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12,20 Euro statt nur den Mindestlohn

In der Bauwirtschaft wird deutlich mehr gezahlt als der gesetzliche Mindestlohn von 8,84 Euro. Bis Mitternacht stand dieses Privileg auf der Kippe. Schließlich haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften doch geeinigt.

Um Mitternacht konnten die Arbeiter auf deutschen Baustellen aufatmen. Nach 14-stündigen Gesprächen einigten sich die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) und die beiden Arbeitgeberverbände der Branche in der Nacht zu Mittwoch auf einen neuen Bau-Mindestlohn. „Die Verhandlungen standen mehrfach vor dem Scheitern“, sagte IG-BAU-Verhandlungsführer Dietmar Schäfers. „Das hätte ab 1. Januar einen Mindestlohn von 8,84 Euro bedeutet.“

Wie in einem guten Dutzend anderer Wirtschaftszweige auch gilt in der Bauwirtschaft ein Branchenmindestlohn. Er wurde schon 1997, kurz nach Inkrafttreten des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, erstmals vereinbart. Die Regelung zielte damals vor allem darauf ab, einheimische Bauarbeiter vor aus dem Ausland entsandten Billigarbeitskräften zu schützen – und deutsche Unternehmen vor ausländischen Konkurrenten, die mit Dumpinglöhnen die Preise kaputtmachen. Da der Bau-Mindestlohn von der Bundesregierung für allgemeinverbindlich erklärt wurde, gilt er auch für nicht tarifgebundene Unternehmen und für aus dem Ausland entsandte Arbeiter.

Der noch bis zum Jahresende laufende Tarifvertrag sieht in Westdeutschland eine Lohnuntergrenze von 11,30 Euro für einfache Bau- und Montagearbeiten (Lohngruppe 1) vor. Fachwerker, Maschinisten oder Kraftfahrer, die nach Anweisung Spezialtätigkeiten ausüben – etwa Asphaltieren oder Verfugen –, haben Anspruch auf 14,70 Euro pro Stunde, in Berlin sind es 15 Cent weniger. In Ostdeutschland gilt ein einheitlicher Mindestlohn von 11,30 Euro.

Nach der Einigung steigt der Mindestlohn für Hilfsarbeiter nun ab Januar 2018 bis März 2019 in zwei Schritten auf 12,20 Euro, was nach Angaben der Arbeitgeber einer jährlichen Erhöhung von rund vier Prozent entspricht. Für Facharbeiter klettert die Untergrenze in Westdeutschland um rund 1,7 Prozent pro Jahr auf 15,20 Euro, in Berlin auf 15,05 Euro. Der Tarifvertrag läuft bis Ende 2019.

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„Der nach schwierigen Diskussionen gefundene Kompromiss trägt der guten Baukonjunktur Rechnung und stärkt zugleich die Attraktivität der Baubranche für Nachwuchskräfte und sichert die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Bauunternehmen gegenüber europäischen Mitbewerbern“, sagte Andreas Schmieg, Vizepräsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie und Verhandlungsführer der Arbeitgeber. So gehen die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute und die Bundesregierung in ihren Herbstprojektionen von einer weiter florierenden Baukonjunktur aus.

Dennoch konnte die Gewerkschaft eine ihrer Hauptforderungen, den höheren Branchenmindestlohn für Facharbeiter auch in Ostdeutschland wieder einzuführen, nicht durchsetzen. Erreicht hat die IG Bau dagegen ihr Ziel, den Mindestlohn für Helfer auf 80 Prozent des Facharbeiterniveaus zu heben. Auch die Forderung der Arbeitgeber, den höheren Mindestlohn für Facharbeiter auch in Westdeutschland abzuschaffen, wurde abgewehrt. „Mit diesem Ergebnis haben wir einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des fairen Wettbewerbs und fairer Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten am Bau erzielt“, kommentierte IG-BAU-Verhandlungsführer Schäfers das Ergebnis.


In der Fleischwirtschaft wird noch verhandelt

Die Sozialpartner wollen zudem eine Expertengruppe mit der Prüfung beauftragen, wie sich die Einhaltung des höheren Mindestlohns für Facharbeiter künftig besser kontrollieren lässt. Die Arbeitgeber hatten ihn während der Verhandlungen als „Feigenblatt“ bezeichnet, weil der Zoll vor allem bei aus dem Ausland entsandten Bauarbeitern gar nicht wirksam kontrollieren könne, ob sie wirklich als Fachkräfte einzustufen seien. Nach Angaben des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie bekommen etwa 200.000 von insgesamt knapp 800.000 Mitarbeitern im hiesigen Bauhauptgewerbe einen Mindestlohn.

Der jetzt vereinbarte neue Tarif muss noch vom Bundesarbeitsministerium für allgemeinverbindlich erklärt werden. Ohne die Einigung der Sozialpartner hätte zumindest für neue Arbeitsverhältnisse, die ab Januar kommenden Jahres geschlossen werden, nur noch der gesetzliche Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde gegolten.

Der Branchenmindestlohn ist auch vor dem Hintergrund der derzeit in der EU diskutierten Reform der Entsenderichtlinie interessant. Die EU-Kommission geht in ihrem Vorschlag vom Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ aus. Gestritten wird etwa darüber, ob aus dem Ausland entsandten Bauarbeitern nicht nur der Mindestlohn, sondern der Tariflohn gezahlt werden muss und sie auch Anspruch auf Vergünstigungen wie Zuschläge haben sollen. Vor allem osteuropäische Mitgliedstaaten laufen Sturm gegen die Pläne, weil sie ihren in niedrigeren Löhnen liegenden Wettbewerbsvorteil bedroht sehen.

Über einen neuen Branchenmindestlohn wird derzeit auch noch für die rund 165.000 Beschäftigten in der deutschen Fleischwirtschaft gerungen. Dort sieht der Tarifvertrag, der zum Jahresende ausläuft, einen Branchenmindestlohn von 8,75 Euro vor. Bis Ende 2017 erlaubt das Mindestlohngesetz Branchen mit allgemeinverbindlichen Tarifverträgen noch Abweichungen vom gesetzlichen Mindestlohn nach unten. Die Arbeitgeber hatten in der zweiten Verhandlungsrunde angeboten, den Branchenmindestlohn auf 8,90 Euro anzuheben – sechs Cent über der gesetzlichen Lohnuntergrenze. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) fordert eine Anhebung in maximal drei Stufen auf mehr als zehn Euro. Am 30. November wird in Hannover weiter verhandelt.

KONTEXT

Mindestlöhne in der EU - die Top 6

Platz 6

Mit einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro liegen die deutschen Beschäftigten auf Rang sechs aller EU-Staaten, die überhaupt einen solchen Mindestlohn eingeführt haben.

Quelle: Statista (Stand Januar 2017)

Platz 5

Die Iren erhalten pro Stunde 9,25 Euro garantiert.

Platz 4

In Belgien liegt der Mindestlohn bei 9,28 Euro.

Platz 3

Die Regierung in den Niederlanden hat einen Mindestlohn von 9,52 Euro festgelegt - Platz drei im EU-Vergleich.

Platz 2

Die Beschäftigten in Frankreich können mit einem Mindestlohn von 9,76 Euro pro Stunde rechnen.

Platz 1

Den höchsten gesetzlichen Mindestlohn pro Stunde erhalten die Beschäftigten in Luxemburg: 11,27 Euro.