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Sonnen will seinen Kunden kostenlose E-Zapfsäulen liefern und gleichzeitig das Stromnetz entlasten. Verbraucherschützer wittern ein PR-Manöver.

Wenn es um großspurige Ansagen geht, ist Philipp Schröder nie verlegen. Der 34-Jährige erklärt Stromriesen wie RWE schon mal für „überflüssig“ und bezeichnet sich selbst gerne als jemanden, der „früher dran“ ist als andere. Die Selbstvermarktung hat Schröder als Deutschland-Statthalter beim kalifornischen E-Autopionier Tesla gelernt. Mittlerweile ist er Co-Geschäftsführer des bayrischen Heimspeicherherstellers Sonnen und mal wieder „früher dran“, wie er sagt. Denn mit dem Mittelständler aus dem Allgäu will er nun das „Tagesschau-Problem“ lösen.

Elektroautos werden überwiegend zu Hause über Nacht geladen. Wenn aber alle gleichzeitig um 20 Uhr ihr Fahrzeug mit Strom volltanken wollen, knallt es im Stromnetz. Laut einer Studie der TU München und der Unternehmensberatung Oliver Wyman reichen in Ortsnetzen mit durchschnittlich 120 angeschlossenen Haushalten bereits 36 Elektrofahrzeuge aus, die parallel geladen werden, um einen Blackout zu verursachen.

„Wir lösen dieses Problem im Niederspannungsnetz“, verspricht Schröder jetzt. Konkret hat er mit Sonnen eine neue Ladestation für Elektroautos entwickelt, über die sich via App optimal steuern lässt, wann die Akkus des Fahrzeugs Strom ziehen. So will er Lastspitzen ausgleichen, die Netze stabilisieren und Tausende Neukunden gewinnen. Sein Angebot an Elektroautofahrer lautet: Wer seinen Stromtarif kündigt und zu Sonnen wechselt, spart Stromkosten und bekommt eine E-Ladestation („Sonnen-Charger“) im Wert von 1.399 Euro „geschenkt“.

Schröders Rechnung geht so: E-Autobesitzer zahlen 29,90 pro Monat für eine Stromflatrate im Umfang von 8.000 Kilowattstunden. Bei einem Stromverbrauch eines 4-Personen-Haushalts von etwa 5.000 Kilowattstunden blieben noch 3000 Kilowattstunden für das Elektroauto übrig. „Das reicht, um damit mehr als 15.000 Kilometer zu fahren“, erklärt Schröder. Und im Vergleich zum durchschnittlichen Strompreis in Deutschland würden Kunden der „Sonnen-Flat“ rund 2000 Euro pro Jahr einsparen.

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Die Rechnung der Verbraucherschützer geht ein wenig anders. Welcher Teil des Angebots von Sonnen genau „gratis“ oder „kostenlos“ sein soll, kann Udo Sieverding nicht erkennen. Der Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW kritisiert, dass Schröder bei seinem Angebot bewusst das Kleingedruckte verschweigt oder zumindest nicht explizit darauf hinweist. „Die Sonnen-Flat gilt nur für Kunden, die bereits einen Batteriespeicher von Sonnen gekauft haben und eine Solaranlage besitzen“, erklärt Sieverding.

Elektroautofahrer, die zur Miete wohnen und keine Solaranlage besitzen, können das Angebot von Sonnen nicht wahrnehmen. Der Heimspeicher, der in Kombination mit der Flatrate im Umfang von 8.000 Kilowattsunden angeboten wird, kostet zudem gut 12.000 Euro. Beziehe man diese Anschaffungskosten bei der Stromflatrate von Sonnen mit ein, dann seien „die vermeintlichen 2.000 Euro Einsparung nicht zu halten“, so Sieverding.

Diese Kritik ficht Sonnen-Geschäftsführer Schröder nicht an. Er teilt lieber gegen andere aus: „Die etablierten Autohersteller haben überhaupt kein Konzept, wie sie Energieversorgung mit ihren Elektrofahrzeugen sicherstellen wollen“, ätzt der Manager. Aus dieser Marktlücke will er nun Profit schlagen. Sonnen wurde 2010 in Wildpoldsried gegründet und konnte den Umsatz im vergangenen Jahr von 41 auf 65 Millionen Euro steigern – vorwiegend mit dem Verkauf von Stromspeichern fürs Eigenheim. Die Firma sieht sich freilich nicht als Hardwareschmiede, sondern als digitaler Vorreiter in der Energiewende.

In der „Sonnen-Community“ vernetzen die Bayern bereits mehr als 30.000 Kunden mit ihren Batteriespeichern. Das hehre Ziel: Künftig sollen sich Millionen von Verbrauchern der Gemeinschaft anschließen und mit Hilfe von Solaranlagen auf dem Dach, Windrädern im Umkreis, Batterien in der Wohnung und Akkus in den E-Autos gegenseitig mit günstigem Ökostrom versorgen.

Der Clou dabei für Sonnen: Die Firma bekommt Zugriff auf große Speicherkapazitäten, die sie in einem virtuellen Kraftwerk vernetzen kann. Und mit dem Bereitstellen von flexibler Leistung lässt sich durchaus Geld verdienen. Denn mit dem steigenden Anteil der erneuerbaren Energien nimmt die Volatilität zu. Solar- und Windkraftanlagen liefern witterungsbedingt nur unzuverlässig Strom. Wer in der Lage ist, überschüssigen Grünstrom zu puffern, wenn die Netze überquellen und wieder einzuspeisen, wenn es Engpässe gibt, kann sich im hart umkämpften Energiemarkt einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten.

Mit dem cleveren Management der Stromflüsse hofft Sonnen auf den Durchbruch. „Wir möchten der größte Anbieter von Speicherkapazität sein“, erklärt Schröder. Doch das Konzept hängt stark von regulatorischen Rahmenbedingungen ab, die die Firma nur bedingt beeinflussen kann. Wirklich ertragreich ist das Modell zudem erst, wenn die Kundenanzahl von einigen Zehntausend auf mehrere Hunderttausend ansteigt.

2016 verbuchte Sonnen einen Verlust von 1,2 Millionen Euro. Laut den Planungen aus dem Geschäftsbericht für das Jahr 2016 geht sonnen für 2017 sogar von einem Minus vor Steuern von bis zu 26 Millionen Euro aus. Hintergrund ist, dass die Firma stark expandiert und dafür kurzfristig hohe Vertriebsausgaben anfallen, die nicht über die Einnahmen aus dem Tagesgeschäft abgedeckt werden können.

Sonnen ist laut Geschäftsbericht 2016 zumindest bis Mitte 2018 durchfinanziert. Für weiteres Wachstum ist die Firma aber auf Kapitalspritzen externer Quellen oder der eigenen Gesellschafter angewiesen, zu denen etwa der US-Technologieriese GE zählt. Sonnen geht davon aus, dass die nötigen liquiden Mittel über weitere Finanzierungsrunden in die Kasse kommen – so wie in der Vergangenheit auch.