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AIRBUS IM FOKUS: Die Hoffnung kehrt langsam zurück

TOULOUSE (dpa-AFX) - Die Corona-Pandemie hat die Luftfahrtbranche 2020 in die wohl schwerste Krise ihrer Geschichte gestürzt. Doch blickt man auf die Notlage vieler Airlines und die Aussichten für die nächsten Jahre, ist der Flugzeugbauer Airbus <NL0000235190> bisher fast glimpflich davongekommen. Auch an der Börse lief es für den europäischen Konzern besser als für seinen Rivalen Boeing <US0970231058> aus den USA. Was bei Airbus los ist, was Analysten sagen und wie sich die Aktie entwickelt.

DAS IST LOS BEI AIRBUS:

Die Corona-Krise hat dem jahrelangen Wachstum des Flugverkehrs vorerst ein jähes Ende bereitet. Durch die weltweiten Reisebeschränkungen und die Angst der Menschen vor dem Virus brach den Fluggesellschaften binnen weniger Wochen der Großteil ihres Geschäfts weg. Viele Regierungen retteten heimische Airlines mit milliardenschweren Geldspritzen vor dem Aus.

Der Weltluftfahrtverband IATA meldete für 2020 den schärfsten Nachfrageeinbruch in der Geschichte des Passagierverkehrs. So sackte die Zahl der geflogenen Personenkilometer im Jahresvergleich um fast 66 Prozent in den Keller. Bis das Niveau von 2019 wieder erreicht wird, dürfte es nach Einschätzung von Branchenvertretern mehrere Jahre dauern. Vor allem die Nachfrage nach Langstreckenflügen dürfte sich nur langsam erholen.

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An dieser Entwicklung hängt auch das Geschäft mit neuen Jets. Airbus-Chef Guillaume Faury erwartet, dass die Nachfrage nach Verkehrsflugzeugen zwischen 2023 und 2025 wieder zu alter Stärke zurückfindet - und zuerst die kleineren Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge wieder gefragt sein werden. In diesem Segment ist Airbus mit seinen Modellreihen A320neo und A220 seinem Rivalen Boeing voraus, der sich mit seinem Konkurrenzmodell 737 Max schon vor Corona in eine schwere Krise manövriert hatte.

Zwar darf die 737 Max in großen Teilen der Welt jetzt wieder fliegen, nachdem die Behörden dem Flugzeugtyp nach zwei tödlichen Abstürzen für mehr als anderthalb Jahre die Zulassung entzogen hatten. Doch viele Airlines haben 2020 die Gelegenheit genutzt, um ihre Bestellungen bei Boeing zu stornieren, weil der Hersteller hunderte Jets mangels Zulassung lange Zeit nicht ausliefern konnte. Airbus hingegen bekam im vergangenen Jahr mehr Flugzeug-Bestellungen als Stornierungen und konnte seinen Vorsprung vor Boeings absatzstärkstem Flugzeugsegment noch ausbauen.

Trotzdem bleiben auch die Europäer von früheren Rekorden wohl auf absehbare Zeit weit entfernt. So hat Airbus die Flugzeugproduktion um 40 Prozent gedrosselt, besonders stark bei den Großraumjets der Reihen A330neo und A350. Hatte der Vorstand für 2020 vor der Krise ursprünglich die Auslieferung von insgesamt 880 Flugzeugen angepeilt, scheint diese Marke vorerst unerreichbar.

So baut Airbus von der A320- und A320neo-Reihe inzwischen monatlich nur noch 40 statt 60 Exemplare. Ab dem Sommer soll diese Zahl zwar wieder steigen - bis auf 45 Maschinen pro Monat im vierten Quartal. Doch bei den großen Langstreckenjets soll die Produktion vorerst auf dem noch stärker gekappten Niveau verharren.

Längst hat das Management angekündigt, rund 15 000 Jobs in der Verkehrsflugzeugsparte zu streichen. Dank der verlängerten Kurzarbeitsregeln in Deutschland und Frankreich und Fördermitteln für die Forschung soll der Abbau nun um ein paar Tausend Stellen geringer ausfallen.

Nach dem herben Geschäftseinbruch im vergangenen Frühjahr hat sich Airbus auch wieder ein Stück weit gefangen. Dank eines Schlussspurts gelang es dem Hersteller sogar, im Gesamtjahr 566 Jets auszuliefern. Zudem holte er neue Bestellungen über 383 Maschinen herein und konnte die Zahl der Stornierungen auf 115 begrenzen. Allerdings musste sich der Konzern in den Verhandlungen mit Kunden darauf einlassen, bestellte Jets erst einige Quartale oder Jahre später auszuliefern. Dadurch bekommt er auch erst später Geld.

Faury hatte seine ursprünglichen Geschäftsziele für 2020 bereits im März zurückgezogen. Seither ging es ihm vor allem darum, den Netto-Geldabfluss aus dem Konzern zu stoppen. Auf diese Weise will er Airbus ohne direkte Staatshilfen durch die Krise steuern.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Nachdem die Corona-Krise und der Stellenabbau dem Airbus-Konzern in den ersten neun Monaten rote Zahlen eingebrockt haben, rechnen Branchenexperte für das vierte Quartal wieder mit einem Gewinn. Vom Unternehmen bis 9. Februar befragte Analysten erwarten beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten (bereinigtes Ebit) im Schnitt knapp 1,7 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr dürfte damit ein Gewinn von 1,5 Milliarden Euro herauskommen.

Unter dem Strich dürfte es jedoch nicht für schwarze Zahlen reichen - auch weil der Stellenabbau abseits des bereinigten Ebit teuer zu Buche schlägt. So gehen Experten für das Gesamtjahr von einem Nettoverlust von fast 1,4 Milliarden Euro aus. Damit würde das Minus ähnlich hoch ausfallen wie im Vorjahr, als eine Milliardenstrafe wegen Korruptionsvorwürfen den Konzern tief ins Minus gerissen hatte. Die Zahlen für 2020 will Airbus am Donnerstag (18. Februar) vorlegen.

Obwohl sich die Airbus-Führung und die Luftfahrtbranche in aller Welt in der schwersten Krise ihrer Geschichte sehen, sind Finanzanalysten der Aktie des Flugzeugbauers zugetan. Von den neun im dpa-AFX-Analyser erfassten Branchenexperten, die ihre Einschätzung nach Bekanntgabe der Auslieferungs- und Auftragszahlen für 2020 erneuert haben, raten acht zum Kauf des Airbus-Papiers. Der einzige Abweichler tendiert zum Halten. Im Schnitt haben die Experten ein Kursziel von 110,55 Euro auf dem Zettel.

Besonders optimistisch zeigt sich Analyst Chris Hallam von der US-Bank Goldman Sachs, der an seinem Kursziel von 137 Euro festhält. So habe er sich die Auslieferungspläne genauer angeschaut, die Airbus mit seinen Kunden vereinbart habe. Diese deuteten auf ein möglicherweise robustes Wachstum der Auslieferungen im Jahr 2021 hin, schrieb er vergangene Woche.

Sein Kollege Olivier Brochet von der Credit Suisse verweist auf den Erfolg der A320neo-Reihe. Die Nachfrage nach dem Flugzeugtyp dürfte den Kurs der Airbus-Aktie langfristig stützen. Mit seinem Kursziel von 105 Euro liegt er allerdings unterhalb des Durchschnitts. Analyst Andrew Humphrey von der US-Bank Morgen Stanley wertete den angekündigten Produktionsausbau in dem Segment ab dem Sommer als positives Zeichen und hob sein Kursziel Anfang Februar auf einen Schlag von 73 auf 112 Euro an.

Größter Pessimist in der Riege ist Jefferies-Experte Sandy Morris. Er hatte sein Kurziel im Dezember von 80 auf 90 Euro angehoben, ließ sich aber von den überraschend hohen Auslieferungszahlen im Dezember und der Ankündigung des Produktionsausbaus nicht zu einer höheren Bewertung hinreißen. So bestätigte er seine Einschätzung Anfang Februar erneut.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Ähnlich wie für die Mitarbeiter ist der Höhenflug auch für die Aktionäre von Airbus erst einmal vorüber. Hatte der Kurs der Airbus-Aktie im Januar 2020 mit 139,40 Euro noch den höchsten Stand seiner Geschichte erreicht, ging es im Februar steil nach unten - bis auf 48,12 Euro in Paris Mitte März. Doch der Erfolg der Pharmaunternehmen Biontech und Pfizer bei der Impfstoffentwicklung verschaffte im November der Airbus-Aktie einen regelrechten Schub, die Aktie konnte sich auf dem erhöhten Niveau einigermaßen halten. Denn die Aussicht auf flächendeckende Impfungen beflügelt auch die Hoffnungen für den weltweiten Flugverkehr.

Am Dienstag ging die Airbus-Aktie in Paris bei 93,80 Euro aus dem Handel. Damit ist sie immer noch rund 28 Prozent billiger zu haben als vor zwölf Monaten, bevor die Pandemie die Luftfahrt und die Finanzmärkte voll erfasst hatte. Die Aktie des US-Rivalen Boeing wurde allerdings noch stärker gebeutelt. Sie hat auf Sicht von einem Jahr etwa 37 Prozent an Wert eingebüßt.

Wurde Airbus an der Börse im Januar 2020 zeitweise mit mehr als 109 Milliarden Euro bewertet, liegt die Marktkapitalisierung derzeit nur noch bei rund 73 Milliarden Euro. Dass viele Branchenexperten Airbus' Produktpalette bei den Verkehrsflugzeugen für die kommenden Jahre mehr Erfolg voraussagen als den Modellen von Boeing, spiegelt sich im Börsenwert kaum wider. Mit rund 121 Milliarden US-Dollar (etwa 100 Mrd Euro) wird der US-Konzern immer noch deutlich höher gehandelt als sein Konkurrent aus Europa.