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Airbus-Affäre: Akten zeigen, wie ein Top-Manager heimlich Informationen zum Konzernumbau an einen Investor gegeben hat – und nun die Seiten wechselt

Der Hauptsitz der Airbus-Tochter Premium Aerotec
Der Hauptsitz der Airbus-Tochter Premium Aerotec

Die derzeitige Luftfahrtkrise ist eine Megachance. So denkt zumindest Michael Tojner. Der umtriebige Multi-Millionär aus Österreich hat sein Geld schon mit Immobilien und Sportwetten gemacht. Zuletzt lernte ihn Deutschland als Großaktionär des Batteriekonzerns Varta kennen. Nun arbeitet Tojner an seinem nächsten Coup: Er will nach Informationen von Business Insider die angeschlagene Airbus-Tochter Premium Aerotec (PAG) zu großen Teilen übernehmen und damit einen der größten Flugzeug-Zulieferer der Welt aufbauen.

Bevor der Wiener aber zum Zuge kommen kann, muss Airbus zunächst ein weitreichender Konzernumbau gelingen, bei dem das Tochterunternehmen PAG zerschlagen werden soll. Dem Vernehmen nach werde dabei die Herstellung von größeren Bauteilen wie Rumpf und Türen in das deutsch-französische Luftfahrtunternehmen integriert, die Fertigung von Kleinteilen und Komponenten jedoch abgespalten und nach Möglichkeit verkauft. Der Plan des teilstaatlichen Konzerns ist längst zum Politikum geworden. Ministerpräsidenten und Gewerkschafter üben massive Kritik und befürchten, dass ein Investor Tausende Arbeitsplätze in Niedriglohnländer verlagern wird.

Während Gewerkschaftsschreck Tojner von der Arbeitnehmerseite also keine Unterstützung erwarten kann, erwiesen sich Mitglieder der PAG-Geschäftsführung in der Vergangenheit als ungewöhnlich hilfsbereit. Wie aus vertraulichen Unterlagen, die Business Insider vorliegen, hervorgeht, lieferten einzelne Top-Manager der Airbus-Tochter dem Österreicher heimlich Informationen und Einschätzungen zu internen Vorgängen. Unter anderem erhielt Tojner Anfang Juni mehrere Dossiers von PAG-Finanzchef Kai Arndt mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Geheimhaltung. Darin bewertet Arndt ein halbes Dutzend Führungskräfte der Airbus-Tochter und schlägt Tojner weitere Verwendungsmöglichkeiten für die Manager vor, falls der PAG-Deal klappen sollte. Arndt weist auch daraufhin, dass das aktuelle Verhältnis von Arbeitern und Schlipsträgern katastrophal sei und dies bei Verhandlungen mit Airbus berücksichtigt werden müsste.

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In einer weiteren Unterlage schildert Arndt detailliert, wie derzeit IG Metall, Betriebsräte und das Airbus-Management ticken, wo man sie abholen kann und an welchen Stellen Ängste bestehen. Tojner solle die Aussage, sein Unternehmen sei Favorit für den PAG-Deal, nicht zu früh feiern, schreibt der PAG-Finanzchef, da noch Manager mitreden würden, die einen guten Draht zu Airbus-Chef Guillaume Faury hätten.

Der ganze Vorgang gewinnt aber noch mehr an Brisanz: Laut den Unterlagen, die Business Insider vorliegen, bot Tojner im Februar 2021 dem PAG-Finanzchef einen Vorstandsjob in seiner Schweizer Montana-Gruppe (10.700 Mitarbeiter) an. Dort solle Arndt dann im Falle einer erfolgreichen Übernahme das operative Geschäft verantworten. Neben einem fixen Gehalt würden kurzfristige Bonuszahlungen und Aktienpakete winken. Genaueres sollte bei einem Treffen in Salzburg am 18. Februar besprochen werden. Einen Interessenkonflikt würde es erst bei laufenden Verhandlungen geben, erklärte Tojner, nachdem Arndt Bedenken hinsichtlich einer persönlichen Begegnung geäußert hatte.

Ganz offensichtlich konnten sich Arndt und Tojner in den vergangenen Monaten einigen. Vor wenigen Tagen gab Montana Aerospace bekannt, dass der PAG-Manager tatsächlich die Seiten zum Ende des Jahres wechseln wird. Die brisante Personalie heizt die Stimmung weiter an. IG-Metall-Vorstand Jürgen Kerner sagte der Augsburger Allgemeinen: "Man muss den Kopf schütteln, schließlich wechselt hier ein Schlüssel-Mitarbeiter, der alle Zahlen im Kopf hat, zur Konkurrenz, ja zum möglichen Käufer der Einzelteilfertigung." Dem Vernehmen nach hat die Arbeitnehmervertretung mittlerweile eine interne Untersuchung des Jobwechsels von Arndt angeregt. Allerdings gab es bislang noch keinen Hinweis auf die heimlichen Reports an Tojner, da sie über private Kommunikationskanäle erfolgt sind.

Auf Anfrage erklärt ein Montana-Sprecher, dass sich der geplante Wechsel von Arndt "innerhalb branchenüblicher Gepflogenheiten" bewege. Die Beteiligten hätten sich "an alle rechtlichen Vorschriften, vertraglichen Vereinbarungen und die allgemeinen Regeln der Geschäftsethik" gehalten. Zum Inhalt der vertraulichen Dokumente äußerte sich der Sprecher nicht.

Die Akten geben allerdings weitere Einblicke, in eine sonst verschlossene Wirtschaftswelt. Sie zeigen, wie Tojner bereits seit mehr als einem Jahr den PAG-Deal strategisch vorbereitet. So wendet er sich im April 2020 an den Airbus-Finanzvorstand Dominik Asam, der den Aufsichtsrat der PAG leitet, um ihm eine Partnerschaft zwischen Montana und PAG vorzuschlagen. Asam verwies damals auf die kräftezehrenden Herausforderungen in der Corona-Pandemie. Die weltweite Krise biete zwar mehr Möglichkeiten bei Restrukturierungen härter durchzugreifen, da die "Erpressbarkeit durch Gewerkschaften" gesunken sei, so Asam, aber für eine ernsthafte Diskussion sei es noch einige Monate zu früh. Tojner hält dazu fest, dass es förderlich sei, Asam zum "Mastermind" zu machen und ihm die ganze Idee zuzuschreiben. Entscheidende Manager bei Airbus und PAG seien ohnehin auf seiner Seite, schreibt Tojner. Darunter auch der CEO von Premium Aerotec, Thomas Ehm.

Laut der vertraulichen Unterlagen trat Ehm an verschiedenen Stellen als eine Art Berater von Tojner auf. Demnach korrigierte Ehm sogar eine Präsentation von Montana Aerospace zu den Übernahmepläne, die für das Airbus-Management bestimmt war. Wie Arndt nutzte Ehm dafür auch private Kanäle und erweckte dabei den Eindruck, dass der Airbus-Vorstand von dem vertrauensvollen Austausch besser nichts erfahren sollte. Auf Anfrage sagt eine PAG-Sprecherin: "Was Ihre Fragen zu Herrn Dr. Thomas Ehm angeht, so weisen wir darauf hin, dass Herr Dr. Ehm im Rahmen seiner Verantwortung als CEO der Premium AEROTEC GmbH selbstverständlich auch im Austausch mit dem Unternehmen Montana Aerospace und dessen Repräsentanten steht. Dieser Austausch ging und geht jedoch in keiner Weise über das zwischen einem Unternehmen und seinem langjährigen Lieferanten übliche und notwendige Maß hinaus."

Bis Ende Juli will Airbus entscheiden, was aus der PAG wird. Eine Prüfung laufe, so der Sprecher, ob sich ein Verbleib im Konzern und eine Umstrukturierung rechnet oder eine Partnerschaft mit einem überzeugenden und vertrauensvollen Investor angestrebt werde. Spätestens dann wird sich zeigen, ob sich Tojners heiße Drähte in die Chef-Etage der Airbus-Tochter auszahlen.