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Alle Augen auf Draghi – wieder mal

Es ist ein Seitwärtstrend auf hohem Niveau: Im Juni hatte der Dax noch ein Allzeithoch von 12.952 Punkten erzielt, war danach bis auf 12.316 Zähler zurückgefallen. In der abgelaufenen Handelswoche schaffte es der deutsche Leitindex zwar wieder über die Hürde von 12.600 Punkten. Vom Sprung auf ein neues Rekordhoch bleibt das Börsenbarometer aber noch ein gutes Stück weg.

Den Grund benennt DZ Bank-Analyst Michael Bissinger: „Die Zeiten sinkender Zinsen liegen hinter uns.“ Die großen globalen Notenbanken stehen vor oder befinden sich bereits in einem Zinsanhebungszyklus. Zwar stellen die ersten Zinsanhebungen insbesondere in den USA bislang keine große Gefahr für die Aktienmärkte dar, vor allem „weil das Zinsniveau weiterhin im längerfristigen Vergleich sehr niedrig ist“, erklärt Bissinger.

Trotzdem honorieren es die Marktteilnehmer immer noch, wenn die Notenbanken expansive Töne anschlagen – wie zuletzt die Chefin der US-Notenbank Fed, Janet Yellen. Sie hatte angedeutet, dass es nur behutsame Zinserhöhungen geben werde. Das hievte den Dow-Jones-Index der US-Standardwerte prompt auf ein neues Allzeithoch.

Kein Wunder, dass die Investoren nun alle Augen auf die Europäische Zentralbank (EZB) richten. Am kommenden Donnerstag wird Präsident Mario Draghi nach der Sitzung des EZB-Rats über den weiteren geldpolitischen Kurs berichten. Anleger hoffen auf Hinweise für einen Zeitplan der geldpolitischen Straffung in der Euro-Zone.

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Die Mehrheit der Volkswirte rechnet erst im September mit einem Schritt der EZB in Richtung Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters erwarten 72 Prozent der Ökonomen, dass die Notenbank dann das Abschmelzen ihrer Anleihekäufe gegen Null oder eine Verringerung des monatlichen Kaufvolumens beschließen wird. Derzeit kaufen die EZB und die nationalen Notenbanken Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Umfang von 60 Milliarden Euro pro Monat. Bislang ist geplant, dass das Programm noch bis mindestens Ende Dezember läuft.

„Bei der EZB-Sitzung am Donnerstag sind keine Weichenstellungen zu erwarten – schließlich kommen vor dem wichtigen September-Meeting noch die Inflationsdaten für Juli und August. Zudem dürfte die Notenbank kaum Interesse daran haben, jetzt die Anleihezinsen oder den Euro weiter nach oben zu treiben“, meint Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck Privatbankiers. Bereits im Juni hatte der EZB-Rat die bislang stets bekräftigte Option aus ihrem Ausblick gestrichen, wenn erforderlich die Schlüsselzinsen noch tiefer zu senken.

Rund 28 Prozent der von Reuters befragten Ökonomen gehen davon aus, dass die EZB in der kommenden Woche immerhin den weiteren Hinweis streicht, nötigenfalls das Volumen der Anleihekäufe erneut aufzustocken. „Dies erscheint angesichts der sehr robusten Konjunktur als sehr unwahrscheinlich“, erklärt Commerzbank-Ökonom Michael Schubert. Zudem drohe, wenn sich der Rat jetzt überhaupt nicht bewegt, eine umso schärfere kommunikative Wende zu einem späteren Zeitpunkt.

Erste Signale hatte es zuletzt bereits gegeben. Draghi hatte sich Ende Juni bei der EZB-Konferenz in Sintra optimistisch zum Wachstum in der Euro-Zone geäußert und sich zuversichtlicher gegeben, dass die Notenbank ihr Inflationsziel von knapp zwei Prozent wieder erreichen könne. Das hatte zu einer deutlichen Reaktion bei den Kapitalmarktrenditen geführt. Draghi müsse nun „den Drahtseilakt meistern, einem übermäßigen Anstieg der Renditen Einhalt zu gebieten und zugleich Anpassungen beim Anleiheankaufprogramm vorzubereiten“, sagt DZ Bank-Analyst Hartmut Preiß.


Die Bilanzsaison kommt in Fahrt.

In der gesamten Gemengelage steht auch der Devisenmarkt im Fokus. Noch vor wenigen Monaten hatten viele Ökonomen mit einer Parität, also einem Austauschverhältnis von 1:1, bei Euro und Dollar gerechnet. Zuletzt ist die europäische Gemeinschaftswährung aber wieder erstarkt – und hat in der abgelaufenen Woche fast die Marke von 1,15 Dollar erreicht.

Auch in der neuen Woche erwartet Commerzbank-Währungsexpertin Thu Lan Nguyen, dass der Trend anhält: „Während in vielen Industrieländern Zinserhöhungen näher rücken, werden schnellere US-Zinserhöhungen aus Sicht des Marktes immer unwahrscheinlicher. Das lastet auf dem US-Dollar.“ Der Euro dürfte ihrer Ansicht nach vorerst stark bleiben, da die EZB wohl einen weiteren kleinen Schritt auf dem Weg zu einem Ausstieg aus ihrer ultraexpansiven Geldpolitik machen werde.

Im Zuge der EZB-Sitzung schauen die Investoren auch auf die konjunkturelle Entwicklung. Bei den Makrodaten sind die Veröffentlichungen in der neuen Woche allerdings überschaubar: Aus Deutschland kommen am Dienstag ZEW-Konjunkturerwartungen für Juli sowie am Donnerstag Produzentenpreistrends. Im Euro-Raum werden am Dienstag die finalen Juni-Inflationszahlen und am Donnerstag das Verbrauchervertrauen veröffentlicht. China meldet am Montag das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal. Und in den USA stehen am Mittwoch diverse Daten zum Immobilienmarkt im Juni im Terminplan.

Interessanter für Anleger dürfte daher sein, dass die Berichtssaison der Unternehmen Fahrt aufnimmt. „Die anlaufende Quartalszahlensaison dürfte größtenteils überzeugen – in Euroland noch mehr als in den USA“, sagt Stratege Greil von Merck Finck. Die USA starten am Dienstag mit den Zahlenwerken unter anderem von Johnson & Johnson, Bank of America und Goldman Sachs. Am Mittwoch folgen dann Alcoa und Morgan Stanley.

Am Donnerstag öffnen auch eine ansehnliche Reihe von europäischen Unternehmen ihre Bücher. In Deutschland schauen Anleger besonders auf den Dax-Konzern SAP, aber auch auf Hella und Krones aus dem MDax und Software AG aus dem TecDax. Im Fokus steht zudem der geplante Börsengang des hessischen Lkw-Zulieferers Jost. Hinzu kommen Berichte von ABB aus der Schweiz, den britischen Firmen Anglo American und Easyjet sowie der spanischen Iberdrola. Auch der Blick in die USA lohnt erneut mit Zahlen von Abbott, Microsoft und Ebay.

Nicht aus den Schlagzeilen kommt zudem der Ölmarkt. Wegen des deutlichen Anstiegs der US-Produktion ist der Ölpreis zuletzt wieder unter Druck geraten. Und eine schnelle Wende sei hier nicht in Sicht, meint Rohstoffexpertin Barbara Lambrecht von der Commerzbank: „Vielmehr dürfte die US-Energiebehörde kommende Woche für August ein Rekordhoch der Schieferölproduktion prognostizieren.“

Noch stärker im Fokus des Marktes stehe derzeit die OPEC-Produktion. Das Ölkartell hatte im Frühjahr eine Verlängerung der Förderkürzung beschlossen. Schließlich hätten die beiden bislang nicht an die Vereinbarung gebundenen OPEC-Länder Nigeria und Libyen ihre Produktion spürbar erhöht. Die Ölpreise könnten daher auch in der neuen Woche noch leicht nachgeben, prognostiziert Lambrecht.

KONTEXT

Der Werkzeugkasten der EZB

Leitzins

Das wichtigste Instrument ist der Leitzins, also der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld ausleihen können, um es dann zum Beispiel als Kredit an Unternehmen und Verbraucher weiterzugeben. Im August 2016 liegt der EZB-Zins bei historisch niedrigen 0,0 Prozent. Niedrige Zinsen können die Konjunktur ankurbeln.

Einlagezins

In normalen Zeiten bekommen Geschäftsbanken von der EZB Zinsen für überschüssiges Geld, das sie bei der Zentralbank parken. Im Juni 2014 senkten die Währungshüter den Zins unter die Nullgrenze. Aktuell müssen die Kreditinstitute einen Strafzins von 0,4 Prozent zahlen. Das Ziel ist eine Schwächung des Euro und ein Abbau der Einlagen der Banken bei der EZB.

Geldspritzen

Ende 2011/Anfang 2012 unterstützte die EZB Banken mit Notkrediten (LTRO) im Volumen von einer Billion Euro. Die Kredite wurden zu Mini-Zinsen und für drei Jahre gewährt. 2014 folgten weitere Notkredite, allerdings diesmal in deutlich geringerem Umfang.

Kauf von Kreditpaketen

Seit Herbst 2014 kauft die EZB Pfandbriefe (Covered Bonds) und gebündelte Kreditverbriefungen (ABS). Das soll Geschäftsbanken Freiräume zur Vergabe von Krediten verschaffen.

Staatsanleihen Käufe

Im Mai 2010 begann die EZB erstmals mit dem Kauf von Staatsanleihen. Das "Securities Markets Programme" (SMP) sollte den Anstieg der Renditen von Anleihen angeschlagener Euro-Länder bremsen. Bis Anfang 2012 kaufte die EZB Staatspapiere für rund 220 Milliarden Euro, zumeist italienische Anleihen. Im September 2012 ersetzte das Programm "Outright Monetary Transactions" (OMT) diese Maßnahme: Die EZB erklärt sich dabei bereit, notfalls unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten zu erwerben. Gekauft wurde in diesem Rahmen bisher keine Anleihe.

Quantitative Lockerung

Für die sogenannte Quantitative Lockerung druckt sich die Zentralbank quasi selbst Geld und kauft damit in großem Stil Anleihen - Staatsanleihen und andere Papiere wie Unternehmensanleihen. Das tut die EZB seit März 2015. Bis mindestens Ende März 2017 wollen die Währungshüter auf diese Weise 1,74 Billionen Euro in den Markt pumpen. Das soll die Konjunktur ankurbeln und die anhaltend niedrige Inflation wieder in Richtung der EZB-Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent befördern.