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Allianzen unter Unternehmen haben Vorrang in der Krise

Mega-Deals mit einem zweistelligen Milliardenwert werden selten. In Coronazeiten sind Deals gefragt, mit denen die Liquidität geschont wird.

Im Februar dieses Jahres war ein weiterer Höhepunkt im mehrjährigen Boom bei Fusionen und Übernahmen (M & A) erreicht. Ein Konsortium aus den Finanzinvestoren Cinven und Advent sowie der RAG-Stiftung boten rund 19 Milliarden Dollar für das Aufzugsgeschäft von Thyssen-Krupp. Es war das „letzte Hurra“, bevor der Markt wegen der Coronakrise einfror, heißt es im „Global M & A Report 2020“ der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG).

Jetzt stehen nicht mehr die Mega-Fusionen im Vordergrund, vielmehr müssen die Investmentbanker, Konzernlenker und Dealmaker neue Wege beschreiten. „Alternative Deals gewinnen gerade in Krisenzeiten an Bedeutung. Joint Ventures und Allianzen schonen im Gegensatz zu Fusionen und Übernahmen die Liquidität der Unternehmen.

Außerdem zeigen Beispiele wie die E-Mobilität, dass komplexe Innovationen heute kaum noch im Alleingang zu stemmen sind“, sagt Jens Kengelbach, Senior Partner und Global Head of M & A bei BCG. Branchenbeobachter verweisen beispielsweise auf BMW und VW, die in den vergangenen Jahren zahlreiche Themen wie Parkplatzmanagement, Car-Sharing und Softwarelösungen über „alternatives M & A“ gelöst hätten.

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Rund 60 Prozent der „Dealmaker" sehen alternative Transaktionen als ein Mittel an, um zusätzliches Wachstum zu erreichen. Fast ebenso viele Manager suchen so einen Zugang zu den Fähigkeiten bestimmter Experten, etwa in der Digitalisierung.

Die deutschen Autohersteller, aber auch Alphabet mit Google haben laut BCG sehr erfolgreich solche Ökosysteme aufgebaut. Es finde ein „Mindset-Shift“ statt, beobachtet Kengelbach, das heißt, nicht mehr die Kontrolle über ein Unternehmen stehe im Fokus, sondern der Beitrag zur gemeinsamen Wertschöpfung.

Mehr Minderheitsbeteiligungen in Sicht

Schon vor der Coronakrise war der Trend erkennbar, der durch die Auswirkungen des Covid-19-Virus noch verstärkt wird. 2019 gab es mit weltweit 11.000 Deals im Bereich Joint Venture und Allianzen bereits einen Rekord.

Auch die Zahl der Minderheitsbeteiligungen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Während es im Jahr 2000 rund 22 Prozent an allen Deals waren, stieg diese Zahl kontinuierlich auf zuletzt 35 Prozent im ersten Halbjahr 2020. Parallel dazu lässt offenbar auch der Appetit der europäischen Führungskräfte auf Vollfusionen nach. Es ist damit zu rechnen, dass diese Phase der Volatilität vorerst anhält.

74 Prozent der Teilnehmer an einer Untersuchung der Kanzlei CMS Hasche Sigle gaben an, dass sie aufgrund der Pandemie weniger Interesse an M & A-Aktivitäten haben. Lediglich zwei Prozent der Befragten gingen davon aus, dass ihre Transaktionen in diesem Jahr zunehmen werden, 2019 waren es noch 27 Prozent gewesen. Mehr als die Hälfte der Befragten erwarten sogar einen deutlichen Rückgang der Aktivitäten in den nächsten zwölf Monaten.

Stefan Brunnschweiler, Leiter der CMS Corporate/M & A Group, meint, dass sich die Lage für M & A-Investoren nicht nur wegen der Corona-bedingten Marktstörung verschärfen werde. Auch die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA im November, das Ende der Brexit-Übergangsphase sowie die sich verschlechternden Beziehungen zwischen China und dem Westen werden ihnen zu schaffen machen.

Alternative Deals sind kein Selbstläufer

Die Bewertungen bei den Übernahmen sind im bisherigen Jahresverlauf temporär stark gesunken und lagen zwischenzeitlich beim 9,3-Fachen des operativen Gewinns (Ebitda), im vergangenen Jahr lag der Wert noch beim 13,9-Fachen. Die Übernahmeprämien sind im Gegenzug stark gestiegen und liegen mit fast 34 Prozent Aufgeld über dem langjährigen Durchschnitt.

Diese Zahlen sprechen nicht für eine baldige Rückkehr des M & A-Marktes zu früheren Zeiten – ein neues Denken ist gefragt. „Mega-Transaktionen wird es zunächst viel weniger geben. Solche Deals sieht man eher im Höhepunkt eines M & A-Zyklus“, sagt Kengelbach. Allerdings würden viele Konzerne solche Töchter und Bereiche zum Verkauf stellen, die nicht zum Kerngeschäft zählen, oder sogar über Teil-IPOs von Kerngeschäftsfeldern nachdenken. So würden Erlöse generiert, die man zum Abbau der Verschuldung braucht, die in der Coronakrise zugenommen hat.

In den ersten neun Monaten lag das M & A-Volumen mit deutscher Beteiligung wegen der großen Deals vom Jahresanfang noch höher, die Anzahl der Transaktionen nahm aber laut dem Analysehaus Refinitiv gegenüber der Vergleichszeit des Vorjahres um 21 Prozent ab.

Alternative Deals müssten nicht zwingend mit Kapitalbeteiligungen einhergehen. Multiple Allianzen gehen nach Ansicht von Kengelbach auch ohne Kapital, hier stehe der Netzwerk- und Ökosystemgedanke im Vordergrund. Allerdings seien auch die alternativen Deals keine Selbstläufer, auf längere Sicht scheitern die Vorhaben nicht selten. „Transaktionserfahrung und speziell ausgerichtete Teams für solche Deals sowie ein genauer Fahrplan mit Meilensteinen sind unabdingbar“, erklärt Kengelbach.