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34f-Prüfer: „Berater sind nicht vorbereitet“

Sachverständiger Rainer Juretzek spricht mit FundResearch über seine Erfahrungen bei den jährlichen Prüfungen von 34f-Vermittlern. Sein bisheriges Zwischenfazit fällt alles andere als gut aus.

FundResearch: Herr Juretzek, sie führen bei 34f-Finanzberatern die jährliche Wirtschaftsprüfung durch. Wie sind die 34f-Kunden strukturiert und welche Volumen verwalten diese?

Juretzek: Die verwalteten Vermögen sind natürlich unterschiedlich. Aber es sind eher Einzelunternehmen, die oft einen Großteil ihrer Gesamterträge aus der Versicherungsvermittlung generieren. Das deckt sich statistisch mit der Marktstruktur. Eine Übersicht, wie viele sich bis zum 31.12.2014 haben prüfen lassen, liegt noch nicht vor. Im Übrigen erhalte ich aktuell noch Anfragen für die Prüfung 2013, die aber eigentlich schon hätte erfolgt sein müssen.

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FundResearch: Anfragen für 2013? Sind die Berater nicht selbst hinterher, sich prüfen zu lassen?

Juretzek: Nicht wirklich. Seit zwei Jahren haben wir im Rahmen von bundesweiten Veranstaltungen auf das Thema aufmerksam gemacht. In speziellen Workshops haben wir bereits 2013 und auch 2014 aufgezeigt, was geprüft wird, wie die Daten aufbereitet werden müssen, wie der Beratungsprozess zu strukturieren ist und wie das Beratungsprotokoll aussehen muss. Die Beteiligung daran war jedoch relativ gering, weil die überwiegende Zahl der Finanzdienstleister hoffte, es würde noch ein Wunder geschehen und einige Regeln doch noch „abgemildert“ werden. Auch einige große Marktteilnehmer haben da leider keine besonders vorausschauende Rolle gespielt. Von dieser Seite wurden entsprechende Hoffnungen genährt, dass für 2013 vielleicht nicht geprüft werden muss oder dass es irgendwelche Zentralprüfungen geben werde und dann alles ganz einfach sei. Wie die Realität sich nachher darstellt, wird man sehen.

FundResearch: Welche Marktteilnehmer meinen Sie?

Juretzek: Vor allem Makler-Pools wollten die Berater beruhigen, weil sie durchaus ein Interesse daran haben, es ihnen so angenehm wie möglich zu machen; also das „Rund-um-sorglos“-Paket versprochen wurde. Das hat allerdings zu Fehlern geführt. Und das sind dann nicht einzelne Fehler. Denn wenn ein Pool (NasdaqGS: POOL - Nachrichten) bestimmte Vorgaben macht und z. B. ein Beratungsprotokoll herausgibt, das fehlerhaft ist oder Fehler zulässt, dann machen alle Berater dieses Pools oder einer Plattform diesen Fehler.

FundResearch: Es gibt hohe Hürden, eine reine Vermittlung zu deklarieren, die dann ohne Beratungsprotokolle auskommen kann. Was raten Sie?

Juretzek: Sehr genau darauf zu achten, dass nicht einmal der Anschein einer Beratung entsteht. Sollte eine Vermittlung im Nachhinein als Beratung qualifiziert werden, dann hat der Vermittler möglicherweise ein zivilrechtliches Problem. Er hat nämlich kein Protokoll. Und so kann er ins offene Messer laufen, weil der Kunde gegebenenfalls sagt, dass er beraten wurde. Es kommt dann gegebenenfalls zur Umkehr der Beweislast und der Vermittler muss nachweisen, dass er nicht beraten hat. Das ist der Knackpunkt. Und diese Problematik taucht auch im Rahmender § 24-Prüfung auf.

FundResearch: Inwiefern?

Juretzek: Wenn der Prüfer aus den vorgelegten Dokumenten Hinweise findet, das Beratungen als Vermittlungen deklariert wurden, muss er das monieren. Beratung ohne Beratungsprotokoll stellt auch ordnungsrechtlich einen schwerwiegenden Mangel dar. Ebenso ein wunder Punkt sind die Zuwendungen. Gemäß § 17 muss der Berater alle Vergütungen offen legen, die er persönlich im Zusammenhang mit der Vermittlung erhält. Im Kontext dazu steht der § 13 FinVermV der regelt in welcher Form über Kosten und Nebenkosten informiert werden muss. Das ist natürlich produktbezogen. Die Produktkosten beinhalten ja in der Regel die Kosten für den Berater. Der Prüfer muss einerseits prüfen, ob die Angaben in den Wesentlichen Anlegerinformationen (WAI) zu den Kosten enthalten sind und andererseits ob die im Beratungsprotokoll deklarierten Zuwendungen mit den erhaltenen Provisionen und den Vertriebsvereinbarungen übereinstimmen. Das führt dazu, dass auch eine Prüfung der relevanten Konten in der Buchhaltung zu erfolgen hat.

FundResearch: Könnten Sie das an einem Beispiel verdeutlichen?

Juretzek: Wenn in einer Vertriebsvereinbarung mit einer Gesellschaft für den Berater eine Verwaltungsgebühr von 0,5 Prozent festgelegt ist und er nur 0,3 Prozent im Protokoll ausweist. Oder er erhält tatsächlich eine höhere Zuwendung und legt das nicht offen. Wenn beispielsweise eine Art Superprovision bei Überschreiten bestimmter Umsatzgrößen gezahlt wird. Ebenso Sachzuwendungen, z.B. in Form einer wertvollen Uhr, Reisen etc. Auch diese müssen offengelegt werden. Gerade bei Finanzdienstleistern, die nicht bilanzieren, fallen Provisionsabrechnung und Geldeingang oft nicht periodengerecht an. Wenn beispielsweise die Geldzuflüsse höher sind als die Provisionsabrechnungen des Prüfjahres ausweisen, ist zu prüfen, ob tatsächlich höhere Provisionen geflossen sind oder es möglicherweise Geldzuflüsse aus dem Vorjahr sind. Dann wäre alles in Ordnung.

FundResearch: Wie lange dauert so ein Prüfungsprozess? Wie hoch ist der zeitliche Aufwand?

Juretzek: Das hängt davon ab, wie der Berater die Unterlagen vorbereitet hat. Es gibt billige Prüfungsangebote im Markt, bei denen auf die Vor-Ort-Prüfung des Geschäftsbetriebes verzichtet wird – ist so vom Gesetzgeber aber nicht vorgesehen – der Berater dafür aber alles in elektronischer Form liefern muss. Das heißt, er ist erst mal damit beschäftigt, seine Kundenakten einzuscannen. Er spart zwar die Reisekosten, die der Prüfer in Rechnung stellen würde, wenn er vor Ort prüft. Er vertut aber seine eigene Arbeitszeit mit Scanarbeiten, die er möglicherweise besser nutzen könnte. Denn die zugesandten Dokumente müssen so oder so durchgesehen werden. Und wenn Fragen auftauchen, kostet der Klärungsprozess sogar mehr Zeit. Das hat auch schon mancher erlebt, der auf die Lockangebote hereingefallen ist, und dann eine gepfefferte Rechnung erhalten hat, weil es halt doch Klärungsbedarf gab. Ohnehin ist es fraglich, ob der allenthalben von einigen Pools werblich herausgestellte elektronisch perfektionierte Prüfprozess, das hält was versprochen wurde. Nach meinen Erfahrungen spart dieser Weg kaum Zeit für den Prüfer, wenn man es wirklich korrekt macht.

FundResearch: Sie glauben das nicht?

Juretzek: Ich kann es nicht nachprüfen, mir aber eigentlich nicht vorstellen, dass das alles fehlerfrei und vollständig ist. Das was der komplette Prüfprozess erfordert, kann nur dann maschinell erledigt werden, wenn alle Daten vollständig (inkl. der Buchhaltung) auf dem Zentralrechner liegen. Natürlich kann ich als Prüfer ein Raster machen, anders geht es ja nicht, aber das muss je nach Fall angepasst werden. Darin steckt viel Individualität. Der § 18 FinVermV beispielsweise schreibt vor, dass individuelle Begründungen geliefert werden müssen. Wie soll das denn technisch funktionieren? Es sei denn, die Produktempfehlungen werden nicht individuell – wie gesetzlich gefordert – sondern standardisiert und möglicherweise ohne ordnungsgemäße Geeignetheits- und Risikotragfähigkeitsprüfung begründet. Ich bin gespannt, ob die Aufsichtsbehörden die Unterschiede und Knackpunkte werden erkennen können und wie sie darauf reagieren.

FundResearch: Welche Knackpunkte?

Juretzek: Die weit überwiegende Zahl der Berater stützt sich auf Datenerfassungsbögen und Beratungsprotokollformulare, sei es offline oder online. Er vertraut auf die Richtigkeit, weil ihm gesagt wird, das sei alles rechtlich geprüft. Wenn es ihm aber bei einem Online-System ermöglicht wird, beispielsweise bei einer Beratung die Geeignetheitsprüfung abzuwählen, dann ist das ein schwerwiegender Mangel.

FundResearch: Warum sollte er das tun? Er weiß doch, dass er diese Prüfung braucht.

Juretzek: Das ist die Frage, ob er das weiß. Wer hat schon mal die FinVermV durchgelesen? Wenn man das nicht getan hat und man die Produktvermittlung zum Abschluss bringen möchte, dann glaubt man eben dem Poolrechner.

FundResearch: Und wer haftet, wenn etwas schiefgeht?

Juretzek: Selbstverständlich der Berater. Er könnte zwar versuchen, Rückgriff zu nehmen. Aber die Plattform sagt natürlich: „Lieber Berater, du hast dich selber darum zu kümmern, dass alles den Regeln entspricht". Das trifft so zu; der Berater ist gegenüber dem Kunden und der Aufsicht verantwortlich.

FundResearch: Gut, die einschlägigen Regeln wurden aber auf vielen Vortragsveranstaltungen, in den einschlägigen Finanzmagazinen und in Terminen mit Beratern rauf- und runtergepredigt, oder?

Juretzek: Ich habe vor kurzem einen Vortrag vor Führungskräften gehalten und gefragt, wer die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) besitzt. Das waren keine zehn Prozent. Und noch weniger haben sie gelesen. Das gleiche Ergebnis konnte ich im vergangenen Jahr auf Veranstaltungen quer durch Deutschland feststellen. Das ist das große Problem der Branche. Und letztlich ist das auch das Problem der Prüfpflicht, denn das Thema wird nicht ernst genommen. Nach dem Motto: Das soll doch mein Steuerberater für kleines Geld mal eben mitmachen; geht aber nicht.

FundResearch: Welchen zeitlichen Aufwand muss der Berater den letztlich kalkulieren?

Juretzek: Bei einer Prüfung vor Ort, spart der Berater Zeit. Er erhält vorab eine Checkliste, welche Dokumente und Unterlagen zur Verfügung stehen sollen, die nach der FinVermV zu prüfen sind. Er muss also im Vorfeld nicht kiloweise Papiere kopieren oder einscannen. Ich nehme z. B. Einblick in die Kundenakten. Daraus erkennt man sehr schnell, ob ein ordnungsgemäßer Geschäftsbetrieb geführt wird. Damit ist auch sofort erkennbar, ob die Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten erfüllt sind. Das Gleiche gilt für die Vertriebsvereinbarungen, Provisionsabrechnungen, Einnahmekonten uns so weiter.

FundResearch: Wie hoch sind die Kosten für die Berater?

Juretzek: Es beginnt bei ca. 500 Euro und ist abhängig vom Umfang des Geschäftsbetriebes, also der im Berichtsjahr durchgeführten Beratungen und Vermittlungen. Das ist aber ehrlich gesagt ein Good-Will-Einstiegsangebot. Gerade bei der ersten Prüfungen ist der Zeitaufwand relativ hoch. Insbesondere die Prüfung ob eine Geeignetheits- und eine Risikotragfähigkeitsprüfung im Rahmen der Anlageberatung durchgeführt wurde, ist in der überwiegenden Zahl der Fälle sehr zeitaufwändig, weil dies nicht sofort aus dem Beratungsprotokoll ersichtlich ist und deshalb aus den Kundenakten ermittelt werden muss, ob diese sehr wesentlichen Verpflichtungen des § 16 FinVermV erfüllt wurden.

FundResearch: Also ist davon auszugehen, dass die Prüfungen im Laufe der nächsten Jahre eher teurer werden?

Juretzek: Das wird man sehen. Es hängt sicher von den Aufsichtsbehörden ab: Nehmen sie auch „Schmalspurprüfungen“ hin oder haken sie nach, wenn ihnen Prüfberichte zu dürftig erscheinen. Es hängt letztlich auch von der Fähigkeit der Aufsichtsbehörden ab, zu erkennen ob die Angaben des Prüfers plausibel sind oder nicht, sofern mögliche Widersprüche nicht offenkundig sind.

FundResearch: Wie ist da Ihre Erfahrung? Haben die Behörden sich schon ausreichend damit beschäftigt?

Juretzek: Ja, schon. Gerade die Frankfurter und auch die Münchner IHK sind sehr aktiv und tauschen sich aus, wie so ein Prüfbericht aussehen muss. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IdW) hat einen entsprechenden Standard (Other OTC: SNDH - Nachrichten) dafür entwickelt der knapp 30 Seiten umfasst. Die Prüfanforderungen sind umfangreich. Selbst Marketingmaßnahmen und die verwendeten Anlegerinformationen sind auf die Einhaltung der Regularien zu prüfen. Das macht auch vor Einsichtnahmen in die Privatkonten nicht Halt, wenn ein Anlass hierfür besteht. Ganz besonderes zu prüfen sind die Beratungsprotokolle. Wie bereits erwähnt, ist in den meisten Fällen direkt keine saubere Risikotragfähigkeitsprüfung erkennbar. Das lässt sich bei Bestandskunden über den Weg der Prüfung der Historie aus den Kundenakten retten, ob hieraus die finanzielle Risikosituation der Kunden abgeleitet werden konnte und das Beratungs-/Vermittlungsergebnis plausibel ist. Also habe ich als Prüfer mehr Arbeit, nachzuvollziehen, ob die erforderlichen Informationen eingeholt und bewertet wurden. Nochmal zurück zu den Kosten: wenn solch rudimentäre Beratungsdokumentationen vorliegen, steigt der Zeitaufwand für die Prüfung erheblich und in der Folge die Kosten. Das ist aber Sinne des Beraters. Sonst wären gegebenenfalls wesentliche Mängel zu bescheinigen. In welcher Form die Aufsicht jetzt in der ersten Prüfrunde damit umgehen wird, muss abgewartet werden; ob nur Verwarnungen ausgesprochen oder bereits Ordnungsgelder verhängt werden?

FundResearch: Aber das kann doch auch kein Dauerzustand sein.

Juretzek: Natürlich nicht. Die Finanzberater müssen jetzt endlich mal eine grundlegende Zusammenstellung der erforderlichen Kundendaten, z. B. in Form einer Finanzanalyse oder Finanzplanung für den Kunden, erstellen. Das Ganze ist dann auch für den Prüfer leichter nachvollziehbar. Denn der Prüfer muss erkennen können, dass eine ordnungsgemäße Durchführung des Beratungsprozesses vorliegt. Nebenbei bemerkt, wie das bei einer reinen „Online-Prüfung“ sachgerecht gehen soll, ist wohl fraglich, wenn nicht der Finanzdienstleistungsbetrieb dem Prüfer anderweitig bekannt ist. Das Ganze ist aber ein Prozess, der sich derzeit entwickelt.

FundResearch: Ein Prozess, der wohin führt?

Juretzek: Er sollte dahin führen, dass der Berater endlich akzeptiert, dass neue Regeln gelten und ein Beratungsprozess bei jedem Kunden zum Einsatz kommt, der nachvollziehbar ist. Manchmal sind das nur Kleinigkeiten, die aber haftungs- und/oder ordnungsrechtlich eine große Wirkung haben können.

(PD)