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20 Jahre Infineon: Keine Party zum runden Geburtstag

Keine Reden, keine Party, keine Geschenke: An diesem Montag wird Infineon 20 Jahre alt. Bei Deutschlands größtem Halbleiterhersteller ist es ein Arbeitstag wie jeder andere. Es seien keine Veranstaltungen zu dem runden Geburtstag geplant, teilte der Dax-Konzern auf Anfrage mit.

Dabei hätten sie in der weitläufigen Zentrale in Neubiberg im Süden von München durchaus Grund zu feiern. Momentan läuft das Geschäft zwar etwas mau, vergangene Woche musste Vorstandschef Reinhard Ploss die Jahresprognose zurücknehmen.

Trotzdem: Es ist alles andere als selbstverständlich, dass der Chipproduzent zwei Jahrzehnte nach der Trennung von Siemens überhaupt noch existiert. Ein Blick zurück zeigt: Es hat nicht viel gefehlt und heute würde sich dann wohl kaum mehr jemand an die Firma erinnern.

„Infineon ist kerngesund“, rief Ploss den Aktionären diesen Februar auf der Hauptversammlung zu. Niemand widersprach dem 63-Jährigen. Im Gegenteil, gerade weil es Infineon so gut gehe, sei eine höhere Dividende gerechtfertigt, forderte Markus Golinski von Union Investment.

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Ein riesiger Kontrast zur Hauptversammlung vor zehn Jahren: Damals war Infineon fast am Ende. „Unser Unternehmen ist angeschlagen, und Rettung ist nicht in Sicht“, klagte zu jener Zeit der Vertreter der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger. Die Speicherchip-Tochter Qimonda hatte Insolvenz angemeldet, der Konzern flog aus dem Dax, der Aktienkurs stürzte auf 34 Cent. Infineon galt als Pleitekandidat.

Von 2006 bis 2009 verbrannte die Firma mehr als fünf Milliarden Euro. In letzter Minute konnte der damalige Vorstandschef Peter Bauer das Aus mit einer Kapitalerhöhung abwenden.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Infineon bewegte Jahre hinter sich. Der damalige Siemens-Chef Heinrich von Pierer hatte gute Gründe, sich Ende der 90er-Jahre von seiner Halbleitersparte zu trennen. 1998 hatten die Chips einen operativen Verlust von gut 1,6 Milliarden Euro eingefahren, bei einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro. Das Geschäft schwankte gewaltig, für die nächsten Jahre standen große Investitionen in Werke und neue Technologien an.

Als Rennfahrer aufs Parkett

Zudem war es die Zeit, in der die Investoren den Emittenten die Aktien nur so aus den Händen rissen, rote Zahlen galten als chic. Die Anfangszeit war denn auch glamourös. Der erste Vorstandsvorsitzende Ulrich Schumacher fuhr beim Börsengang im Frühjahr 2000 im Rennanzug mit einem Porsche in Frankfurt vor. Im ersten vollen Geschäftsjahr schoss der operative Gewinn auf 1,6 Milliarden Euro in die Höhe.

Der für seinen selbstherrlichen Stil gefürchtete Schumacher flog vier Jahre später raus. Es begann eine Phase jahrelanger, tief greifender Umstrukturierungen, in der sich die Münchener von großen Teilen des Geschäfts trennten, erst von den Speicherchips, die sie unter dem Kunstnamen Qimonda an die Börse brachten, dann von der Kommunikation.

Gleichzeitig fokussierte Bauer den Konzern auf aussichtsreiche Kernbereiche: Chips für die Stromversorgung, sogenannte Leistungshalbleiter, stehen seither im Zentrum. Darüber hinaus hat Infineon Sicherheitschips im Angebot und ein besonderes Augenmerk auf die Autobranche. Mit dieser Mischung ist Infineon heute erfolgreich.

Andere ehemalige Siemens-Sparten hatten weniger Glück. Zeitgleich mit Infineon trennte sich von Pierer von Epcos, dem Geschäft mit passiven elektronischen Bauelementen, und brachte den Bereich an die Börse. Zwei Jahre lang waren Epcos und Infineon zusammen im Dax.

Schon Ende 2002 stieg Epcos aus dem Börsenoberhaus ab. Als Siemens 2006 seine letzten Epcos-Aktien verkaufte, nahmen davon nur noch Insider Notiz. Drei Jahre später ging die Firma im Elektronikkonzern TDK auf.

Damit waren die Epcos-Mitarbeiter noch gut bedient. Spektakulär war die Pleite der früheren Handysparte, die unter dem neuen Eigentümer BenQ nur ein Jahr überlebte. Die Schnurlos-Telefone von Gigaset gibt es zwar noch, doch auch diese einstige Siemens-Sparte hat zu kämpfen. Und die frühere Licht-Division Osram enttäuscht derzeit mit einem schwachen Geschäft die Aktionäre.

Unerreichte Rekorde

Infineon hat indes einen festen Platz im Dax ergattert. Der Kurs hat sich seit dem Tiefpunkt 2009 vervielfacht. Mit derzeit rund 17,60 Euro kommen die Papiere freilich nach wie vor bei Weitem nicht an den Ausgabekurs von 35 Euro heran.

Bis heute hat es Infineon zudem nicht geschafft, den Rekordumsatz von 2006 von knapp acht Milliarden Euro zu übertreffen. Noch zu Jahresbeginn hatte Ploss versichert, dass der Umsatz dieses Geschäftsjahr von 7,6 auf gut 8,2 Milliarden klettern werde.

Am Mittwoch kassierte er das Versprechen, es werden wohl nur acht Milliarden, das entspricht einem Plus von gut fünf Prozent. Der Grund: In China läuft das Geschäft mit der Autobranche nicht wie geplant.

Damit steht Infineon noch recht gut da. Der Branchenverband World Semiconductor Trade Statistics rechnet für das laufende Jahr mit rund drei Prozent weniger Umsatz weltweit. Intel, der weltweit bekannteste Chiphersteller, erwartet einen Zuwachs von nur gut einem Prozent.

In Schwierigkeiten wird Infineon deshalb sicher nicht kommen. Die operative Marge soll solide 16 Prozent erreichen. Der Chipproduzent wachse immer noch stärker als die Konkurrenz, urteilte Andreas Schaller von der Deutschen Bank am Freitag. Sebastien Sztabowicz von Kepler Cheuvreux ist überzeugt, dass Infineon in den kommenden Monaten die Halbleiter-Konkurrenz hinter sich lassen wird. Eigentlich ein Grund, zum 20. Geburtstag einmal anzustoßen.