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Abschlussjahrgang 2021: Kann „Generation Corona“ für Schüler zum Qualitätssiegel werden?

Die Pandemie schürt Ängste. Ergebnisse aktueller Studien unterstreichen, dass verschiedene durch sie bedingte Stressoren Sorgen quer durch alle Altersklassen anheizen. Immer wieder medial diskutiert wird die Situation jener, die derzeit die Schule beenden. Für sie steht ein Übergang mit großer Bedeutung an. Es geht um Lebenswegentscheidungen und den ersten großen Schritt in Richtung Erwachsenwerden. Die Zukunftsplanung steht im Fokus – gleichzeitig erscheint sie mitunter unsicherer als je zuvor. Bereits vielerorts als „verlorene Generation“ gehandelt, stellt sich die Frage: Sind tatsächlich mehr Nachteile als Vorteile für den "Corona-Jahrgang" 2021 zu erwarten?

Trotz der angespannten Lage scheint eine eher positive Grundstimmung in den Abschlussjahrgängen zu herrschen. So heben Schülersprecher speziell den durch Corona bedingten Kompetenzerwerb in Sachen autodidaktisches Lernen und digitale Expertise hervor. Bei den Vorbereitungen auf die Abschlussprüfung ist in diesem und vergangenen Jahr deutlich mehr Selbstorganisation nötig gewesen als in den Vorjahren: Eine solide Basis für die Bewältigung einer Ausbildung und eines Studiums, die den Abschlussklassen für den Berufserfolg Vorteile bringen kann.

Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz Dario Schramm unterstreicht, dass er und seine Mitschüler in den vergangenen Monaten einen Turbo-Reifeprozess durchlaufen haben. Er glaubt, dass der Stempel „Generation Corona“ durchaus auch ein Qualitätssiegel sein kann.

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Ein wenig erinnert dieses Ummünzen ins Positive an die 1887 durch das britische Handelsmarkengesetz in Kraft gesetzte Kennzeichnungspflicht für Produkte aus Deutschland. So war „Made in Germany“ zunächst als Warnhinweis für mangelhafte Produkte gedacht, entwickelte sich aber mit der Zeit zum Qualitätssiegel. Wird die "Generation Corona" zukünftig also ähnlich positiv konnotiert sein?

Potenzial ist da, Strukturen fehlen

Bezeichnungen wie „Ausnahmejahrgang“ möchten jene, die in diesem Jahr die Schule abschließen, wohl jedenfalls höchstens in einem anerkennenden Zusammenhang hören. Die derzeitigen Umgestaltungen im Bildungsbereich müssen deshalb einen Rahmen finden, der allen Beteiligten gerecht wird.

In einem aktuellen Positionspapier der Bundesschülerkonferenz wird moniert, dass der unzureichende Fortschritt in der Digitalisierung, in der Medienkompetenz und insbesondere der dafür benötigten Infrastruktur an Schulen für flächendeckende und bundesweite Probleme sorgt. Diese Defizite fänden sich in bürokratischen Abläufen und in einem Unterricht wieder, welcher weder die Möglichkeiten von digitalen Geräten nutzt, noch Kompetenzen vermittelt, sich in einer digitalen Welt zurechtzufinden.

Die Schüler fordern Mindeststandards für Clouds und Kommunikationssysteme, zu groß seien die qualitativen Unterschiede von Schule zu Schule. Lernplattformen sollten verpflichtend eingesetzt und aufgerüstet werden. Selbst innerhalb der gleichen Stadt oder eines bestimmten Landkreises gibt es nach wie vor die Situation, dass einige Schulen nur zwei Online-Unterrichte pro Klasse und Woche anbieten können, da das verwendete System keine ausreichende Stabilität aufweist, andere Bildungseinrichtungen in der direkten Nachbarschaft aber annähernd an das Angebot des Präsenzstundenplans heranreichen.

Von einer "Lost Generation" kann keine Rede sein

Wissenschaftler vom Forschungsverbund der Universitäten Hildesheim und Frankfurt am Main fanden in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann Stiftung heraus, dass die Betroffene in Schule, Studium und Ausbildung während der Pandemie eine große Anpassungsleistung erbracht und sich in kürzester Zeit auf Neuerungen eingestellt haben. „Die allermeisten jungen Menschen haben die Situation großartig gemeistert“, steht dort.

Michael Kaul, der verantwortliche Referent für die gymnasiale Oberstufe in Rheinland-Pfalz, verweist darauf, dass trotz aller Befürchtungen die Abiturprüfungen bisher gut gelaufen seien. Da in Rheinland-Pfalz bereits Anfang des Jahres geprüft wurde, konnte er Business Insider erfreulicherweise schon Ergebnisse des aktuellen Abiturjahrgangs rückmelden. Im Schnitt sei die Bilanz in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch sogar leicht besser ausgefallen, als in den Vorjahren. Er unterstrich, dass von einem "Abitur light" zudem nicht die Rede sein könne.

Der Kinder- und Jugendpsychiater Professor Marcel Romanos betont im Ärztetag-Podcast (Episode 255), dass es seiner Ansicht nach mitnichten eine „Lost Generation“ geben wird. Seine Fachgesellschaft nehme entsprechende negative Berichte in den Medien recht kritisch wahr. Von lebenslangen Folgen zu sprechen, sei eine Dramatisierung, der man so nicht folgen sollte. Vielmehr müsse man an dieser Stelle genau hinschauen, wer Unterstützung braucht.

Ähnliches beschreiben Forschende des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (COPSY-Studie). Denn diejenigen, die vor der Pandemie bereits gut dastanden, Strukturen erlernt haben und sich in der Familie wohl und aufgehoben fühlen, das zeigt ihre Erhebung, kommen gut durch die Pandemie. Es fehle aber an verlässlicheren Konzepten, um junge Menschen aus Risikofamilien zu stärken. Hier gebe es noch Nachholbedarf.

Aussichten für Ausbildung und Studium

Laut einer Bertelsmann-Umfrage aus dem vergangenen Jahr sind über 60 Prozent der jungen Befragten der Ansicht, dass sich die Chancen auf eine Ausbildung durch Corona verschlechtert haben. Die Industrie- und Handelskammer Pfalz gibt jedoch auf Nachfrage zu bedenken, dass nach wie vor ein anhaltender Fachkräftemangel in Deutschland herrscht. Vor diesem Hintergrund seien beispielsweise die Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt gut. Ronny Pagel (Ausbildungsberater-Südpfalz) betont: „Jeder, der darüber nachdenkt eine Ausbildung zu beginnen, sollte nicht warten.“

Gut zu wissen: Auszubildende können grundsätzlich keine Kurzarbeit angeordnet bekommen – zuvor müssen alle anderen Mittel ausgeschöpft werden. Aufgeschobene Abschlussprüfungen führen dazu, dass Ausbildungszeiten mitunter verlängert werden können. Die IHK Pfalz betont: „Insgesamt kann man sagen, dass trotz der sehr angespannten Lage eine positive Stimmung herrscht. Der Blick nach vorn dominiert.“

Auch angehende Studierende sorgen sich. Von verlorenen Semestern und mangelnden Praktikumschancen ist bei einigen von ihnen die Rede. Doch die Universitäten und Hochschulen setzen sich für einen reibungslos laufenden Lehr- und Forschungsbetrieb ein, so gut es geht. Die Universität Heidelberg beispielsweise bot für Jura-Studierende gleich zu Beginn der Pandemie Online-Veranstaltungen an, die dem regulären Stundenplan in Präsenz entsprachen. Anstehende Klausuren konnten online absolviert werden.

Andere Hochschulen setzten auf Präsenzprüfungen ausgerichtet an speziellen Hygienekonzepten. Die Erfahrung zeigt, dass zwar das „echte Studentenleben“ auf der Strecke bleibt und die sozialen Kontakte eingeschränkt sind, das Studium aber dennoch funktionieren kann. Manche Studierende begrüßen zudem die Chance, selbstbestimmter und ohne Pendelzeiten zu lernen – und die Entschleunigung durch fehlenden Freizeitstress.

Insgesamt lässt sich wohl sagen: Die Auswirkungen der Pandemie erstrecken sich auf alle Altersklassen, und sind letztlich auch biografiebedingt sehr unterschiedlich. Ob und in welchem Maß junge Menschen auf der Strecke bleiben hängt nicht zuletzt mit davon ab, ob sie gehört werden und sich einbringen können. Wenn, dann gibt es vor allem hier Nachholbedarf. Die Ergebnisse der JuCo-Studien (Jugend und Corona) zeigen: Derzeit ist Beteiligung noch ein knappes Gut.