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Altkanzler als Lobbyist: Was kassiert Gerhard Schröder von Wladimir Putin?

Wladimir Putin mit Gerhard Schröder vor einer Pressekonferenz 2005.
Wladimir Putin mit Gerhard Schröder vor einer Pressekonferenz 2005.

Sean Gallup/Getty Images

Gerhard Schröder war von 1998 bis 2005 der siebte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Heute ist der Sozialdemokrat eher als Wirtschaftslobbyist bekannt. Im Ukraine-Krieg wird seine Rolle im Aufsichtsrat beim russischen Energiekonzern Rosneft sowie seine Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin kritisiert, dessen Interessen er in der Vergangenheit immer wieder hierzulande vertrat. Schröder distanzierte sich bisher nicht eindeutig vom Einschreiten Russlands. Er verdient an den Geschäften der russischen Regierung und ihrer Gas-Konzerne mit.

Schröders Vermögen wird vom "Vermögen-Magazin" auf 20 Millionen Euro geschätzt. Das Ruhegehalt des Kanzlers soll demnach über 8000 Euro monatlich betragen und setzt sich aus dem Gehalt des aktuellen Kanzlers sowie Bezügen aus Schröders Zeit im niedersächsischen Parlament und im Bundestag zusammen. Viel mehr soll Schröder jedoch durch seine wirtschaftlichen Aktivitäten verdienen.

Schröder als "Autokanzler" und seine Nähe zu Putin

Schröders Karriere als Wirtschaftslobbyist zeichnete sich vor allem zu Beginn seiner politischen Laufbahn nicht unbedingt ab. Vor seiner Wahl zum niedersächsischen Ministerpräsidenten 1990 arbeitete er als Rechtsanwalt und vertrat dabei unter anderem auch den RAF-Terroristen Horst Mahler. In seiner Zeit bei den Jusos bezeichnete sich Schröder als "konsequenten Marxisten", wie der "Spiegel" 1978 berichtete.

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Später wurde er wirtschaftspolitischer Sprecher seiner Partei. Während Schröders Zeit als Ministerpräsident in Niedersachsen war er auch Teil des Aufsichtsrats der Volkswagen AG. Das Land besaß damals noch 20 Prozent der Anteile am deutschen Autobauer. Während seiner Zeit als Kanzler wurde ihm seine Nähe zu den Wirtschaftsunternehmen immer wieder vorgeworfen. Der Sozialdemokrat pflegte Kontakte zum ehemaligen VW-Chef Ferdinand Piëch und dem ehemaligen Daimler-Benz-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp. Einer der Gründe, weshalb Schröder auch gerne als "Autokanzler" bezeichnet wurde.

Schröder subventionierte als Kanzler den Steinkohle-Bergbau und winkte eine Fusion des Stromversorgers Eon mit dem ehemals größten deutschen Erdgasunternehmen Ruhrgas durch - trotz Warnung vom Kartellamt. In seiner Außenpolitik rückten auch Menschenrechtsfragen in den Hintergrund, wenn es um Geschäfte mit China oder den Golfstaaten ging.

Kritisch beäugt wurde auch immer wieder seine Nähe zu Wladimir Putin. Zusammen mit dem russischen Präsidenten rief er 2001 den Petersburger Dialog ins Leben - ein Treffen zwischen russischen und deutschen Vertretern aus Politik und Wirtschaft.

Nord Stream und Beziehung zu Gazprom

So richtig los legte Schröder jedoch erst nach seiner Zeit als Bundeskanzler und seinem Rückzug aus der Politik. Noch 2005 übernahm er einen Posten im Aufsichtsrat der Nord Stream AG - dem Betreiber der Pipeline Nord Steam 1, die Erdgas von Russland nach Deutschland transportiert.

Für dieses Engagement hagelte es in den folgenden Jahren immer wieder Kritik für Schröder. "Meine Unterstützung der Ostsee-Pipeline hatte ausschließlich mit Interessen unseres Landes und Europas zu tun. Deshalb hatte ich dieses Projekt schon unterstützt, als ich noch Kanzler war", verteidigte sich Schröder in seiner Biografie von 2006. Heute ist Schröder Vorsitzender des Gesellschaftsausschusses der Nord Stream AG. Sein Gehalt soll sich dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" zufolge auf 250.000 Euro im Jahr belaufen. Offizielle Angaben zu Schröders Entlohnung gibt es jedoch keine.

Gerhard Schröder bei einer Pressekonferenz von Gazprom.
Gerhard Schröder bei einer Pressekonferenz von Gazprom.

Evgeny Malyshev/Pressphotos/Getty Images

Im Mittelpunkt der Kritik stand bei ihm auch immer seine Tätigkeit bei Gazprom. Nach Schröders Wahlniederlage wurde bekannt, dass die Regierung unter ihm mit der deutschen Förderbank KfW und der Deutschen Bank einen Kredit von einer Milliarde Euro bei Gazprom übernehmen wollte. Schröder dementierte später, davon gewusst zu haben. Der russische Konzern entschied sich dazu, das Kredit-Angebot abzulehnen.

Schröder organisierte immer wieder Treffen zwischen russischen Interessensvertretern und deutschen Politikern. So auch 2017 zwischen dem Gazprom-Chef Alexei Miller und der deutschen Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). Bei dem Treffen ging es demnach um die geplante Pipeline Nord Stream 2. Schröder ist auch hier Vorsitzender des Verwaltungsrats. Das Projekt wurde durch die Sanktionen im Ukraine-Krieg vorerst auf Eis gelegt.

Aufsichtsrat bei Rosneft

Seit 2017 ist Schröder auch Chef im Aufsichtsrat des russischen Energiekonzerns Rosneft. Der Vorschlag für diesen Posten kam von der russischen Regierung. Konzernchef Igor Setschin gehört zu den mächtigsten Männern in Russland. Schröder soll in seiner Position rund 600.000 Euro im Jahr verdienen, wie der "Spiegel" berichtet. Um offizielle Angaben handelt es sich hier ebenfalls nicht. Anteile an Rosneft besitzt er dem Geschäftsreport von 2020 zufolge nicht.

Anfang Februar wurde bekannt, dass Schröder als Kandidat für den Aufsichtsrat bei Gazprom nominiert wurde. Über die Personalie soll am 30. Juni bei der Aktionärsversammlung in Sankt Petersburg entschieden werden.

Schröder im Abseits

Durch seine Beziehungen zu Russland gerät der Altkanzler nun immer mehr ins Abseits. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat Schröder bereits dazu aufgefordert, seinen Sitz bei den russischen Unternehmen aufzugeben. Die SPD Heidelberg beantragte sogar einen Parteiausschluss Schröders. Der Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund hat dem 77-Jährigen die Ehrenmitgliedschaft entzogen und auch die Stadt Hannover hält es für möglich, dem ehemaligen Ministerpräsidenten die Ehrenbürgerwürde abzuerkennen.

Bei all den Kontroversen stellt sich auch die Frage um die Finanzierung des Büros vom Ex-Kanzler. Der Deutsche Bundestag werde sich Scholz zufolge auch damit auseinandersetzen. Einem ehemaligen Bundeskanzler steht ein Büro mit mehreren Mitarbeitern zu. Im vergangenen Jahr sind für Personalausgaben in Schröders Büro 407.000 Euro aus der Staatskasse geflossen, wie aus einer Antwort des Kanzleramts auf eine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. 2017 wurden sogar 561.000 Euro für das Büro des Ex-Kanzlers ausgegeben. Vier Mitarbeiter Schröders - darunter sein langjähriger Büroleiter und Redenschreiber - haben dem "Spiegel" zufolge im Zuge der Diskussion über seine Verbindungen zu Russland gekündigt.