Werbung
Deutsche Märkte schließen in 2 Stunden 20 Minuten
  • DAX

    17.732,95
    -104,45 (-0,59%)
     
  • Euro Stoxx 50

    4.922,92
    -13,65 (-0,28%)
     
  • Dow Jones 30

    37.775,38
    +22,07 (+0,06%)
     
  • Gold

    2.397,20
    -0,80 (-0,03%)
     
  • EUR/USD

    1,0670
    +0,0024 (+0,22%)
     
  • Bitcoin EUR

    60.772,02
    +2.379,96 (+4,08%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.339,16
    +26,53 (+2,06%)
     
  • Öl (Brent)

    82,37
    -0,36 (-0,44%)
     
  • MDAX

    25.972,94
    -216,50 (-0,83%)
     
  • TecDAX

    3.196,64
    -14,20 (-0,44%)
     
  • SDAX

    13.907,89
    -124,48 (-0,89%)
     
  • Nikkei 225

    37.068,35
    -1.011,35 (-2,66%)
     
  • FTSE 100

    7.843,23
    -33,82 (-0,43%)
     
  • CAC 40

    8.017,33
    -5,93 (-0,07%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.601,50
    -81,87 (-0,52%)
     

Eine Aktie auf Achterbahnfahrt

Kursrutsch - Deutsche-Bank-Aktie fällt unter zehn Euro

Die Leidensgeschichte der Deutschen Bank scheint kein Ende zu finden. Der Kurs ist am Freitag unter die kritische Marke von zehn Euro gestürzt – ein neues Allzeit-Tief für die Aktie, die in diesem Jahr bereits über die Hälfte an Wert verloren hat. . Einige Hedgefonds hatten nach den Turbulenzen der vergangenen Tage Kapital abgezogen.

In der Folge allerdings legte Deutschlands größtes Geldhaus eine einzige One-Man-Show aufs Börsenparkett. Mit einem Plus von siebeneinhalb Prozent war die Deutsche Bank mit Abstand Tagessieger im Dax. Die Papiere schlossen bei 11,70 Euro.

Ein unbestätigtes Gerücht verhalf dem Institut zu weiteren Kurssprüngen: Die Nachrichtenagentur AFP berichtete am Freitagnachmittag, dass die vom US-Justizministerium aufgrund von Trickserien auf dem US-Immobilienmarkt auferlegte Strafe von 14 Milliarden Dollar auf 5,4 Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro) gesenkt wurde. Hierbei handelt es sich allerdings um Spekulationen. Eine Deutsche-Bank-Sprecherin wollte sich dazu nicht äußern.

Zu Handelsbeginn versuchte die Bank noch die angespannte Lage zu beruhigen. Vorstandschef John Cryan wandte sich am Morgen in einem Schreiben an seine Mitarbeiter: „Sie können in den Medien Spekulationen darüber lesen, dass uns einige wenige Hedgefonds-Kunden verlassen haben. Das sorgt zu Unrecht für weitere Unruhe. Wir sollten das einmal im Gesamtbild betrachten. Insgesamt hat die Deutsche Bank mehr als 20 Millionen Kunden.“ Weiter schreibt er: „Arbeiten Sie weiter wie bisher. Wir sind und bleiben eine starke Deutsche Bank.“

WERBUNG

Die Bundesregierung lehnt einen Kommentar zur Lage nach wie vor ab. „Wir geben keinerlei Auskunft zu irgendwelchen Spekulationen über die Deutsche Bank“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums am Freitagmittag. Auf die Frage, ob das Bundesfinanzministerium die Stabilität des deutschen Finanzsystems im Blick habe, sagte er, dies sei Aufgabe der zuständigen Aufsichtsbehörden. Eine Regierungssprecherin ergänzte, in einem Telefonat von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit US-Präsident Barack Obama sei die Bank kein Thema gewesen.

Der Vorsitzende des Hedgefonds-Geschäfts der Deutschen Bank, Barry Basuano, sagte dem Wirtschaftssender CNBC, dass es in jeder Woche Zu- und Abflüsse im Geschäft mit Hedgefonds gebe – diese Woche sei da keine Ausnahme.

Die deutliche Mehrheit der mehr als 200 Kunden, die Derivate über die Bank handeln, hat keine Veränderung vorgenommen. „Wir sind zuversichtlich, dass die meisten [unserer Kunden] Kenntnis haben von unserer stabilen Finanzposition, dem derzeitigen makroökonomischen Umfeld, dem Rechtsstreit in den und den Fortschritten, die wir mit unserer Strategie machen“, so ein Bank-Sprecher.

Einige Analysten halten die Reaktion der Märkte für übertrieben und sind um Beruhigung bemüht: Die Experten von Goldman Sachs verweisen auf die üppigen Liquiditätsreserven von 223 Milliarden Euro oder 20 Prozent der gesamten Bilanz. Die Schweizer Großbank Credit Suisse glaubt, dass die Investoren das Risiko überschätzen, dass Strafforderungen für dubiose Hypothekendeals in den USA die Bank finanziell überfordern könnten.


Milliardenstrafe wiegt schwer

Ursprünglicher Auslöser des jüngsten Kursrutsches war eben die verhängte Milliardenstrafe in den USA. Die Experten von Credit Suisse gehen davon aus, dass die Bank letztlich deutlich günstiger, mit maximal vier Milliarden Dollar, davonkommt. Gleichzeitig betonen Goldman Sachs und aber auch, dass die Sorgen um die vergleichsweise dünne Kapitaldecke der Bank und die schwache Profitabilität nicht schnell verschwinden und die Investoren weiter verunsichern werden.

In dieser Woche war eine Diskussion über mögliche staatliche Hilfen für die Bank entbrannt. Die Bank selbst hält das für abwegig, und eine Sprecherin des Finanzministeriums dementierte, dass Bundesregierung und Aufseher bereits an einem Rettungsplan für die Bank arbeiten würden. „Es gibt keinen Anlass für solche Spekulationen, wie sie da angestellt werden, und die Bundesregierung beteiligt sich auch an solchen Spekulationen nicht.“

Gleich mehrere Gründe haben die Unsicherheit rund um Deutschlands größte Bank in den vergangenen Wochen wachsen lassen:

  • Etwa zehn Hedgefonds haben Positionen bei der Deutschen Bank aufgelöst.

  • Die Rückstellungen für juristische Auseinandersetzung in Höhe von 5,5 Milliarden Euro könnten nicht ausreichen.

  • Der Verkauf der Postbank ist ins Stocken geraten, ein möglicher Börsengang in weite Ferne gerückt.

  • Die Kapitaldecke erfüllt zwar alle Anforderungen, doch künftige höhere Eigenkapitalvorgaben erreicht die Bank noch nicht.

  • Ein bereits von Cryan angestoßener Konzernumbau – auch mit Stellenkürzungen – könnte im Niedrigzinsumfeld nicht ausreichen, um die Gewinnaussicht der Bank nachhaltig zu verbessern.

Italiens Wirtschaftsminister Pier Carlo Padoan fordert eine rasche Lösung für die Schwierigkeiten der . „Genauso wie das Problem der faulen Kredite in einem vernünftigen Zeitrahmen gelöst werden muss, sollte dies auch für die Probleme der Deutschen Bank gelten“, sagte der Minister der italienischen Zeitung „La Stampa“ in einem am Freitag veröffentlichten Interview. Es sei im Interesse aller, „Lösungen zu finden, die dann umsichtig umgesetzt werden müssen“.

Die Aussage ist als eine Art Retourkutsche zu verstehen. Als es um die mögliche Rettung der schwer kriselnden italienischen Bank Monte dei Paschi ging, bestand Finanzminister Wolfang Schäuble (CDU) auf die Einhaltung der EU-Abwicklungsregeln für Banken, die vorsehen, dass zuerst Eigentümer und Gläubiger haften müssen, bevor der Staat eingreifen darf.

KONTEXT

Wo die Deutsche Bank überall Ärger hat

US-Sanktionen

Schon länger steht die Deutsche Bank im Verdacht, gegen Sanktionen verstoßen zu haben, die die USA gegen Länder wie den Iran verhängt haben. Für die Missachtung von Sanktionen zahlte das Geldhaus im November 2015 bereits 260 Millionen US-Dollar. Die Bank hatte betont, sie habe sich bereits 2007 aus Iran-Geschäften zurückgezogen. Auch andere Finanzinstitute mussten für Vergleiche in der Sache bereits tief in die Tasche greifen: Die französische BNP Paribas zahlte knapp neun Milliarden Dollar, die Commerzbank 1,45 Milliarden Dollar.

Zinsskandal

Wegen der Manipulation wichtiger Referenzzinssätze wie Euribor und Libor musste die Deutsche Bank viel Geld abdrücken. Die EU-Kommission verhängte bereits Ende 2013 eine Strafe von 1,7 Milliarden Euro gegen sechs Großbanken, davon entfiel mit 725 Millionen Euro (990 Millionen US-Dollar) der Löwenanteil auf das Frankfurter Geldhaus. Die Behörden in Großbritannien und den USA brummten der Bank eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden Dollar auf, davon 2,175 Milliarden US-Dollar in den USA und 226,8 Millionen in Großbritannien.

Diese Beträge wurden bis auf 150 Millionen US-Dollar vollständig gezahlt, ein Urteil zu dem ausstehenden Betrag wird für den 7. Oktober 2016 erwartet. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat in ihrem Bericht zur Zinsaffäre eine Reihe von Top-Managern scharf angegriffen und ihnen zu laxe interne Kontrollen beziehungsweise eine mangelnde Aufklärung der Tricksereien vorgeworfen. Darunter war auch Co-Vorstandschef Anshu Jain, der im Frühsommer 2015 sein Amt zur Verfügung stellte. Einen Zusammenhang zwischen dem Rücktritt und dem Bafin-Bericht wies die Bank allerdings zurück.

Mit vier mutmaßlich in den Zinsskandal verwickelten Händlern hat sich die Deutsche Bank in Frankfurt nach langem Hin und Her auf einen Vergleich geeinigt, der ebenfalls Geld kostete. Ob das Zinskapitel wirklich abgeschlossen ist, ist offen. In den USA könnten auch Sammelklagen von Anlegern gegen die Bank zugelassen werden. Sie müssen aber eindeutig nachweisen, dass ihnen durch die Manipulationen Nachteile entstanden sind.

US-Hypotheken

Ende 2013 zahlte die Deutsche Bank 1,4 Milliarden Euro (1,919 Milliarden US-Dollar) für die Beilegung ihres größten Rechtsstreits im Zusammenhang mit fragwürdigen Hypothekengeschäften in den USA. Das Institut soll vor der Finanzkrise beim Verkauf von Wertpapieren, die mit Hypotheken unterlegt sind, falsche Angaben gemacht haben. Andere Verfahren, die die amerikanischen Federal Housing Finance Agency (FHFA) gegen die Deutsche Bank und weitere Häuser angestrengt hatte, sind aus dem Vergleich jedoch ausgeklammert. Auch andere Klagen liegen noch auf dem Tisch und könnten potenziell viel Geld kosten.

CO2

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelte gegen die Bank wegen des Verdachts der Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem Betrug mit CO2-Verschmutzungsrechten. Rund 500 bewaffnete Polizisten und Steuerfahnder hatten deshalb Ende 2012 den Hauptsitz der Bank in Frankfurt und andere Büros durchsucht. Ex-Co-Chef Fitschen und der langjährige Finanzvorstand Stefan Krause gehörten zu ursprünglich 25 Mitarbeitern der Bank, gegen die in der Affäre wegen schwerer Steuerhinterziehung ermittelt wurde. Denn Fitschen und Krause hatten die auf dem CO2-Betrug basierende Steuererklärung unterzeichnet. Im August 2015 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt schließlich gegen acht beteiligte Kundenbetreuer und Händler der Deutschen Bank Anklage wegen "bandenmäßiger Steuerhinterziehung". Im Juni 2016 verurteilte das Frankfurter Landgericht sechs ehemalige Beschäftigte der Deutschen Bank, weil sie die millionenschweren Steuerbetrügereien ermöglicht hatten.

Devisen und Derivate

Aufseher, darunter auch die Bafin, gehen dem Verdacht nach, dass Banken am billionenschweren Devisenmarkt ebenfalls getrickst haben. Einige internationale Großbanken haben in der Sache bereits milliardenschwere Vergleiche geschlossen. Die Deutsche Bank als einer der größten Devisenhändler der Welt allerdings noch nicht.

Sie hat Finanzkreisen zufolge aber mehrere Händler vom Dienst suspendiert. Sie stehen offenbar im Verdacht, an Referenzkursen gedreht zu haben. Die Bank ist beklagte in drei Sammelklagen in den USA und zwei kanadischen Sammelklagen, die im September 2015 erhoben wurden. Die Deutsche Bank hat erklärt, dass sie zur Aufklärung des Skandals mit verschiedenen Aufsichtsbehörden zusammenarbeitet und zudem eine interne Untersuchung gestartet hat. Diese Untersuchung ergab nach Angaben aus Finanzkreisen, dass es bislang keinerlei Hinweise auf Tricksereien bei den großen Währungen Euro, Dollar, Pfund und Yen gibt, wohl aber vereinzelt beim russischen Rubel und dem argentinischen Peso.

Vom Haken sind die Frankfurter aber nicht: In der US-Niederlassung der Bank installierte die New Yorker Finanzaufsicht DFS einen Kontrolleur, der sich Finanzkreisen zufolge nun schon seit einigen Monaten das elektronische Devisenhandelssystem genauer anschaut. Demnach sind Algorithmen der Plattform "Autobahn" Teil der Ermittlungen. Amerikanische und deutsche Aufseher gehen zudem dem Verdacht nach, dass Geldhäuser den viel beachteten Marktindex für Swap-Geschäfte (Isdafix) zu ihren Gunsten beeinflusst haben. Die Deutsche Bank hat für Zinsswap-Manipulationen bereits 50 Millionen US-Dollar zahlen müssen.

Geldwäsche in Russland

Im Juni 2015 war bekannt geworden, dass Ermittler rund um den Globus dem Verdacht nachgehen, russische Kunden könnten über die Deutsche Bank Rubel-Schwarzgeld im Wert von mindestens sechs Milliarden Dollar gewaschen haben. Die Bank hat versprochen, zur Aufarbeitung der Affäre mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Mehrere Mitarbeiter in der Moskauer Niederlassung wurden deshalb vor die Tür gesetzt, darunter auch der ehemalige Chef-Händler in Russland, Tim Wiswell.

Inzwischen hat die Affäre eine neue Dimension erreicht: Das US-Justizministerium und die Finanzbehörde von New York (DFS) prüfen laut einem Medienbericht, ob die Bank gegen Sanktionen verstoßen hat. Dabei gehe es auch um die Frage, ob Geschäfte mit Vertrauten von Russlands Präsident Wladimir Putin gemacht wurden und ob die Bank intern geeignete Vorkehrungen getroffen hat, um solche Verstöße zu verhindern.

US-Steuerstreit

Das US-Justizministerium ermittelt seit mehr als fünf Jahren gegen Finanzinstitute in der Schweiz wegen mutmaßlicher Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Am Haken haben die Behörden seit 2013 auch die Deutsche Bank. Deren Schweizer Tochter erstatte Selbstanzeige. Finanzkreisen zufolge hat sich die Deutsche Bank bei den US-Behörden gemeldet, weil sie den Verdacht hegte, einige US-Kunden könnten ihr Vermögen in der Schweiz vor dem heimischen Fiskus versteckt haben. Seither würden Daten an die USA geliefert und Anfragen beantwortet. Eine Strafzahlung könne die Bank damit aber wohl nicht abwenden, sondern nur auf einen Rabatt hoffen. Eine Entscheidung steht noch aus. Das Bußgeld kann sich auf bis zu 50 Prozent der versteckten Gelder belaufen. Bereits im Dezember 2010 hatte die Deutsche Bank 550 Millionen US-Dollar Strafzahlungen für Beihilfe zur Steuerhinterziehung zahlen müssen.