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2021 wird für die Autoindustrie noch schwerer als das Coronajahr

Auslaufende Staatshilfen, eine schwache Nachfrage und die Transformation zur Elektromobilität lasten auf den Margen von VW, BMW und Daimler. Bis zu 73.000 Jobs könnten wegfallen.

Der Autoabsatz in Deutschland dürfte sich 2021 nicht komplett von der Coronakrise erholen. Foto: dpa
Der Autoabsatz in Deutschland dürfte sich 2021 nicht komplett von der Coronakrise erholen. Foto: dpa

2020 war für die deutsche Autoindustrie ein Horrorjahr. Wer sich in der Coronakrise um Job und Gesundheit sorgt, hat anderes im Sinn, als sich einen Neuwagen zu kaufen. Der Gewinn von Volkswagen und Daimler brach folglich von Januar bis September um 85 Prozent ein.

Dennoch ist die ganz große Katastrophe für die Fahrzeugbranche ausgeblieben. Die Lieferketten haben gehalten, viele drohende Insolvenzen konnten abgewendet werden, und der Absatz zog im Laufe des Jahres wieder merklich an. Die Aussicht auf ein baldiges Ende der globalen Seuche infolge von Massenimpfungen beflügelt die Börsenkurse. Experten warnen aber davor, zu euphorisch nach vorn zu blicken.

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„Anders als von vielen Menschen angenommen, wird 2021 für die Autohersteller viel größere Herausforderungen bringen als dieses Jahr“, sagt Fabian Brandt, Partner bei Oliver Wyman. Die Gründe dafür sind laut dem Branchenkenner mannigfaltig. „Viele Märkte, vor allem in Südeuropa, schwächeln auch weiterhin. Dazu kommt der beschlossene Brexit.“ Die Investitionen in eigene Softwareplattformen, das autonome Fahren und eine Armada an neuen Stromautos verschlingen Milliarden.

2021 wird die Vielfalt an Elektrofahrzeugen und Plug-in-Hybriden von weniger als 70 auf mehr als 80 Modelle ansteigen. Der Absatz der Stromer dürfte nicht zuletzt durch die größere Auswahl im kommenden Jahr allein in Deutschland um ein Drittel zulegen – auf 480.000 Einheiten.

„Die geringe Rendite von Elektroautos wird Bremsspuren in den Bilanzen der Unternehmen hinterlassen“, gibt Brandt allerdings zu bedenken. Darüber hinaus laufen staatliche Hilfen wie Kurzarbeit und Mehrwertsteuersenkung „perspektivisch aus“, was die Margen der Hersteller und ihrer Zulieferer ebenfalls belasten wird. „Wir müssen für die Industrie mit härteren Jahren rechnen“, schlussfolgert Brandt.

Auch Ferdinand Dudenhöffer ist eher pessimistisch. Der Leiter des Center Automotive Research (CAR) geht davon aus, dass es noch Jahre dauern wird, bis der Pkw-Absatz wieder das Vorkrisenniveau erreicht. Seinen Berechnungen zufolge ist der Weltautomarkt 2020 auf 68 Millionen Fahrzeuge eingebrochen. Das entspricht einem Minus von rund 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In Europa fielen die Erschütterungen aber teils weit heftiger aus. Hoffnung auf schnelle Besserung gibt es kaum.

Zwar dürfte der globale Pkw-Absatz in den kommenden beiden Jahren wieder anziehen und auf 71,5 Millionen Einheiten im Jahr 2021 und fast 75 Millionen Einheiten 2022 steigen. Aber das Wachstum kommt vor allem aus Ländern in Asien. Der Erholungsprozess in Europa dürfte dagegen deutlich langsamer vonstattengehen. Bis 2023 werde sowohl die Pkw-Produktion als auch der Absatz in der EU unter dem Niveau vor dem Corona-Schock liegen.

Dudenhöffer erwartet daher einen „weiteren Abbau von Produktionskapazität und Arbeitsplätzen“. Konkret geht der CAR-Direktor davon aus, dass bis Ende 2021 bis zu 73.000 Jobs in Deutschland wegfallen könnten. Die Anzahl der Menschen, die hierzulande in der Autoindustrie arbeiten, könnte folglich von aktuell etwa 823.000 auf 750.000 Beschäftigte schrumpfen.

„Dabei sind die Zulieferer deutlich stärker betroffen als die Autobauer, denn der Wechsel in die Elektromobilität bereitet den klassischen Zulieferern mit ihren zum Teil hohen Umsätzen in verbrennungsmotorischen Komponenten große Umsatzverluste, die auch in den nächsten zehn Jahren kaum ausgeglichen werden können“, erläutert Dudenhöffer.

Der Autoprofessor kritisiert, dass viele Zulieferer zu spät auf die sich abzeichnende Antriebswende reagiert hätten. Nun ist der Schaden groß. Auch weil viele deutsche Zulieferer vor allem auf den europäischen Automarkt fokussiert sind. Sie spüren den Nachfrageschock infolge der Pandemie daher besonders stark. Die großen heimischen Autobauer kommen dagegen noch vergleichsweise glimpflich durch die Krise, da sie dank ihrer starken Präsenz in Fernost die herben Rückgänge im Westen abfedern können.

Asiatische Epoche für die Autoindustrie, Dürre in Deutschland

Dudenhöffer glaubt, die Post-Pandemie-Ära entwickle sich zur asiatischen Epoche. Insbesondere China werde in den nächsten Jahren „erneut die Lokomotive für die Weltautomärkte sein“, während in Deutschland eine „Dürrezeit“ drohe. 2022 dürften bereits rund 45 Prozent aller Neuwagen in Asien verkauft werden – das wären fast fünf Prozentpunkte mehr als 2019. „Ohne stärkere Verbindung und Abkommen mit Asien werden Deutschland und Europa in der Autoindustrie zu Verlierern“, fürchtet Dudenhöffer.

Was passiert, wenn ein Hersteller in China gar nicht präsent ist, zeigt Opel. Der Absatz der Rüsselsheimer ist von Januar bis Oktober um 40 Prozent eingebrochen. Die anderen drei großen deutschen Autobauer konnten ihr Absatzminus dagegen deutlich eindämmen. Der Grund: Daimler verkauft mittlerweile 36 Prozent seiner Pkws in China. Beim Erzrivalen BMW liegt der China-Anteil bei etwa einem Drittel, und VW setzt sogar fast 42 Prozent seiner Pkws in Fernost ab.

Die zunehmende Abhängigkeit von der Volksrepublik birgt zwar ebenfalls eine Reihe von Gefahren – vom Technologieklau bis zu willkürlicher politischer Einflussnahme. Noch riskanter wäre es allerdings, den weltgrößten Automarkt gänzlich zu ignorieren. Gemischt fällt die langfristige Perspektive auch für die Fahrzeugindustrie in Deutschland aus.

„Hochinnovative und gut finanzierte Player werden zu den Siegern gehören, für andere Anbieter sieht es möglicherweise schlecht aus“, konstatiert Fabian Brandt von Oliver Wyman. Die Autohersteller würden jetzt den Grundstein für eine neue Industriestruktur legen, beobachtet der Branchenkenner.

Der Verbrenner werde analog zur „Bad Bank“ ins Ausland verlagert. Zukunftsträchtige Produkte rund um die Elektromobilität siedeln die Unternehmen dagegen verstärkt in der Heimat an. Das verspricht einerseits positive Aussichten. Andererseits könne die hohe Jobintensität im Stromzeitalter nicht mehr aufrechterhalten werden – „mit Konsequenzen für viele Arbeitsplätze in der Branche“, betont Brandt.