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Airbus-Management bevorzugt Kündigungen statt Kurzarbeit

Der Flugzeughersteller bietet den Angestellten in Frankreich bis zu 24 Monate Kurzarbeit an, will aber Kündigungen trotzdem nicht ausschließen. 15.000 Stellen sollen abgebaut werden.

Nicht nur in Hamburg stehen Tausende Jobs auf dem Spiel. Foto: dpa
Nicht nur in Hamburg stehen Tausende Jobs auf dem Spiel. Foto: dpa

In der Auseinandersetzung mit den Gewerkschaften geht das Management von Airbus einen Schritt auf die Arbeitnehmer zu. In einem Brief des französischen Personalchefs Donald Fratyn, der der Nachrichtenagentur Bloomberg vorliegt, bietet der Flugzeugbauer seinen Mitarbeitern den Übergang zu maximal 24 Monaten Kurzarbeit an.

Das ist eine Forderung, die sowohl die deutschen als auch die französischen Gewerkschaften erhoben hatten, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Airbus bestätigte dem Handelsblatt, dass „diese Möglichkeit Teil der laufenden Verhandlungen um Stellenabbau“ sei.

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Gleichzeitig warnt das Unternehmen aber, „dass die Wiederbelebung der Branche sich langsamer vollzieht, als anfänglich angenommen wurde“. Deswegen könnten betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen werden, „selbst wenn wir alles tun, um die sozialen Folgen unseres Anpassungsplans so weit wie möglich abzumildern“.

Es gebe seit Monaten einen konstruktiven Dialog mit den Sozialpartnern an den Airbus-Standorten in Frankreich, Deutschland und Spanien, der nun fortgesetzt werde. Die Gespräche laufen vor allem in den einzelnen Ländern, die jeweils unterschiedliche rechtliche und tarifvertragliche Rahmenbedingungen haben.

Der Flugzeughersteller wird von der Krise des internationalen Flugverkehrs hart getroffen. Infolge der coronabedingten Einschränkungen war der Flugverkehr im Frühjahr in vielen Ländern weitgehend zum Erliegen gekommen. Die Branche hat immer noch mit stark verringerter Nachfrage zu kämpfen.

Das europäische Unternehmen hat seine Produktion Mitte des Jahres um 40 Prozent verringert, bei den Langstreckenmodellen fällt der Produktionsrückgang sogar noch größer aus. Um sich an die verringerten Auslieferungen anzupassen und dennoch profitabel zu bleiben, will das Unternehmen seinen Personalbestand um 15.000 Mitarbeiter verringern. Jeweils ungefähr ein Drittel davon entfällt auf Frankreich und Deutschland.

Airbus hatte stets betont, betriebsbedingte Kündigungen weitgehend vermeiden zu wollen. Doch ganz ausschließen will der Konzern sie nicht. Die langfristige Kurzarbeit, wie sie in Deutschland und Frankreich möglich ist, bringt zwar eine unmittelbare Entlastung bei den Kosten. Doch mit dem Auslaufen der staatlichen Maßnahme – voraussichtlich Ende kommenden Jahres – würden die Mitarbeiter zurückkommen.

„Arbeitszeitverkürzungen können helfen, um die Beschäftigten in der Krise zu halten“, sagte Daniel Friedrich Bezirksleiter der IG Metall Küste dem Handelsblatt. „Wir kennen die Details nicht, aber grundsätzlich begrüßen wir, dass sich das Management in Frankreich mit solchen Modellen auseinandersetzt“, sagte Friedrich zu dem Vorstoß.

„Auch in Deutschland hilft zunächst die Kurzarbeit. Wenn diese nicht ausreichen sollte, müssen auch wir über eine Vier-Tage-Woche oder andere Wege der tariflichen Arbeitszeitverkürzung nachdenken“, sagte Friedrich. „Wir erwarten, dass wir diese Themen in den nächsten Wochen in den Verhandlungen gemeinsam mit der Geschäftsführung angehen.“ Airbus verhandelt in Deutschland seit der vergangenen Woche über den geplanten Stellenabbau.

Die Ankündigungen von Konzernchef Guillaume Faury, Beschäftigte betriebsbedingt kündigen zu wollen hat die Gewerkschaften in Aufregung versetzt. Weder in Deutschland noch in Frankreich wollen sie eine Vereinbarung unterschreiben, die Entlassungen vorsieht. Möglichst bis Mitte Oktober soll ein Einvernehmen über die verschiedenen Wege des Stellenabbaus gefunden werden. Mitarbeiter sollen mit freiwilligen Sonderzahlungen dazu bewegt werden, freiwillig auszuscheiden. Ansonsten könnten sie intern versetzt oder an andere Unternehmen ausgeliehen werden.

Kann Airbus mit 15.000 Stellen weniger profitabel sein?

Ob Airbus mit der Verringerung um 15.000 Stellen tatsächlich profitabel bleiben kann, bleibt aber eine offene Frage. Alles hängt davon ab, wann die Flugzeugkonjunktur wieder anzieht. Derzeit geht der Luft- und Raumfahrtkonzern davon aus, dass dieses 2021 bei den Kurz- und Mittelstreckenflugzeugen mit einem Gang und erst 2024 oder noch später bei den Großraumflugzeugen der Typen A330 und A350 geschehen wird.

Airbus muss bei seiner Anpassung der Kapazitäten so weit wie möglich die technischen Anforderungen der einzelnen Standorte im Auge behalten. In Hamburg wird vor allem die A320-Familie hergestellt, deren Nachfrage weniger leidet als die nach den „wide bodies“, den Großraumflugzeugen. Deren Endmontage ist hauptsächlich in Toulouse angesiedelt.

Neben den technischen Restriktionen muss Airbus aber auch politische Abwägungen treffen: „Es gibt ein Abkommen der Airbus-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien über die Teilung der industriellen Kapazitäten, das ist eine Garantie für eine ausgewogene Verringerung der Jobs“, sagt Dominique Delbouis von der Gewerkschaft Force Ouvrière, die in Frankreich die meisten Airbus-Arbeitnehmer vertritt.

Was im Hinblick auf die Organisation der Produktion optimal wäre, ist also politisch nicht unbedingt durchsetzbar bei Europas Vorzeigeunternehmen. „Insgesamt trifft es die verschiedenen Länder aufgrund der verteilten Produktion nicht auf sehr unterschiedliche Weise“, sagt ein Industrie-Insider.

Airbus: Kleinere Standorte in Gefahr

Doch nicht alle Fertigungsstätten sind gleich groß. „Mit dem Personalabbau könnten einige unter eine kritische Größe fallen, dann werden harte Entscheidungen notwendig“, warnt der Insider. Gewerkschafter Delbouis sieht es genauso. Er nennt kleine Standorte in Deutschland, vor allem aber Spanien, für die es sehr eng werden könnte.

Ein konkretes Beispiel: Um die starke Nachfrage nach einer großen A321-Version mit besonders langer Reichweite (A321 XLR) zu befriedigen, wollte das Management noch zu Beginn des Jahres neben der Endmontage in Hamburg auch eine in Toulouse aufbauen, was die dortigen Anlagen ausgelastet hätte. Dieser Plan wurde wegen der Pandemie-Folgen für unbegrenzte Zeit verschoben. Nun leidet Toulouse außerdem durch den besonders starken Einbruch bei der A350.

Hinzu kommt, dass die Gefahren eines erneuten Rückschlags wachsen. Europaweit steigen die Corona-Infektionszahlen, und die Auslastung der Intensivstationen in den Krankenhäusern nimmt zu. Einige Regierungen haben bereits mit neuen Einschränkungen reagiert, die auch die Luftfahrt treffen.

Daher ist es fraglich, ob es im von Airbus erwarteten Zeitraum zu einer Belebung kommt. Bei großen Airlines wie der Lufthansa und Air France liegt die Zahl der Flüge nur bei etwa 30 Prozent des Vorkrisenniveaus. Entsprechend schwach ist die Nachfrage nach neuen Fliegern.

Verzögert sich die Wiederbelebung des Flugverkehrs noch weiter, könnte es im Luftfahrtsektor eine viel härtere Welle von Restrukturierungen geben, fürchtet ein Manager. Das französische Wertpapierhaus Aurel BGC warnte am Montag, dass selbst ein Arbeitsplatzabbau von 15.000 Stellen Airbus nicht profitabel machen werde, wenn Corona mit voller Wucht zurückkomme.