürften“

Aus Industrie und Opposition gibt es überdies grundsätzliche Einwände. Der Staat bekomme durch die Gesetzesänderungen „immer mehr Einfluss darauf, mit wem private Unternehmen kooperieren dürften“, kritisiert BDI-Vertreter Sprich.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Reinhard Houben, hält die Begründung Altmaiers für vorgeschoben. So seien die von der Bundesregierung befürchteten Firmenkäufe in der Pandemie bislang ausgeblieben.

In seiner Antwort auf eine Frage Houbens erklärt das Wirtschaftsministerium tatsächlich, es könne „bisher kein erhöhtes Interesse an der Übernahme deutscher Unternehmen seit Beginn der Corona-Krise festgestellt werden“.

Der Bundesregierung gehe es längst nicht mehr um die Gefahrenabwehr, folgert Houben. „Es geht ihr vielmehr darum, wirtschaftliche Entscheidungen besser von oben steuern zu können.“ Die Große Koalition strebe eine „gelenkte Industriepolitik nach französischem Muster an“.