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Ölpreis fällt trotz Förderkürzung unter 50 Dollar

Der Ölpreis hat erstmals seit Ende November die 50-Dollar-Marke unterschritten. Grund sind hohe Rohöllagerbestände in den USA. Derweil erwägt die Opec eine Verlängerung ihrer Produktionskürzungen.

Die Botschaft der Internationalen Energieagentur (IEA) klingt unmissverständlich: Anleger am Ölmarkt sollten jetzt Ruhe bewahren und die Nerven behalten. Das Überangebot am Ölmarkt werde sich mit der Zeit schon ausgleichen, erklärte die IEA vor einer Woche in ihrem monatlichen Ölmarktreport. Den Investoren am Ölmarkt ist nun aber die Geduld ausgegangen. Seit zwei Wochen lösen sie ihre Wetten auf steigende Preise auf und drängen den Ölpreis in einen Abwärtssog. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent ist jetzt erstmals seit knapp vier Monaten unter 50 Dollar gefallen.

Allein am Mittwoch ist der Preis zeitweise um 2,5 Prozent gefallen. Der Grund: Laut der amerikanischen Energiestatistikbehörde EIA sind die Rohöl-Lagerbestände in den USA in der vergangenen Woche um fünf Millionen auf 533 Millionen Barrel gestiegen. Für die Märkte kam der Anstieg in diesem Ausmaß überraschend.

Seit zwei Wochen steht der Ölpreis unter Druck und hat seitdem rund zehn Prozent abgegeben. Zuvor hatte er sich nach der Einigung des Ölkartells Opec gemeinsam mit einigen Nicht-Opec-Staaten auf eine Förderkürzung seit Anfang Dezember stabil zwischen 53 und 55 Dollar gehalten. Investoren haben den Versprechungen zunächst vertraut und historisch viele Wetten auf steigende Preise abgeschlossen. Diese lösen sie nun auf.

„Noch immer machen sich die Opec-Produktionskürzungen nicht in einem Abbau der Rohöllagerbestände bemerkbar. Von daher ist es auch wenig verwunderlich, wenn die spekulativen Finanzanleger langsam die Geduld verlieren“, schreiben die Analysten der Commerzbank in einem Kommentar. Der Chef-Rohstoffstratege der Commerzbank, Eugen Weinberg, glaubt gar, dass der Preis bis zum Sommer wieder auf 40 Dollar fallen kann.

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Denn es sind nicht nur die Amerikaner, die ihre Lager weiter füllen. Laut dem IEA-Ölmarktbericht von vor einer Woche waren auch die Vorräte der OECD, also der wichtigsten Industriestaaten, im Januar auf ein Rekordhoch gestiegen. Im Februar rechnen die Ölmarktexperten zwar mit einem leichten Rückgang um fünf Millionen Barrel. Doch damit würden die Bestände weiter deutlich über dem Fünf-Jahres-Schnitt liegen.

Für die Opec ist es ein erklärtes Hauptziel, die Lagerbestände zu dezimieren, scheitert mit diesem Vorhaben aber bislang, auch weil die Schieferölunternehmen in den USA wieder verstärkt an den Markt zurückdrängen. Aktuell fördern die USA wieder mehr als neun Millionen Barrel Öl pro Tag und etwa so viel wie vor mehr als einem Jahr.

Will die Opec also eine deutliche Wirkung am Markt erzielen, muss sie wohl die Ende Juni auslaufende Förderkürzung verlängern. Der Chef des französischen Ölkonzerns Total sagte dem „Houston Chronicle“ auch schon wie lang: Damit sich ein Effekt zeige, müssten die Kürzungen schon mindestens ein Jahr, wenn nicht 18 Monate eingehalten werden. Von einer Verlängerung ist mittlerweile zwar schon die Rede. Doch mit einer Einigung ist wohl nicht vor Mai zu rechnen, nicht zuletzt weil die Opec sicher wieder darauf besteht, dass sich Nicht-Mitgliedsstaaten an dem Abkommen beteiligen.

Derzeit verpflichtet sich die Opec in dem Deal, 1,2 Millionen Barrel Öl täglich vom Markt zu nehmen. Elf weitere Ölproduzenten, darunter Russland und Mexiko, wollen ihrerseits auf 558.000 Barrel täglich verzichten. Während die Opec ihren Zusagen nachkommt, nicht zuletzt weil vor allem das größte Mitglied Saudi-Arabien seine Pflichten übererfüllt, hapert es bei den Nicht-Opec-Staaten aber noch an Disziplin. Gerade Russland, erfüllt seine Zusagen derzeit nur knapp zu einem Drittel. Erst bis Ende April werde Russland die 300.000 Barrel täglich vom Öl nehmen können, erklärte der russische Ölminister Alexander Nowak.

„Zusätzlichen Druck auf die Preise gibt es nach Äußerungen von Russland größtem Ölproduzenten Rosneft. Der Konzern äußerte sich skeptisch zum Kürzungsabkommen und seiner Verlängerung über Juni hinaus. Diese Streitpunkte werde sicher beim nächsten technischen Treffen der Opec Ende der Woche angesprochen“, schreiben die Ölstrategen von Citi. Nowak soll an diesem Treffen teilnehmen.

KONTEXT

Fragen und Antworten zum Ölpreis

Heftiger Absturz

Der Preis für Öl aus der Nordsee ist am Mittwoch unter 50 Dollar je Barrel (159 Liter) gefallen und notiert damit wieder auf dem Niveau von Ende November 2016. Was hinter der Preisentwicklung steckt und welche Folgen sich für die Wirtschaft ergeben könnten.

Warum fallen die Preise wieder?

In den USA feiert das Fracking ein Comeback. Die US-Ölindustrie pumpt derzeit wieder so viel Öl an die Oberfläche, wie vor einigen Jahren, als die Ölschwemme erstmals die Preise ins Rutschen brachte.

Ist Fracking nicht ein sehr kostspieliges Verfahren?

Ja und nein. Denn während des Preisverfalls der vergangenen beiden Jahre hat die Branche nicht geschlafen. In Texas und anderen US-Regionen sind die Förderkosten inzwischen teilweise so niedrig wie in Nahost. Der technische Fortschritt macht Fracking wieder profitabel. Machten US-Firmen vor einigen Jahren erst ab einem Ölpreis von 60 Dollar Profit, reichen ihnen inzwischen schon 30 Dollar.

Aber hat die Opec nicht eine Förderbremse beschlossen?

Ja, hat sie. Allerdings beteiligen sich daran neben den Mitgliedern des Kartells nur einige andere Exportländer wie Russland. Die USA machen nicht mit - dürften sie aus rechtlichen Gründe vermutlich auch gar nicht. In den USA ist die Ölindustrie zudem nicht staatlich organisiert wie in vielen anderen Förderländern.

Was macht die Opec jetzt?

Das ist unklar. Die Förderbremse gilt zunächst nur für das erste Halbjahr 2017. Eine Verlängerung der Vereinbarung ist Experten zufolge unwahrscheinlich, da einige Opec-Staaten oder Russland befürchten, Marktanteile zu verlieren. Andererseits haben sie kein Interesse an einem neuen Preisverfall, weil sie auf die Einnahmen angewiesen sind.

Wer sind die größten Ölförderer der Welt?

Die Opec steht für rund ein Drittel des weltweiten Rohöl-Angebots. Neben dem Kartell-Mitglied Saudi-Arabien sind Russland und die USA mit großem Abstand und vergleichbaren Fördervolumina von je rund 10 Millionen Fässern Öl am Tag die größten Ölproduzenten der Welt.

Welche Folgen hat ein neuerlicher Ölpreisverfall für die Wirtschaft?

Wenn der wichtigste Schmierstoff für die Produktion nicht viel kostet, ist das generell gut für die Konjunktur. Aber es gibt auch Kehrseiten - vor allem für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Denn die kämpft seit Jahren gegen eine zu geringe Inflation, was auf Dauer für die Konjunktur schädlich ist. Erwarten Verbraucher und Firmen fallende Preise, halten sie sich mit Käufen und Investitionen zurück.

Und wenn die Energiepreise nun wieder fallen?

Für die Notenbanken könnte es schwieriger werden, die geldpolitischen Zügel weiter zu straffen. Aber sofern sich die wirtschaftliche Situation in der Euro-Zone weiter verbessert, dürfte kein Weg daran vorbeiführen, dass die EZB dem Vorbild der Fed folgt und die Dosis ihrer monatlichen Geldspritzen langsam reduziert.

Außerdem könnten Ölkonzerne in finanzielle Schieflage geraten. Anfang 2016 hatte der Rutsch des Brent-Preises unter die Marke von 30 Dollar Ängste vor einer Pleitewelle in der Ölindustrie geschürt und an der Börse Kursturbulenzen ausgelöst.

Und was bedeutet das für den Geldbeutel des Verbrauchers?

Die gute Nachricht ist, dass die Benzin wohl wieder billiger wird. Damit hätten Verbraucher Spielraum für andere Ausgaben. Fallen die Preise aber zu stark und zu schnell, droht eine Deflation, eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen.