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Für Ericsson und Nokia ist es besonders schwer, vom 5G-Boom zu profitieren

Nach einem schweren Unfall zählt jede Minute. Reagiert der Patient noch, ist sein Kreislauf stabil, sind innere Organe verletzt? Derartige Informationen sollen Ärzte künftig bereits bekommen, noch während der Krankenwagen auf dem Weg zur Notaufnahme ist: Die Daten lassen sich mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G übertragen. So kann der Mediziner aus der Ferne live zusehen, wenn der Rettungssanitäter eine Ultraschalldiagnostik macht, und ihn bei der Untersuchung dirigieren.

Eine bessere Gesundheitsversorgung dank schneller Datenübertragung: Für den Netzausrüster Ericsson ist dieses Projekt ein Beispiel für den Nutzen des neuen Standards. Der wird nach langer Entwicklungszeit ab diesem Jahr kommerziell eingeführt – „die Technologie steht bereit“, sagte Geschäftsführer Börje Ekholm in der vergangenen Woche auf der Mobilfunkmesse MWC in Barcelona, wo auch das Pilotprojekt mit der Fernuntersuchung zu sehen war.

Für Zulieferer wie Ericsson und Nokia sind damit große Hoffnungen verbunden: Wenn die Mobilfunkbetreiber ihre Netze aufrüsten und ausbauen, müssen sie viele Milliarden Euro in neue Funktechnik investieren. Die beiden europäischen Anbieter wollen den 5G-Hype nutzen, um nach schwierigen Jahren endlich wieder zu wachsen. Experten warnen allerdings: Der Ausbau könnte länger dauern als erhofft. Und dann ist da noch der chinesische Konkurrent Huawei.

Das Geschäft der Netzausrüster schwankt seit jeher wie eine Schiffschaukel: Bei der Einführung einer neuen Mobilfunkgeneration sind ihre Auftragsbücher voll, nach einigen Jahren schrumpft der Umsatz mit der Netztechnik jedoch wieder. Im Moment beginnt ein neuer Zyklus: Der Marktforscher Dell’Oro schätzt, dass der Umsatz 2018 mit einem Plus von einem Prozent erstmals seit drei Jahren wieder gewachsen ist. Führend ist Huawei mit einem Marktanteil von 29 Prozent.

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Während sich der chinesische Ausrüster weltweit positioniert hat und gerade vom Netzausbau in den Schwellenländern profitiert, sind Ericsson und Nokia vor allem auf die Industrienationen ausgerichtet. „Huawei kann noch stark vom 4G-Ausbau in Schwellenländern profitieren. In Europa ist der Ausbau von 4G weitgehend abgeschlossen. Und 5G hat noch nicht richtig begonnen“, sagt David Abecassis vom Branchendienstleister Analysys Mason.

Während Huawei die gesamte Wertschöpfungskette abdeckt und auch Smartphones und Tablets anbietet, haben sich Nokia und Ericsson aus dem Geschäft mit den Geräten für Endverbraucher zurückgezogen. Dadurch sind die Unternehmen deutlich stärker von den Zyklen im Netzausbau abhängig.

Nun dürfen die Zulieferer auf einen neuen Boom hoffen: Die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G steht an. Er verspricht eine Standleitung ins Netz, und zwar von überall: Die Technologie bietet enorme Kapazitäten bei der Datenübertragung und extrem geringe Verzögerungen, im Fachjargon Latenzen genannt. Die Mobilfunkanbieter können außerdem Kapazitäten ihres Netzwerks reservieren, um Kunden bestimmte Leistungen zu garantieren, etwa für die Telemedizin.

Angesichts dieser Möglichkeiten gilt 5G als Grundlage für Anwendungen wie das autonome Fahren, die vernetzte Industrie oder Videoformate der Zukunft. Die Technologie sei im Zusammenspiel mit Entwicklungen im Internet der Dinge und bei Künstlicher Intelligenz „einer der Haupttreiber des Wirtschaftswachstums in den kommenden Jahren“, erklärt Mats Granryd, Generaldirektor des Mobilfunkverbands GSMA.

Ericsson, Nokia und Huawei liefern die Technik, die die Netzbetreiber in ihren Basisstationen einsetzen: Radioeinheiten, die mit Funkgeräten vergleichbar sind, und Antennen, um das Signal zu senden zum Beispiel. Die Netzausrüster sind somit wie die Händler, die einst den Glücksrittern im Goldrausch Schaufeln, Pfannen und Essen verkauften: Sie liefern die Ausrüstung, ohne die es nicht geht – und haben damit ein verlässliches Geschäft.

Erste Netze in den USA seit 2018

Die Realität wird dem Hype jedoch nicht gerecht. „Seit dem letzten Jahr gibt es eine Euphorie um 5G, allerdings dauert der Ausbau länger als gedacht“, sagt Markus Friebel von Independent Research.

In den USA gibt es seit Ende 2018 erste Netze, auch einige Länder in Asien nutzen die Technologie bereits, darunter Japan und Südkorea. Dagegen zieht sich der Aufbau in vielen europäischen Ländern hin. Elf der 28 EU-Staaten haben noch nicht mal Termine für die Vergabe der Frequenzen für 5G angesetzt. In Deutschland soll die Versteigerung am 19. März stattfinden. Allerdings werden die Firmen das Spektrum erst einige Jahre später nutzen können. „Europa hängt zurück“, warnt Jane Rygaard, Marketingchefin des Netzausrüsters Nokia.

Diese Entwicklung lässt sich an den Zahlen ablesen. Nokia etwa prognostiziert, dass der Markt für Netzausrüstung in diesem Jahr trotz der 5G-Einführung stagniert – erst ab 2020 rechnet der finnische Konzern mit einem Plus. Ericsson erwartet im Kerngeschäft mit Netztechnik immerhin ein Plus von zwei Prozent.

Noch stecken beide europäischen Ausrüster tief in den roten Zahlen. 2018 belief sich der Verlust von Nokia auf 550 Millionen Euro, der Umsatz sank um drei Prozent auf 22,6 Milliarden Euro. Bei Ericsson betrug das Minus für das Jahr 2018 rund 600 Millionen Euro. Allerdings konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr den Umsatz um drei Prozent auf rund 20 Milliarden Euro steigern.

Den Firmen nutze es wenig, dass einige Staaten aus Sicherheitsbedenken erwägen, den Einsatz von Huawei bei 5G zu beschränken, meint Analyst Abecassis. Die Technik von Huawei stecke tief in den Netzen vieler Betreiber in Europa. Sie ließe sich nicht einfach entfernen. „Ericsson und Nokia könnten kurzfristig nicht von einem Verbot von Huawei profitieren“, sagt Abecassis. Netzbetreiber würden vermutlich den Ausbau verzögern.

Zudem hätten auch Ericsson und Nokia Produktionsstätten in China. Ein Verbot von Technik aus China könnte auch sie dazu zwingen, ihre Produktionsketten umzusteuern.

Noch gibt es zu wenige Anwendungen für 5G

Das Problem für die Ausrüster ist: Noch gibt es nur wenige Anwendungen für 5G. „4G ist für die meisten Anwendungen ausreichend schnell“, sagt Analyst Friebel. Einen Boom erwartet der Analyst daher kurzfristig nicht.

„Das erste Anwendungsszenario ist der Umgang mit den wachsenden Datenmengen“, sagt auch Ericsson-Chef Ekholm – der Verkehr in der digitalen Infrastruktur verdoppelt sich erfahrungsgemäß alle 18 bis 24 Monate. Das industrielle Internet sei erst in einigen Jahren ein Thema, wenn das Netz ausreichend ausgebaut sei: „Wir reden über 2020, vielleicht 2021 und 2022.“

Gelingt der Sprung in die neue Technik, dürften künftig Autos, Industrieroboter und vernetzte Haushalte 5G nutzen. Aber Ericsson und Nokia müssen sich anstrengen, wenn sie nicht den Anschluss zu Huawei verlieren wollen.

„Huawei ist technisch deutlich weiter als die Konkurrenz“, sagt Vodafone-CEO Nick Read. Ericsson und Nokia müssen nachlegen, damit Huawei nicht das Geschäft dominieren kann.