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Der ORF überprüft sein Engagement bei Facebook. Der öffentlich-rechtliche Sender will nicht gratis zum Aufstieg des Konzerns beitragen.

Hinter vorgehaltener Hand hoffen die TV-Produzenten in Europa auf einen neuen und mächtigen Auftraggeber: Facebook. Das größte soziale Netzwerk der Welt mausert sich zunehmend zu einer Medienplattform. In den USA lässt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bereits eigene audiovisuelle Inhalte produzieren. Aus der Sicht der Produzenten scheint es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, wann auch in Europa die Aufträge aus dem kalifornischen Menlo Park ins Haus flattern.

Bei immer mehr Sendern schrillen angesichts dieses Strategiewechsels die Alarmglocken. Wird Facebook künftig neben Amazon und Netflix ein brandgefährlicher Konkurrent um das Publikum? Wie kann ein Sender darauf reagieren?

Längst machen ARD und ZDF immer stärker die internationalen Player aus den USA als Gegner aus. An erster Stelle steht dabei natürlich Google, an zweiter Stelle die US-Videoplattformen. Facebook hingegen wurde bislang von den Rundfunkoberen als großartige Möglichkeit begriffen, vor allem die Reichweite der Sender und der Fernsehformate zu verlängern und sich so neue Zielgruppen zu erschließen.

Die Wahrheit sieht freilich anders aus. Mit dem bedingungslosen und kostenlosen Weiterreichen von Inhalten legen sich die Fernsehsender ein Kuckucksei ins Nest. ARD und ZDF, aber auch die Privatsender RTL und Pro Sieben Sat 1 brüten nämlich einen Kuckuck aus, der den eigenen Zuschauernachwuchs aus dem Nest werfen wird. Mit ihren teuer bezahlten eigenen Inhalten verhelfen sie Facebook zu einem einzigartigen medialen und wirtschaftlichen Siegeszug.

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Die jüngsten Quartalszahlen des Konzerns haben alle Erwartungen übertroffen. Die Erlöse schnellten in den vergangenen drei Monaten um knapp die Hälfte auf fast 13 Milliarden Dollar hoch. Der Gewinn katapultierte sich um ein Fünftel auf über vier Milliarden nach oben. Rund ein Viertel des Marktes für mobile Werbung hat sich der Konzern von Mark Zuckerberg bereits gesichert und ist damit die Nummer zwei hinter Google. Tendenz steigend.

Ein Sender, der intern diskutiert, wie das Kuckucksei namens Facebook aus dem Nest geworfen werden kann, ist der österreichische ORF. Das größte Medienunternehmen der Alpenrepublik wird womöglich schon bald die Devise ausgeben: Facebook, nein danke.

Als ich den Online-Chef des Senders, Thomas Prantner, in Wien treffe, macht er aus den Überlegungen des mit Gebührengeldern und Werbung finanzierten Senders keinen Hehl. „Wir werden auch unser Engagement in Sachen Facebook überdenken – sowohl was die Promotion für Facebook in den ORF-Medien als auch was die Anzahl unserer Auftritte betrifft. Warum sollen wir mit unseren Inhalten dafür sorgen, dass ein börsennotierter Konzern aus dem Silicon Valley seine Werbeeinnahmen steigern kann?“, sagt der ehemalige Büroleiter des Fernsehmanagers Gerhard Zeiler.

Der 53-jährige ORF-Manager fordert als erster im Land eine Kehrtwende im Umgang mit Facebook, nachdem das soziale Netzwerk immer mehr Kurs auf Videoinhalte nimmt. Der ORF betreibt ähnlich wie ARD und ZDF so viele Facebook-Seiten, dass selbst Eingeweihte schon leicht den Überblick verlieren können. Diesen Wildwuchs zur Umsatz- und Gewinnsteigerung von Facebook will der ORF-Manager beseitigen.

Sollte der ORF mit seinem Vorhaben in Europa Schule machen, hätte das für Facebook durchaus ernste Folgen. Denn im Newsfeed von Facebook sollen künftig vor allem qualitative Medieninhalte erscheinen, die von den Mitgliedern des sozialen Netzwerkes geteilt werden. Gibt es aber weniger Inhalte der wichtigen Medienplattformen zu teilen, fehlen dem Newsfeed spannende und exklusive Inhalte.

Zuckerberg baut daher bereits vor. Das ist eine der Gründe, weshalb er künftig selbst Content – egal ob Entertainment oder Sport – generieren will. Denn auf die „nützlichen Idioten“ der anderen Fernsehsender wird sich Zuckerberg auf lange Sicht nicht verlassen können. Das hat der 33-jährige Multimilliardär schon begriffen.

Immer montags schreibt Handelsblatt-Korrespondent und Buchautor Hans-Peter Siebenhaar seine Sicht auf die Kommunikationswelt auf.