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Aktivistische Investoren mischen sich wieder stärker ein – vor allem in Deutschland

Aktivistische Investoren haben Deutschland wiederentdeckt. Sie agieren vor allem in Problemkonzernen wie Commerzbank, Wirecard und Hugo Boss.

Die aktivistischen Investoren melden sich zurück. Nachdem sie sich angesichts der Coronakrise zunächst auf die USA konzentriert hatten, treten sie inzwischen wieder in Deutschland bei Unternehmen wie der Commerzbank, dem Zahlungsdienstleister Wirecard und dem Bekleidungskonzern Hugo Boss auf. Sie wollen mithilfe ihrer Aktionärsstimmen Reformen sowie Umbauten erzwingen und drängen auf neue Köpfe an der Vorstandsspitze.

Insgesamt haben Aktivisten im ersten Halbjahr 2020 weltweit 100 Kampagnen gestartet, wo sie sich aktiv in die Geschäftspolitik von Unternehmen einmischen. Dieser Wert liegt trotz der Pandemie nur zehn Prozent niedriger als im ersten Halbjahr 2019.

Nachdem es im April zu einem Rückschlag kam, zog das Neuengagement im Mai und Juni mit 33 Fällen besonders in den USA an. Zusammen wurden laut der Investmentbank Lazard rund 25,8 Milliarden Dollar investiert.

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„Deutschland ist heute ein Hotspot für aktivistische Aktionäre in Europa“, sagt Richard Thomas, Leiter der „Shareholder Advisory Group“ von Lazard in Europa. Mit sieben Kampagnen im ersten Halbjahr dieses Jahres liegt die Anzahl nach Beobachtung der Bank dreimal so hoch wie im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre.

Beschleunigt wurde das Engagement durch die Stabilität der Wirtschaft sowie die schnelle Kurserholung im Deutschen Aktienindex, was Aktivisten Sicherheit bot. Am Ende des ersten Halbjahres betrug das Minus im Dax nur noch sieben Prozent im Vergleich zum Stand vor der Krise. Die anderen europäischen Börsen lagen hingegen noch mit durchschnittlich 14 Prozent im Minus.

Industriekonzerne im Fokus

Deutschland steht im Fokus, weil es hier viele komplexe Industriekonzerne gibt. Aktivisten fordern oftmals eine Straffung und Fokussierung auf weniger Geschäftsbereiche. Während sie wegen der Coronakrise weniger auf höhere Dividenden oder Aktienrückkäufe pochen, bleiben Führungsstärke und die Strategie der Unternehmen die Ansatzpunkte, wo die Spezialinvestoren auf Veränderungen dringen.

„Für Aktivisten stellt sich vor allem die Frage, wie Unternehmen aus der Krise herauskommen. Was müssen sie machen, um wieder zu alter Stärke zurückzufinden?“, meint Tibor Kossa, Co-Chef für Fusionen und Übernahmen bei Goldman Sachs in Deutschland.

Aktivisten werden oftmals als Angreifer von außen wahrgenommen. Tatsache ist jedoch, dass sie teilweise schon seit Jahren zum Aktionärskreis gehören. Gerade alteingesessene, langfristig orientierte Fondsgesellschaften wie Deka und Union Investment hatten bereits vor der Pleite von Wirecard massiv auf Veränderung an der Führungsspitze gedrängt.

Der Hedgefonds TCI ging sogar noch einen Schritt weiter und forderte weitere tiefergehende Untersuchungen. „Die Vorstände und Aufsichtsräte müssen sich darauf einstellen, dass der Druck der Aktivisten nach dem Fall Wirecard zunimmt“, urteilt Thomas von Lazard.

Auch Private-Equity-Häuser wie Cerberus mutieren nach seinem Eindruck zu Aktivisten. „Bei Aktivisten wie Cerberus hat sich in den vergangenen Jahren auch viel Frustration aufgebaut, weil sie der Ansicht waren, dass ihre Belange nicht ernst genommen wurden. Dabei geht es zum Beispiel um Governance-Themen wie den Wechsel von Vorstandschefs in den Aufsichtsrat“, sagt der Lazard-Banker.

Jüngst ist Cerberus mit scharfer Kritik am Kurs der der Commerzbank unter ihrem Vorstandschef Martin Zielke aufgefallen. Zielke und Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann kündigten daraufhin ihren Rücktritt an. „Aktivistische Investoren wissen, dass sich Führungsstärke in Krisen beweisen muss. Das testen sie nun und in den kommenden Monaten aus“, sagt der Lazard-Banker Thomas.

Lange Zeit haben Aktivisten wie das Private-Equity-Haus Cerberus oder Fondsgesellschaften wie DWS, Deka und Union ihre Beteiligungen eher im Stillen gemanagt. Aber das hat sich geändert. Heute treten sie viel offensiver auf, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. „Werttreiber für die Aktivisten bleiben in der Regel M & A-Transaktionen und Portfolio-Anpassungen, die im aktuellen Umfeld jedoch häufig noch nicht opportun wären“, meint Kossa von Goldman.

Ein Beispiel ist die Lufthansa. Das Unternehmen würde man nach den Worten von Thoma nicht unbedingt als Konglomerat bezeichnen. Aber es gebe Tochtergesellschaften, die nicht zum Kerngeschäft einer Fluggesellschaft zählten wie der Technikbereich. Derartige Gesellschaften verkaufen Aktivisten gerne, um Wert zu schaffen und an möglichen Gewinnen nach einem Verkauf etwa in der Form von höheren Dividendenausschüttungen oder Aktienrückkäufen teilzuhaben.