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Österreich-Chef Breitenecker sieht Facebook und Google als Bedrohung für Demokratie

Der Kapuzenpulli ist längst zu Markus Breiteneckers Markenzeichen geworden. Das Kleidungsstück steht für die Unangepasstheit des mittlerweile 49-jährigen Österreich-Chefs der Pro Sieben Sat 1 Media SE.

Der ehemalige Assistent der Medienlegende Rudi Clausnitzer hat seine ganz eigenen Vorstellungen, was die Zukunft der Branche angeht. In seiner Heimat ist er deshalb gefragter Experte für das Wirken der konservativ-rechtspopulistischen Koalition. Denn die Regierung unter Kanzler Sebastian Kurz will die Medienlandschaft in Österreich komplett neu ordnen.

Breiteneckers Appell lautet nun: Eine nationale Allianz gegen Facebook, Google und Amazon muss her. „Facebook und Google bedrohen nicht nur den Journalismus, sondern auch die Demokratie insgesamt“, warnt der Österreich-Chef des größten deutschen Fernsehkonzerns. „Sie halten sich nicht an Datenschutz, Urheberrecht, Pressegesetze und bekommen obendrein noch die Inhalte aus der hiesigen Medienbranche geschenkt. Das ist ein grotesker Zustand. Wir müssen endlich aufwachen“, postuliert der Leiter von Sendern wie Puls 4 und ATV in Wien.

Mit seiner Kritik an den Giganten aus dem Silicon Valley nimmt der TV-Pionier großen Einfluss auf die Regierung in Wien. Die Koalition bastelt derzeit an einer neuen Medienordnung, die vor allem heimische Unternehmen stärken soll.

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Zuletzt sprachen auf Einladung des Kanzleramts Springer-Chef Matthias Döpfner und Time-Warner-Manager Gerhard Zeiler in der Hauptstadt. Die ausländischen Konkurrenten werden genau hinhören, was Breitenecker sagt – und auch die Regierung in Wien aufmerksam beobachten.

Breitenecker ist seit zwei Jahrzehnten Chef von Pro Sieben in der Alpenrepublik. Der Magister der Jurisprudenz tritt für eine Allianz zwischen Privaten und ORF ein. Im Gegenzug fordert er Rundfunkgebühren für gemeinsame Innovationsprojekte, um den Wettbewerb mit den Internetgiganten besser aufnehmen zu können.

„Angesichts dieser Bedrohung muss das duale Rundfunksystem aus dem letzten Jahrhundert neu gedacht werden“, sagte der 49-Jährige. „Das öffentliche Geld, das gespart wird, indem die Öffentlich-Rechtlichen kein Gebührengeld mehr verwenden, um den Privaten im kommerziellen Unterhaltungs- und Sportbereich Konkurrenz zu machen, soll in gemeinsame private und öffentlich-rechtliche Innovationsprojekte fließen.“

Der Fernsehmanager wünscht sich einen „kreativen und mutigen Kampf gegen Google und Facebook“ und ergänzt: „Wir wollen die Monopole brechen und Wettbewerb erzeugen.“ Pro Sieben Sat 1 plädiert in Österreich für eine Umwidmung der Rundfunkgebühr in die Forschung und Entwicklung von europäischen Digitalangeboten wie soziale Netzwerke und Videoplattformen, um im Wettbewerb mit dem Silicon Valley wettbewerbsfähiger zu werden.

FPÖ will Rundfunkgebühr abschaffen

Breitenecker sieht wie das österreichische Kanzleramt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Partner und Ermöglicher. Noch ist nicht entschieden, wie Österreich mit dem ORF, dem größten Medienunternehmen im Land, umgehen wird. Geht es nach dem Willen der rechtspopulistischen FPÖ, wird die Rundfunkgebühr abgeschafft.

Das Verhältnis zwischen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache und ORF-Chef Alexander Wrabetz ist miserabel. Der auch in Deutschland angesehene ORF-Moderator Armin Wolf wurde in der Vergangenheit von dem einstigen Neonazi öffentlich angefeindet. Zuletzt hatte sich Strache für seine Ausfälle auf Facebook bei dem Anchorman entschuldigt.

Eine indirekte Beteiligung der privaten Konkurrenz an den ORF-Rundfunkbeiträgen lehnt Wrabetz unterdessen ab. Doch auch der langjährige ORF-Chef sieht die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit. Zuletzt hatte der ORF angekündigt, sich weitgehend mit seinen Inhalten von Facebook zurückziehen zu wollen. Eine Idee, die sich die Öffentlich-Rechtlichen aus der Sicht Breiteneckers bei ihm abgeschaut haben.

Dennoch freut er sich darüber. „Warum die Bestie mit Inhalten füttern, die uns fressen will?“, fragt der Professorensohn. Es sei absurd, die von Rundfunkgebühren finanzierten Inhalte an amerikanische Medien zu verschenken. Breitenecker will aber noch weiter gehen. Er fordert ein komplettes Facebook- und Youtube-Verbot für öffentliche Inhalte, um die Konkurrenz aus Kalifornien in der Alpenrepublik zu schwächen.

Eigentlich hat der Fernsehmanager für sein medienpolitisches Engagement kaum Zeit. 2017 erwarb der Österreich-Chef von Pro Sieben Sat 1 vom Münchener Medienunternehmer Herbert Kloiber die beiden österreichischen Privatsender ATV und ATV 2. Wirtschaftlich im kleinen TV-Markt Österreich eine harte Nuss. Der Sanierungskurs sei noch nicht geschafft, sagt Breitenecker, der 2017 zum Medienmanager des Jahres in seiner Heimat gewählt wurde.

Bereits seit 1998 ist Pro Sieben Sat 1 in Österreich präsent. Puls 4 wurde im Jahr 2007 gegründet. Über die Talkshows mit sämtlichen Spitzenpolitikern des Landes hat sich der Privatsender Ansehen erworben. Informationschefin Corinna Milborn gehört zu den populärsten Moderatoren im Land. Heute hat die Österreich-Tochter von Pro Sieben Sat 1 rund 500 Beschäftigte und ist nach eigenen Angaben das fünftgrößte Medienunternehmen der Alpenrepublik.

Breitenecker ist trotz der zwei Dekaden im Privatfernsehgeschäft ehrgeizig. „Er setzt sich und uns scheinbar unerreichbare Ziele, die wir öfter erreichen, als wir denken“, sagt Moderatorin Milborn über ihren Chef. Jeden Mittag bittet Breitenecker zu einem Meeting mit allen Mitarbeitern, die kommen wollen.

Damit er die Namen der wachsenden Zahl von Mitarbeitern nicht vergisst, hängt an der Wand seines schlichten Büros in einem Industriegebiet abseits des malerischen Zentrums von Wien eine große Tafel mit kreditkartengroßen Kärtchen. Darauf sind sämtliche Mitarbeiter mit Foto, Namen und Funktion abgebildet. Er liebe den Job, sagt der verheiratete Vater von Zwillingen mit dem Blick auf seine Bürowand. Bei allen Herausforderungen.