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Bis 2060 könnten dem Staat 140 Milliarden Euro fehlen

Die Staatsfinanzen befinden sich mittelfristig in großer Schieflage. Denn der Staat hat durch den demographischen Wandel und politische Maßnahmen immer höhere Ausgaben.

ARCHIV - ILLUSTRATION, 10.01.2018, Brandenburg, Sieversdorf: Viele Eurobanknoten liegen in einem Briefumschlag auf einem Tisch. Die schwarz-rote Regierung von Sachsen tritt am Mittwoch (15.00 Uhr) in Chemnitz zur abschließenden Haushaltsklausur zusammen. (zu dpa «CDU/SPD-Koalition geht in Haushaltsklausur - Ergebnisse am Freitag» vom 20.06.2018) Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: dpa

Einmal in der Wahlperiode steht das Bundesfinanzministerium vor einer höchst unangenehmen Aufgabe. Das Haus muss den sogenannten „Tragfähigkeitsbericht“ erstellen. Dieser zeigt, wie nachhaltig die Staatsfinanzen mittelfristig aufgestellt sind. Die Analyse ist damit so etwas wie der ultimative Leistungsnachweis, wie sauber eine Regierung wirtschaftet.

Die vergangenen beiden Berichte 2011 und 2016 waren Ausdruck des Schreckens. Wer sie las, fühlte sich bei der Zukunft Deutschlands an die vergangene Schuldenkrise Griechenlands erinnert. Und beim neuen Bericht ist es nicht anders.

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Zwar versucht das Bundesfinanzministerium, den neuen Tragfähigkeitsbericht in gutem Licht darzustellen. Die Analyse sei eine Bestätigung der eigenen Finanzpolitik, da die Prognosen für die Schuldenstände deutlich gesunken seien, heißt es in Regierungskreisen. Doch in Wahrheit sind die Haushaltslücken noch größer geworden – und das trotz Dauerwachstum, Rekordbeschäftigung und Rekordüberschüssen, was selbst die Beamten im Finanzministerium überrascht hat.

Die Koalition hat also trotz der anstehenden demografischen Herausforderung der nächsten Generation weitere Lasten aufgebürdet – weshalb die notwendigen Einschnitte noch höher sind. Im Bericht haben Ökonomen zwei Szenarien für die Entwicklung der Staatsfinanzen bis 2060 durchgerechnet – eines mit besonders vorteilhaften und eines mit besonders nachteiligen Annahmen.

Im schlechten Fall beträgt die Haushaltslücke von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung bis 2060 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das entspricht 140 Milliarden Euro. Im positiven Szenario fällt das Minus geringer aus, liegt aber immer noch bei 1,5 Prozent oder 50 Milliarden Euro.

Im schlimmsten Fall könnte der Staatshaushalt schon 2025 ins Minus drehen. Bis 2060 steigt das Defizit in dieser ungünstigen Variante auf fast 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), im günstigen Fall wären es noch immer fünf Prozent.

Wesentlicher Grund dafür sind steigende Ausgaben im Zusammenhang mit der sich veränderten Demografie. In diesem Jahrzehnt geht die Generation der „Baby-Boomer“ in Rente, aufgrund der geringeren Geburtenrate rücken gleichzeitig nur wenige junge Arbeitskräfte nach. Die demografiebedingten Ausgaben nehmen so von derzeit 25,7 Prozent des BIP auf im günstigsten Fall 29,2 Prozent im Jahr 2060 zu, im pessimistischen Szenario wären es 32,9 Prozent.

Schulden könnten sich verdreifachen

Die hohen Defizite führen zwangsläufig zu höheren Schuldenständen. Derzeit sinken die Schulden Deutschlands gemessen am BIP in Richtung 50 Prozent. Im Negativszenario würden sie sich bis 2060 auf 180 Prozent mehr als verdreifachen. In der Positivprognose steigt der Schuldenstand dagegen auf nur 75 Prozent.

Diese Zahlen wertet die Bundesregierung als Erfolg. Verglichen mit den Projektionen aus 2011 dauere es nun bis zum Jahr 2054 und damit 24 Jahre länger, bis die 60-Prozent-Schuldenmarke wieder erreicht würde. Und selbst im ungünstigen Szenario sei für 2040 maximal mit der Hälfte der Schuldenstandsquote (64 Prozent) zu rechnen als noch in der Projektion von vor neun Jahren, als ein Schuldenstand von 136 Prozent ermittelt wurde.

Allerdings ist dies nicht der vorausschauenden Finanzpolitik zuzuschreiben, sondern den neuen Annahmen im Bericht zum Zinsniveau. Die Ökonomen gehen jetzt davon aus, dass die Zinsen bis 2030 auf dem heutigen Tief bleiben und erst danach wieder steigen werden. Weil das so ist, muss der Staat viel, viel weniger an Zinsen für neue Schulden veranschlagen als in den vorigen Analysen.

Diesem Umstand allein ist es zu verdanken, dass die Projektionen für die Schuldenstände inzwischen moderater ausfallen. Die Politik der Großen Koalition dagegen hat laut Ökonomen dazu beigetragen, die mittelfristigen Haushaltslücken zu vergrößern, insbesondere die höheren Ausgaben für Mütterrente, das Pflegestärkungsgesetz III oder die Rente mit 63.

Tritt das ungünstige Szenario ein, müsste die Regierung über fünf Jahre verteilt jährlich 30 Milliarden Euro aufbringen, im günstigen Fall wären es laut Bericht immer noch zehn Milliarden. Und das nicht in ferner Zukunft, sondern im Laufe dieses Jahrzehnts.

Allein mit Sparrunden wird das nicht zu schaffen sein. Ökonomen plädieren deshalb für mehr Zuwanderung, mehr Frauen in Vollzeitjobs und eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. Und daneben sollte sich die Politik an eine eigentlich immer richtige Maxime halten: sich bei jeder strukturellen Ausgabe zu überlegen, ob sie wirklich notwendig ist.