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Absurde Immobilienwelt

Eine Studie der Sparda-Banken lässt Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser auf den ersten Blick günstig erscheinen. Im Details zeigt sich: Zum Durchschnittspreis gibt es in München nur 44 Quadratmeter.

Deutschlands Wohnungen sind doch gar nicht so teuer, könnte denken, wer die ersten Zeilen der Studie der Sparda-Banken „Wohnen in Deutschland 2017“ liest. Im Schnitt bezahlt der Deutsche 242.000 Euro für seine Wohnimmobilie. Die weiteren Durchschnittswerte besagen, dass er zum Kauf etwa sechs Jahresnettoeinkommen benötigt. Für das Geld erhält er 126 Quadratmeter und bezahlt demnach sogar weniger als 2000 Euro für den Quadratmeter. „Die Studie zeigt, dass in großen Teilen Deutschlands Wohneigentum erschwinglich ist“, interpretiert Uwe Sterz, Vorstandsmitglied des Verbandes der Sparda-Banken, das Ergebnis.

Wohnungen in Millionenstädten wie München kann er damit nicht gemeint haben. Die Menschen dort wagen von solchen Preisen nicht einmal zu träumen. In den besseren Gegenden der Isar-Metropole dürften 2000 Euro in etwa dem Grundstücksanteil am Quadratmeterpreis einer Neubauwohnung entsprechen. München ist Deutschlands teuerste Großstadt über die auch die Sparda-Banken-Studie sagt, dass dort die Preise seit 2005 um 81,4 Prozent gestiegen sind.

Ein paar Zeilen weiter wird klar, wie weit die vom Institut der Wirtschaft Köln (IW) ermittelten Preise in Deutschland auseinander klaffen. Dort heißt es: „Die kleinsten erschwingliche Immobilien gibt es im Landkreis München, die größten im Landkreis Stendal.“ In der bayerischen Landeshauptstadt gibt es für die 242.000 Euro gerade einmal 44 Quadratmeter, im Landkreis noch drei Quadratmeter weniger. Im sachsen-anhaltinischen Stendal, ziemlich genau in der Mitte zwischen Wolfsburg und Berlin, sind es 299 Quadratmeter. Und in München müssen mehr als doppelt so viele Jahresnettoeinkommen für eine Wohnung aufgebracht werden wie im Schnitt über das ganze Land.

Das Ergebnis basiert darauf, dass in den sieben größten Städte Deutschlands – Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart – sowie in allen 63 kreisfreien Städte mit 100.000 bis 600.000 Einwohnern der Eigentumswohnungsmarkt untersucht wurde. In den 292 Landkreise blickten die Experten auf den Markt für Einfamilienhäuser.

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Ein Blick auf die vom Marktforschungsinstitut F+B Forschung und Beratung für Wohnen quartalsweise ermittelten Eigentumswohnungspreise bestätigt in etwa die Preis-Größenordnung. Für das vierte Quartal 2016 nennt F+B für München einen Durchschnittspreis von 5740 Euro pro Quadratmeter. Stendal kommt mit 980 Euro pro Quadratmeter auf Platz 474 in der 494 Plätze umfassenden Liste der Städte mit mehr als 25.000 Einwohnern. Am billigsten ist Zeitz im Süden von Sachsen-Anhalt mit 710 Euro pro Quadratmeter. Die Berechnungen der Sparda-Bank-Studie basieren in Teilen auf Daten von F+B.


Ausweichen ins Umland nur begrenzt möglich

Den hohen Preisen in den Metropolen lässt sich nur bedingt ausweichen. Die vom Institut für Demoskopie Allensbach zur Studie beigetragene Umfrage hat ergeben, dass die meisten Arbeitnehmer von einer gekauften Wohnung nicht mehr als 30 Kilometer zum Arbeitsplatz pendeln wollen. Doch nur im Umland von Berlin, Frankfurt und Hamburg bekommen sie erschwingliche Wohnungen bis 90 Quadratmeter Größe innerhalb eines Radius von 30 Kilometern von der Innenstadt.

Für München gilt das ganz bestimmt nicht. Denn sieben der teuersten Landkreise Deutschlands liegen im Umland der bayerischen Hauptstadt. Als „erschwinglich“ gilt laut Untersuchung der ermittelte Durchschnittspreis von 242.000 Euro. Und als bezahlbar gilt ein durchschnittliches Eigenheim, wenn es mit einer Zahlung von maximal 30 Prozent des Jahreshaushaltseinkommens nach 20 Jahren abbezahlt ist.

Nach Einschätzung von zwei Dritteln der Deutschen lohnt sich der Studie zufolge Wohneigentumserwerb, was nicht verblüfft, weil für die Befragten aller deutschen Städte und Landkreise der Kauf einer Immobilie auf lange Sicht günstiger ist als sie zu mieten. Allerdings äußern die Befragten die Einschränkung: „sofern man es sich leisten kann zu kaufen“.

Im Mittel der Regionen wird der Kostenvorteil mit 41 Prozent angegeben. Die Frage, wie viele Menschen sich Wohneigentum leisten können, beantwortet die Studie so: „Bei einem mittleren Nettomonatseinkommen von knapp mehr als 2500 Euro erfüllt etwa jeder dritte Haushalt die Eigenkapitalanforderungen für eine Immobilie.“ Bezieher von mehr als 6000 Euro Nettomonatseinkommen könnten sich zu mehr als 80 Prozent den Erwerb von eigengenutztem Wohneigentum leisten.

Doch sich eine Immobilie leisten zu können, fällt zunehmend schwerer. Im vergangenen Jahr ergab eine für die Trendviertel-Serie des Handelsblatts erstellte Erschwinglichkeitsstudie für die sieben großen Metropolen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart sowie mehrere weitere Großstädte, dass die Erschwinglichkeit permanent abnimmt. Die Bau- und Kaufwilligen können nicht so schnell sparen, wie die Preise anziehen. Denn mit den steigenden Preisen nimmt auch das benötigte Eigenkapital zu.

Darauf achten die Banken seit der Einführung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vor einem Jahr immer stärker. Die Banken wehren sich gegen noch schärfere Regeln, über die in der Politik immer wieder diskutiert wird. „Schärfere Regelungen für die Kreditvergabe bei Privatpersonen würden dem Verbraucher nicht nützen, sondern den Weg zum Eigenheim oft abschneiden“, warnt Sterz.


Kunden finanzieren vorsichtig, Banken noch vorsichtiger

Im Schnitt finanzieren die Deutschen ihre Wohnimmobilie zu 77,8 Prozent mit Darlehen. Für Sterz kein Grund zur Besorgnis. Im Gegenteil: „Der typische Häuslebauer in Deutschland ist weiterhin sehr konservativ und stellt seine Finanzierung solide auf. Bei steigender Anzahl an Krediten, sehen wir eine Tendenz unserer Kunden zu längeren Laufzeiten. Zugleich liegt die Kreditausfallrate der Sparda-Banken auf historisch niedrigem Niveau.“

Doch die Bau- und Kaufwilligen benötigen mehr eigenes Geld als 22,2 Prozent des Wohnungs- oder Hauspreises. Wenn ein Makler eingeschaltet wird, addieren sich die Kaufnebenkosten auch wegen der in vielen Bundeländern in den vergangenen Jahren auf bis zu 6,5 Prozent angehobenen Grunderwerbsteuern leicht auf deutlich über zehn Prozent. Noch mehr Eigenkapital wird benötigt, wenn die Bank den Immobilienwert niedriger schätzt als den zu zahlende Kaufpreis.

Aufgrund der Wohnimmobilienkreditrichtlinie wird von den Kreditinstituten zudem mehr denn je darauf geachtet, dass die Kunden auch bei steigenden Zinsen die Kreditlast bis zur endgültigen Tilgung tragen können. Typischerweise dauert es etwa 30 Jahre, bis ein Eigennutzer sein Häuschen abbezahlt hat. Dass Wohneigentum seit der Untersuchung erschwinglicher geworden ist, ist für die meisten Menschen praktisch ausgeschlossen. Die Preise sind weiter gestiegen, Baugeld ist etwas teurer geworden und die nun wieder etwas höheren Energiekosten – abzulesen an der zunehmenden Inflationsrate – fressen einen höheren Teil am zur Verfügung stehenden Einkommen weg. Doch das entmutigt die Deutschen nicht. Ein Viertel der bis 50 Jahre alten Bürger plant den Erwerb von Wohneigentum.

Die, die davor zurückschrecken, nennen als einen der häufigsten Gründe die hohen Kosten. Angesichts dessen verlieren die niedrigen Zinsen also Motiv für den Erwerb von Immobilien an Bedeutung. Vor vier Jahren waren sie noch für 48 Prozent der Deutschen zwischen 16 und 50 Jahren ein Motiv für den Erwerb. Diesmal nannten nur noch 39 Prozent das Niedrigzinsumfeld als Kaufmotiv.

Längerfristige finanzielle Risiken sind ein weiterer der am häufigsten genannten Gründe gegen den Erwerb von Wohneigentum. Jüngere Studien sehen in Großstädten erhebliches Rückschlagpotenzial für Wohnimmobilien. Zunächst musste Harald Simmons vom Immobilienmarktforschungsinstitut Empirica heftige Kritik dafür einstecken, als er Preiseinbrüche von 36 Prozent in Düsseldorf, gut 40 Prozent in Frankfurt und Hamburg, um die 50 Prozent in Köln, Berlin und Stuttgart sowie 75 Prozent in München prognostizierte für den Fall steigender Zinsen.

Dabei geht Simmons zusätzlich davon aus, dass der Zuzug in diese Schwarmstädte abnimmt und das Angebot an Wohnraum steigt. Am Freitag signalisiert eine vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) veröffentlichte Umfrage, dass Simmons Blick in die Zukunft gar nicht so abwegig ist. Danach halten die Befragten rund 180 Experten einen Rückgang der Wohnimmobilienpreis um mehr als 20 Prozent in den kommenden fünf Jahren für „durchaus denkbar“. Weitgehend einig sind sich die Umfrageteilnehmer darüber, dass die Wohnimmobilien in Deutschland überbewertet sind. 38 Prozent gehen davon aus, dass Wohnraum stark, 53 Prozent, dass er leicht überbewertet ist.