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„China könnte in drei Jahren unser größter Absatzmarkt sein“

Der Schweizer Maschinen- und Anlagenbauer ABB will vor allem durch den Ausbau seiner Robotik-Sparte vom rapiden Wachstum in China profitieren. „China könnte in den nächsten drei Jahren ABBs größter Absatzmarkt werden und damit die USA ablösen“, sagte ABB-Geschäftsführer Ulrich Spiesshofer im Interview mit dem Handelsblatt. 2017 wurde weltweit fast jeder dritte Roboter nach China verkauft.

„Peking honoriert die Tatsache, dass wir komplett und auch sehr früh lokalisiert haben“, sagte Spiesshofer. Bereits im Jahr 2005 verlagerte ABB seine Robotik-Zentrale nach China. Heute beschäftigt das Unternehmen 18.000 Mitarbeiter in China, davon allein 2000 in der Forschung und Entwicklung. Im Oktober verkündete ABB die 150 Millionen Dollar teure Investition in den Bau einer Roboterfabrik in Schanghai; im November wurde ein Innovations- und Forschungszentrum in Xiamen im Wert von 300 Millionen Dollar eingeweiht.

Erst vergangene Woche musste Till Reuter nach einstimmiger Entscheidung des Aufsichtsrates seinen Posten als Geschäftsführer des Robotik-Konkurrenten Kuka vorzeitig verlassen. Unter anderem warf das chinesische Mutterunternehmen Midea dem Deutschen vor, in China nicht genügend lokale Fertigung aufgebaut zu haben. Das komplette Interview lesen Sie hier.

Wie oft waren Sie dieses Jahr schon in China?
Dieses Jahr ist es schon das siebte Mal. Seitdem ich 1996 das erste Mal nach Schanghai kam, bin ich ein Fan dieses Landes, was den Einsatz und Ausbau moderner Industrie-Technologien betrifft. Dieses Jahr ist China für uns noch der zweitgrößte Markt weltweit. Aber bald könnte es schon die Nummer eins für ABB werden.

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Wissen Sie denn, wann China der größte Absatzmarkt wird?
Das könnte in den nächsten drei Jahren passieren.

Und was wird diese Entwicklung vorantreiben?
Die Industrieautomatisierung wird eine große Rolle spielen. Auch bei der Stromversorgung herrscht in China derzeit eine Riesennachfrage. Außerdem müssen Gebäude, Städte und Elektrofahrzeuge elektrifiziert werden. Aber vor allem ist China schon heute der größte Robotikmarkt der Welt. Mit insgesamt fast 138.000 Einheiten wurde 2017 jeder dritte Roboter weltweit nach China verkauft.

Und wie will ABB von diesem Trend profitieren?
Wir werden unser Wachstum auch in Zukunft fortsetzen und weiterhin investieren. Wir haben erst im Oktober noch einmal eine 150 Millionen Dollar Investition in den Bau der weltweit fortschrittlichsten und flexibelsten Roboterfabrik in Schanghai angekündigt. Und im November haben wir das hochmoderne Innovations- und Fertigungszentrum in Xiamen – eine 300 Millionen Dollar Investition – eingeweiht. Sie sehen, die Bedürfnisse Chinas und das Angebot von ABB passen perfekt zusammen. Und wir setzen starke Signale, dass wir unser Engagement in China noch weiter ausbauen wollen.

In Ihrem Strategieplan „China 2025“ hat Peking ausgeführt, dass im Jahr 2025 mindestens 70 Prozent des Robotermarktes von chinesischen Firmen bedient werden sollen. ABB fällt da in die restlichen 30 Prozent...
In dieser Frage tut sich was in China. Vor einigen Monaten gab es durchaus noch Regularien, die uns den Marktzugang erschwert hätten. Diesen Sommer gab es ein Treffen mit dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping. Der sagte ganz klar, dass man lokale Unternehmen, egal, ob sie einem globalen oder lokalen Konzern angehören, gleichbehandeln werde. Aktuelle Trends weisen auch in diese Richtung. Deshalb investieren wir sogar vermehrt in China und bauen so unsere Marktführerschaft im Robotikmarkt weiter aus. Bereits heute sind wir der stärkste lokale Robotik-Player mit einer komplett lokalisierten Wertschöpfung.

Eigentlich klagen doch ausländische Unternehmen über Benachteiligung und fehlenden Marktzugang? Wieso soll es bei Ihnen anders sein?
Peking honoriert die Tatsache, dass wir komplett und auch sehr früh lokalisiert haben. Eine meiner ersten Amtshandlungen als neuer CEO von ABB war es, einen erfahrenen chinesischen Kollegen für das China-Geschäft einzusetzen. Wir haben hier heute die gesamte Wertschöpfungskette und mehr als 2000 Mitarbeiter in der Forschung und Entwicklung. In China ist ABB kein Importunternehmen, sondern ein lokales, chinesisches Unternehmen mit globalen Wurzeln.

Warum glauben Sie, ist es so wichtig, sich in China zu lokalisieren?
Dafür gibt es eine Reihe von guten Gründen: eine große Binnennachfrage mit enormer Dynamik, attraktive Produktionsbedingungen, genügend gut ausgebildete Mitarbeitende, ein natürliches Hedging dadurch, dass wir dort produzieren, wo wir auch verkaufen. Bei einem so großen und wichtigen Markt macht es Sinn, tief verwurzelt zu sein, um Zusammenhänge besser zu verstehen und die Zukunft mitgestalten zu können.

Haben Sie dabei keine Angst vor ungewolltem Technologietransfer?
Natürlich arbeiten wir mit wichtigen Kunden in der technologischen Entwicklung zusammen. So haben wir zum Beispiel erstmals die 1100 Kilovolt Hochspannungsgleichstromübertragung gemeinsam mit unserem größten Kunden, dem Staatsunternehmen State Grid, entwickelt.

Aber ausländische Technologieunternehmen klagen oft, dass lokale Wettbewerber dann oft billiger aber auch schlechter nachbauen.
China hat eindeutig den Anspruch, nicht mehr nur die Werkbank der Globalisierung zu sein. Vielmehr sind einige chinesische Tech-Unternehmen schon heute Innovationstreiber. Grundsätzlich gilt: eine neue Technologie erlangt man nicht bloß dadurch, dass man etwas nimmt, es auseinanderbaut und dann in der eigenen Fabrik wieder nachbaut. Man muss auch verstehen, was man sieht und nachbauen will. Unser Anspruch ist es daher, die Technologieführerschaft durch permanente Forschung und Entwicklung zu behalten. Dann bleibt man auch weiterhin ein starker Partner in einer Kooperation.

Trägt ABB durch diese Strategie nicht dazu bei, dass die chinesischen Konkurrenten wettbewerbsfähiger werden?
Wir begrüßen Wettbewerb auf globaler und lokaler Ebene. Wichtig ist, dass man das Buch schneller schreibt als die anderen es lesen können.

Fürchten Sie nicht, Marktanteil oder gar die Führungsstellung zu verlieren?
Diese Bedenken gab es in China schon einmal im Stromnetz-Bereich. Und hier sind wir immer noch Weltmarktführer. Wir nehmen Wettbewerb sehr ernst und stellen uns auf ihn ein. Das Robotik-Segment hier ist ein boomender Markt, der sich rasant entwickelt, und wir sind als Marktführer mit den angesprochenen Investitionen und einem starken lokalen Team bestens unterwegs.

Siemens will von der neuen Seidenstraße profitieren. Berlin klagt über intrasparente Vergabeprozesse. Wie sehen Sie dieses Unterfangen?
Für ABB ist die neue Seidenstraße sehr wichtig für weiteres Wachstum. Wir arbeiten bereits jetzt mit 400 Kunden zusammen und sind in ungefähr 70 Ländern unterwegs, wo wir mit chinesischen Partnern an mehr als 280 Projekte kooperieren.

GE hat derzeit viele Probleme. Wie sehen Sie dessen momentane Situation?
Wenn ein Unternehmen Schwierigkeiten hat, schaut man natürlich, was man für sich selbst daraus lernen kann. Man darf nie arrogant werden und einen Wettbewerber unterschätzen. ABB hatte selbst 2002, 2003 eine schwierige Zeit. Ich schätze Larry Culp sehr und wünsche ihm viel Glück. GE hat in vielen Bereichen große technologische Stärken. Das Unternehmen wird sich neu orientieren und zurückkommen, da bin ich mir sicher. Aber wir freuen uns natürlich, dass wir GE etwa im Bereich des Digitalangebotes mittlerweile mit unseren ABB Ability Lösungen für die digitale Industrie überholt haben. Das war vor drei, vier Jahren noch anders.

Derzeit gibt es aber auch einen Handelskonflikt zwischen China und den USA? Wie wirkt der sich auf ABB aus?
ABB steht grundsätzlich für offene Märkte und Wettbewerb. Und heute sind wir gut balanciert aufgestellt und produzieren da, wo wir verkaufen. In China haben wir eine Lokalisierungsquote von über 90 Prozent.
Aber die gegenwärtigen Unsicherheiten machen uns schon Sorgen. Wir benutzen zum Beispiel Spezialstahl aus Korea und Japan für die Fertigung von hochenergieeffizienten Motoren oder Transformatoren. Da tauschen wir uns eng mit Washington aus.

Sollte es zu einer Einigung zwischen China und den USA kommen, wird China vielleicht mehr amerikanische Waren kaufen müssen, um das Handelsdefizit zu verkleinern. Könnte es sein, dass dann einige Aufträge aus politischen Gründen zu General Electric abwandern?
Wir sind global balanciert aufgestellt und machen durch die Standortauswahl ein „natural hedging“, also sichern uns gegen gewisse Risiken ab. ABB ist zum Beispiel der einzige Roboterhersteller unter den großen Unternehmen, der eine komplette Wertschöpfungskette sowohl in den USA, in Europa wie auch in China hat. Lokalisierung zahlt sich aus.

Herr Spiesshofer, vielen Dank für das Gespräch.