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8,50 Euro – inklusive Urlaubsgeld

Mindestlohn - 8,50 Euro – inklusive Urlaubsgeld

Viele Arbeitgeber dürften erfreut sein. In seinem ersten Urteil zum seit 1. Januar geltenden allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass unter bestimmten Bedingungen auch Sonderzahlungen wie das Weihnachts- und Urlaubsgeld angerechnet werden dürfen. Es bestätigte damit die Entscheidung der Vorinstanzen.

Es handelt sich um eine wegweisende Entscheidung. „Für viele Unternehmen bieten sich nun interessante Gestaltungsmöglichkeiten“, so Wolfgang Lipinski, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Münchner Anwaltskanzlei Beiten Burkardt. Unternehmen, die bisher davor zurück geschreckt seien, Sonderzahlungen bei der Berechnung des durchschnittlichen Stundenlohns zu berücksichtigen könnten dies nun tun.

Allerdings darf die Anrechnung nur dann erfolgen, wenn die Sonderzahlungen als Entgelt für tatsächliche Arbeitsleistungen dienten – quasi wie ein 13. Gehalt. Nicht angerechnet werden dürfen dagegen Bonuszahlungen, die ausdrücklich zusätzlich zum Gehalt gewährt werden.

Das Nachsehen vor Gericht hatte eine junge Brandenburgerin. Sie wollte nicht akzeptieren, dass ihr Arbeitgeber, eine Klinik-Service Gesellschaft, einfach auf der Basis einer Betriebsvereinbarung das bisher in zwei Extrazahlungen gewährte Weihnachts- und Urlaubsgeld auf 12 Monate verteilte und damit den durchschnittlich gezahlten Stundenlohn optisch aufbesserte. Hätte der Arbeitgeber das nicht getan, hätte ihr Stundenlohn unter 8,50 Euro gelegen und erhöht werden müssen. Der Arbeitgeber sei dazu berechtigt gewesen, so die Richter. Laut Urteil hätte er dazu nicht einmal die Sonderzahlungen auf 12 Monate aufteilen müssen.

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Der gesetzliche Mindestlohn trete vielmehr als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen, verändere diese aber nicht, heißt es im Urteil. Sofern Sonderzahlungen und Lohn insgesamt auf die Stunde gerechnet den Mindestlohn überschritten, bestehe daher kein Anspruch auf zusätzlichen Lohn. Dies gelte auch für Zuschläge etwa für Schicht oder Spätarbeit. Auch hier hatte die Klägerin eine Erhöhung verlangt.

Das Urteil könnte Hunderttausende von Arbeitnehmer betreffen. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) spricht von einigen Millionen Nutznießern des Mindestlohns, den sie als „Erfolgsgeschichte“ sieht. Das Institut der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geht von etwa fünf Million Arbeitnehmern aus, die vor der Mindestlohn-Einführung weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdienten.

Obwohl nach Berechnungen der Hans-Böckler-Stiftung fünf Millionen Arbeitnehmer vom Mindestlohn betroffen sind, ist eine breite Prozesswelle bislang ausgeblieben. „Die Arbeitgeber versuchen, sich mit dem Mindestlohn zu arrangieren, sagt Frank Weberndörfer, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Norton Rose Fulbright in Hamburg dem Handelsblatt. Bei den meisten Verfahren aber ging es um Gehaltsbestandteile neben dem eigentlichen Lohn. Dazu gehören neben Sonderzahlungen Auch Leistungszulagen, Betriebsrentenansprüche und Überstundenvergütungen. Schuld sei der Gesetzgeber, der sich nicht die Mühe gemacht habe, diese Fragen eindeutig zu regeln.

KONTEXT

Wer nicht vom Mindestlohn profitiert

Seit wann gilt der Mindestlohn und wer profitiert davon?

Der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro gilt seit dem 1. Januar 2015 Kraft und gilt grundsätzlich für alle Branchen und Regionen - in Ost und West gleichermaßen. Sind in einzelnen Branchen aber Vereinbarungen getroffen worden, die unterhalb der 8,50 Euro liegen, können diese noch bis Ende 2016 fortbestehen.

Jugendliche

Ausgenommen vom Mindestlohn werden unter 18-Jährige. Durch die Altersgrenze soll vermieden werden, dass sich junge Leute einen Job suchen anstatt eine - in der Regel schlechter bezahlte - Ausbildung zu absolvieren.

Langzeitarbeitslose

Wer nach mindestens zwölfmonatiger Arbeitslosigkeit einen neuen Job bekommt, hat in den ersten sechs Monaten keinen Anspruch auf den Mindestlohn. Damit soll der Anreiz für Arbeitgeber erhöht werden, Erwerbslose einzustellen. Die Bundesregierung will aber überprüfen, ob diese Ausnahme die Beschäftigungschancen von Langzeitarbeitslosen tatsächlich erhöht.

Ehrenamtliche und Praktikanten

Nicht gelten soll der Mindestlohn auch für ehrenamtlich Tätige sowie Praktikanten, die im Rahmen einer Aus- oder Weiterbildung ein Pflichtpraktikum absolvieren. Auch wer ein freiwilliges Praktikum zur beruflichen Orientierung macht, das nicht länger als drei Monate dauert, hat keinen Anspruch auf Mindestlohn.

Zeitungsausträger und Saisonarbeiter

Bei den Saisonarbeitern in der Landwirtschaft sollen die Arbeitgeber die Kosten für Unterkunft und Verpflegung von Saisonarbeitern auf den Mindestlohn anrechnen können. Zudem soll die Grenze für eine sozialabgabenfreie Beschäftigung von 50 auf 70 Tage angehoben werden. Für Zeitungsausträger soll es eine dreijährige Übergangszeit geben: 2015 darf der Mindestlohn um 25 Prozent unterschritten werden, 2016 noch um 15 Prozent. 2017 soll dann der Mindestlohn von 8,50 Euro gelten - auch wenn dann in den anderen Branchen bereits ein höherer Betrag gelten sollte.

Wer kontrolliert die Einhaltung des Mindestlohns?

Der Zoll und andere Behörden können in den Unternehmen kontrollieren, ob tatsächlich der Mindestlohn gezahlt wird. Die Behörden dürfen dafür auch Arbeitsverträge oder Geschäftsunterlagen einsehen. Dafür soll das Personal der Zollverwaltung aufgestockt werden, Berichten zufolge um 1600 Mitarbeiter. Arbeitgebern, die gegen das Mindestlohngesetz verstoßen, droht ein Bußgeld.

Wann könnte der Mindestlohn steigen?

Über die künftige Höhe soll eine Kommission entscheiden, der neben dem Vorsitzenden sechs weitere stimmberechtigte Mitglieder angehören - je drei von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Das Gremium soll bis Mitte 2016 über eine etwaige Erhöhung zum 1. Januar 2017 entscheiden. Die Koalition nahm hier in letzter Minute eine Korrektur vor, zunächst war die Anhebung erst für 2018 geplant. Entsprechend der Forderung von Arbeitgebern und Gewerkschaften soll die Kommission alle zwei Jahre über eine Anhebung entscheiden - ursprünglich war dies jährlich geplant.

Was ändert sich für bestehende Tarifverträge?

Künftig soll es leichter sein, den Tarifvertrag für eine Branche für allgemeinverbindlich zu erklären. Voraussetzung wird nur noch sein, dass die Sozialpartner und Spitzenverbände dies für erforderlich halten und es im öffentlichen Interesse liegt. Bislang galt, dass in der jeweiligen Branche für mindestens die Hälfte der Beschäftigten eine Tarifbindung besteht - das heißt, dass die jeweiligen Firmen einem Arbeitgeberverband angehören.