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Adcada-Gruppe droht Millionen-Bußgeld wegen Maskenanleihe

Adcada wirbt mit Traumrenditen um Privatanleger. Jetzt meldet sich die Bafin: Dem Angebot soll ein Prospekt fehlen. Das könnte für die Emittenten teuer werden.

In vielen Ländern Europas herrscht zurzeit Maskenpflicht, wie hier im spanischen Malaga. Die Adcada-Gruppe will damit stattliche Renditen erwirtschaften. Foto: dpa
In vielen Ländern Europas herrscht zurzeit Maskenpflicht, wie hier im spanischen Malaga. Die Adcada-Gruppe will damit stattliche Renditen erwirtschaften. Foto: dpa

Als die Iljuschin Il-76 auf dem Flughafen Rostock-Laage landet, wartet Benjamin Kühn schon auf dem Rollfeld. Ein Werbefilm zeigt den 23 Jahre alten Chef der Adcada-Gruppe in Sneakern und orangener Warnweste, während im Hintergrund Gabelstapler mannshohe Kisten ausladen. Kühn klettert ins Cockpit und dankt dem Piloten. Dann sagt er, dass er es kaum erwarten könne, die Ladung endlich auf das Firmengelände zu bringen.

Die Iljuschin wurde vor mehr als drei Jahrzehnten in der Sowjetunion entwickelt, um Panzer und Geschütze zu transportieren. Am Freitag hatte das Schwerlastflugzeug Waffen für den Kampf gegen das Coronavirus an Bord: Maschinen und Rohstoffe aus dem chinesischen Nanjing.

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Mit ihnen wollen Kühn und seine Adcada-Gruppe am Firmensitz in Bentwisch künftig zwölf Millionen Atemschutzmasken im Monat herstellen. Seit Wochen bewirbt der Geschäftsführer dabei einen besonderen Coup: Privatanleger könnten sich ab 100 Euro an der Maskenproduktion beteiligen und so bis zu zwölf Prozent Zinsen kassieren.

Die Gruppe vertreibt die Adcada-Healthcare-Anleihe mithilfe von zwei Tochterunternehmen in Liechtenstein. Ob das ursprüngliche Zeichnungsziel von acht Millionen Euro erreicht oder sogar übertroffen wurde, ist unklar.

Bei Adcada heißt es lediglich, dass der Ansturm sämtliche Erwartungen übertroffen habe. Noch am Montag wollen die Bentwischer mit der Produktion der ersten Masken beginnen. Von einem „Meilenstein in der Firmengeschichte“ ist die Rede. Kühn rechnet mit Monatserlösen zwischen 1,8 und 2,9 Millionen Euro.

Warnhinweis der Bafin

Mitten in die Euphorie platzt nun aber die deutsche Finanzaufsicht. Die Bafin teilte am Mittwoch mit, dass sie den „hinreichend begründeten Verdacht“ habe, dass Adcada die Maskenanleihe „ohne den erforderlichen Prospekt öffentlich anbietet“. Das könnte für die Gruppe teuer werden: Ein Verstoß gegen die Prospektpflicht sei eine Ordnungswidrigkeit und könne mit einer Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro oder drei Prozent des Gesamtumsatzes des letzten Geschäftsjahres geahndet werden, heißt es in der Bafin-Mitteilung.

Auch für die Investoren hat die Behörde eine Nachricht: Sie können möglicherweise ihr Geld zurückfordern. Wenn pflichtwidrig kein Prospekt veröffentlicht wurde, schreibt die Aufsicht, „kann eine Haftung der Prospektverantwortlichen nach dem Wertpapierprospektgesetz bestehen“.

Adcada fühlt sich zu Unrecht verfolgt. Ein Anwalt nannte die Bafin-Mitteilung „unwahr“ und „rechtswidrig“, weil sich diese explizit auf die Adcada GmbH beziehe. Die Masken werden jedoch von einem Tochterunternehmen der GmbH produziert und die Inhaber-Teilschuldverschreibungen über eine Liechtensteiner Gesellschaft emittiert. Zudem habe die Bafin die Adcada GmbH zu der Sache nicht angehört.

Im Normalfall müssen Emittenten einen Prospekt erstellen und von der Finanzaufsicht billigen lassen, wenn sich ihr Angebot an mehr als 149 Investoren in Deutschland richtet. Die Adcada-Gruppe fühlt sich jedoch aufgrund einer Regelung im Liechtensteiner Gesellschaftsrecht nicht daran gebunden.

Im Fürstentum, wo die Maskenanleihe aufgehängt ist, kann die „Protected Cell Company“ rechtsfähige Zellen gründen, wie die Segmente genannt werden. Diese Zellen der Adcada Investments AG PCC sind der eigentliche Vertragspartner der Anleger und damit die Träger von Rechten und Pflichten. Die PCC fungiert nur als Verwalter. Jedes Segment gebe maximal 149 Angebote heraus und werde Vertragspartner von höchstens 149 Anlegern, teilte die Gruppe mit.

Ein Adcada-Anwalt betonte, dass die Gruppe nur bestehende gesetzliche Möglichkeiten nutze. Prospekte für Deutschland seien verzichtbar. Doch die Bafin sieht das anders. „Anhaltspunkte für eine Ausnahme von der Prospektpflicht sind nicht ersichtlich“, heißt es in dem jüngst veröffentlichten Warnhinweis.

Razzia in Bentwisch

Gut möglich, dass die Liechtensteiner Finanzmarktaufsicht (FMA) bald nachzieht. Es sei generell nicht möglich, die Prospektpflicht zu umgehen, „indem ein Angebot willkürlich in mehrere Teile, die sich jeweils an weniger als 150 Personen richten, aufgeteilt wird“, teilte ein Sprecher kürzlich mit. Die FMA hatte zudem gewarnt, dass die Adcada Investments AG PCC und die Adcada International AG über, „keine aufsichtsrechtliche Bewilligung“ verfügen.

Der Ärger mit den Behörden wegen der Maskenanleihe spitzt sich zu. Für die Adcada-Gruppe ist das jedoch nur eine neue Front. Schon Anfang Mai haben Polizisten Büros der Adcada GmbH durchsucht. Die Staatsanwaltschaft Rostock ermittelt gegen zwei Manager wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs. Sie sollen in den Jahren 2018 und 2019 gegen das Kreditwesengesetz verstoßen haben.

Dabei geht es um ein Finanzprodukt, dessen Rückabwicklung die Bafin im März angeordnet hatte. Die Aufseher teilten mit, dass die Adcada GmbH auf der Grundlage von „Verträgen über eine Immobilien-Anlage mit einer 110 Prozent besicherten Briefgrundschuld“ Anlegergelder angenommen und ein Einlagengeschäft ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben habe.

Die Geschäftsführung spricht von einem Duell „David gegen Goliath“ und wehrt sich vor Gericht. Ein Eilverfahren gegen den Bafin-Bescheid von März ist vor dem Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main anhängig.

Auch in der Prospektfrage setzt Adcada auf Konfrontation. Der Bafin fehle die gesetzliche Grundlage, um diese Information „bei Vorliegen eines bloßen Verdachts“ an die Öffentlichkeit zu tragen, schrieb der Anwalt.

„Unsere Mandantin Adcada hat die Bafin heute bereits abgemahnt.“ Sollte die Behörde der Unterlassungsforderung nicht nachkommen, will der Jurist einen Eilantrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht stellen.

Mehr zum Thema: Das ist die Firma, die den Zwang zur Maske mit dem Traum von der hohen Rendite verbinden will.