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Ölpreis fällt auf Drei-Monats-Tief

Rohstoffe - Ölpreis fällt auf Drei-Monats-Tief

Die starken Schwankungen am Ölmarkt sind noch nicht vorbei. Das zeigen nicht nur die gebeutelten Quartalsberichte der Konzerne – BP’s Gewinn hat sich im zweiten Quartal auf 654 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr halbiert, Statoil schreibt mit 28 Millionen Dollar erstmals seit 2008 einen Quartalsverlust. Auch der Ölpreis fällt nach seiner Rally auf bis zu 53 Dollar je Barrel (159 Liter) dieser Tage wieder jäh ab.

Bereits am Dienstag notierte der Preis für ein Barrel des nordamerikanischen Leichtöls WTI auf einem Drei-Monats-Tief von 42,36 Dollar. Am Mittwoch fiel dann auch das Nordseeöl Brent auf ein Drei-Monats-Tief von 44,17 Dollar. Mit den Schwankungen könnte noch nicht Schluss sein, befürchten einige Marktexperten. Die US-Investmentbank Morgan Stanley glaubt sogar, dass sich die Preise erneut der 30-Dollar-Marke annähern könnten. Damit würde Öl fast wieder auf den Jahrestiefstand zurückfallen. Verbraucher sollten sich jedoch nicht zu früh freuen. Der Preisrutsch dürfte allenfalls vorübergehender Natur sein. Öl wird sich bis Jahresende wieder verteuern.

Das liegt zum einen daran, dass der Sprung über 50 Dollar eigentlich zu früh kam. Der Anstieg, der nicht zuletzt von fallender US-Produktion gerechtfertigt ist, wurde durch Produktionsausfälle regelrecht angefacht. Waldbrände in Kanada, Anschläge auf die Öl-Infrastruktur in Nigeria und politische Unruhen in Libyen ließen deren Produktion einbrechen und den Weltmarktpreis überproportional klettern. Die Statistikbehörde des US-Energieministeriums rechnete zwischenzeitlich mit einem Ausfall von drei Millionen Barrel – nach einer globalen Förderung von täglich 96,5 Millionen Barrel in den ersten drei Monaten des Jahres.

Verstärkt haben den Trend aber nicht zuletzt Spekulanten, die auf einen Preisauftrieb wetteten. Nun aber, da etwa die Produktion in Kanada nahezu wieder auf Normalniveau zurückkehrt, steigen die Spekulanten aus. Laut der amerikanischen Aufsichtsbehörde für Rohstoffhandel, der Commodity Futures Trading Commision (CFTC), bauten Investoren ihre spekulativen Positionen auf steigende WTI-Preise bereits zum dritten Mal in vier Wochen ab. Abzüglich der Wetten auf fallende Preise setzen noch 136.000 Kontrakte auf einen Preisaufschwung – das sind 18.000 weniger als noch eine Woche zuvor und so wenige wie seit Anfang März nicht mehr. Bei Brent sind die Spekulationen sogar zum sechsten Mal in Folge gesunken.

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Angebot und Nachfrage gleichen sich wieder aus

Dies könnte zwar kurzfristig weiter fallende Preise bedeuten. Es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass die Preise zuvor durch diese Wetten nach oben getrieben wurden. Nach einer Korrektur kann sich nun ein Preis bilden, der stärker die Fundamentaldaten wiedergibt.

Die US-Ölproduktion ist seit ihrem Höhepunkt im Juni 2015 bei 9,6 Millionen Barrel nur ein Jahr später auf zuletzt 8,5 Millionen Barrel gesunken – ein Rückgang um mehr als eine Million Barrel. Zwar sind die Ölbohrungen wieder leicht angestiegen. Doch „der zuletzt zu beobachtende Anstieg der Bohraktivität reicht bei weitem noch nicht aus, um zu einer Trendwende bei der Ölproduktion zu führen“, schlussfolgern die Rohstoffanalysten der Commerzbank. Experten gehen ohnehin davon aus, dass sich bedeutsame neue Bohrungen erst ab einem Preis von 50 Dollar wirklich lohnen.

Hinzu kommt, dass die Nachfrage weiter steigen wird, sodass auf mittlere Sicht auch die Produktion – etwa aus den Ölfeldern in Kanada – wieder steigen wird. Die Internationale Energieagentur schätzt, Dann soll der Bedarf bei knapp 97 Millionen Barrel am Tag liegen.

Die Analysten geben sich indessen vorsichtig. Das zeigt unter anderem auch die Bandbreite ihrer Prognosen. Analysten von Morgan Stanley etwa warnen zwar vor einer vermeintlich zurückkehrenden Überversorgung des Marktes. Doch der Ölpreis könne dabei zwischen 30 und 50 Dollar liegen, schrieb der führende Rohstoff-Stratege Adam Longson in einem Bericht – nicht gerade ein enger Korridor. Bis Jahresende rechnen die Bankenanalysten im Mittel übrigens damit, dass der Ölpreis bei 50 Dollar liegen wird.

KONTEXT

Die Folgen des Billigöls

1. Billiges Erdöl treibt die Wirtschaft an.

Tatsache ist: Europas Verbrauchern nutzen die Niedrigpreise sehr. Im Februar war Energie im Euroraum dem Statistikamt Eurostat zufolge 8,0 Prozent günstiger als vor einem Jahr, bei Haushaltsenergie und Sprit in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts 8,5 Prozent. Von Mitte 2014 bis Ende 2015 verbilligte sich das "schwarze Gold" um zwei Drittel, das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut meldete beim Rohstoffpreis-Index den tiefsten Stand seit 2004. Die Deutschen gaben 2015 laut Mineralölverband 13,5 Milliarden Euro weniger für Sprit und Heizöl aus. Auch große Teile der Industrie freuen sich: Je billiger der Schmierstoff der Weltwirtschaft, umso mehr Entlastung im Einkauf.Wahr ist aber auch: Die Chemie zum Beispiel muss bessere Konditionen oft mit niedrigeren Preisen für Kunst- oder Farbstoffe an ihre Kunden weitergeben. Beim Branchenriesen BASF etwa sank der Überschuss 2015 auch deshalb um fast ein Viertel auf rund 4 Milliarden Euro.

2. Bald steigen die Ölpreise stark, dann kommt das böse Erwachen.

"Langfristig dürfte ein steigender (Öl-)Preis die Geldentwertung anheizen", glaubt Eugen Weinberg von der Commerzbank. Die Gefahr: Wenn es mächtigen Förderländern gelingt, das Fracking in den USA aus dem Markt zu drängen, könnte das Angebot knapp werden und die Kosten hochkatapultieren. Für Flüssigtreibstoffe ermittelte die französische Bank Société Générale von 2005 bis 2015 einen Rückgang der Preise um fast 30 Prozent. Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht aber allerspätestens 2021 deutliche Erhöhungen. "Für Verbraucher ist es einfach, sich durch niedrige Preise einlullen zu lassen, aber sie sollten die Signale nicht überhören", warnte IEA-Chef Fatih Birol.Zwar ist vor allem die kühlere Konjunktur in China ein Grund; dort gab es 2015 mit 6,9 Prozent das schwächste Wachstum seit 25 Jahren. Aber auch unklare Ziele des Opec-Kartells spielen eine Rolle. Der Iran will nach dem Ende der Sanktionen Öl exportieren, die Saudis und das Nicht-Opec-Mitglied Russland peilen eine Deckelung der Produktion an. Wenn mehr US-Quellen dicht machen, könnten am Ende Engpässe - so fürchtet Birol - zu "nach oben schießenden Ölpreisen" führen.

3. Das Billigöl würgt den Börsen-Boom endgültig ab.

Weltweit haben Aktienbesitzer nach dem Jahreswechsel herbe Verluste einstecken müssen. Ein Grund, der neben der befürchteten schwächeren Weltkonjunktur oft genannt wird: das Ölpreis-Tief. Dauerhaft billige Rohstoffe werten die Märkte als Zeichen schrumpfender Nachfrage.Chinas Schwäche sorgt weiter für Zweifel - zusammen mit den dortigen Finanzmarkt-Turbulenzen und Exporten, die im Februar um ein Fünftel einbrachen. Und wie lange können Förderer Kredite voll bedienen? "Wir erwarten, dass Banken in ölexportierenden Regionen ein höheres Gläubiger-Risiko haben", warnt die Ratingagentur Moody's. Sie prüft eine Abstufung von zwölf Förderländern, darunter Russland und Saudi-Arabien. Das Preistief werde wohl noch "mehrere Jahre" dauern.

4. Das Klima verliert, denn günstiges Öl blockiert die Energiewende.

Beim Pariser Klimagipfel Ende 2015 einigte sich die Weltgemeinschaft auf einen Verzicht auf fossile Brennstoffe bis Ende des Jahrhunderts. Solange die Abkehr von Öl, Gas und Kohle nicht klappt, verschleppt das Ölpreis-Tief die Energiewende zusätzlich, sagte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung im Deutschlandfunk: "Ein niedriger Ölpreis behindert den Umstieg Richtung Energiesparen." Prognosen zum Welt-Energiebedarf gibt es viele. So erwartet BP, dass die Fossilen auch 2035 den Löwenanteil (60 Prozent) zur globalen Versorgung beitragen, obwohl erneuerbare Quellen parallel zulegen.Die Schwellenländer wollen jedoch mehr Wohlstand - und brauchen dafür mehr Energie. Andererseits entlasten niedrige Ölpreise sie nur dann, wenn rückläufige Verkäufe sie nicht treffen. IWF-Chefin Christine Lagarde bot Hilfe an: "Der IWF steht offen für alle Mitglieder."

5. "Die Elektroauto-Industrie wird unter niedrigen Ölpreisen leiden."

Dies sagt nicht irgendwer - sondern der schillernde Gründer des US-Elektroautobauers Tesla, Elon Musk. Über seine bei CNN geäußerte Einschätzung kann man streiten: Es gibt viele Faktoren, die eine "Verkehrswende" erschweren. Elektroautos sind gegenüber Benzinern meist teuer, die Reichweite ist gering. Laut Kraftfahrt-Bundesamt kamen 2015 in Deutschland gerade 12 363 reine E-Autos zusätzlich auf die Straße, verglichen mit der Gesamtzahl von 3,2 Millionen Pkw. Die Bundesregierung hat zu möglichen Subventionen noch keine klare Linie.In der Auto-Nation USA jedenfalls schiebt das billige Öl den Absatz von Spritschluckern an. Nach Zahlen der Deutschen Bank stieg der Verkaufsanteil leichter Trucks dort zwischen 2000 und 2015 von 50 auf über 60 Prozent, während normale Pkw zuletzt 40 Prozent erzielten. Ursache: "das enorme Abrutschen der Öl- und damit der Benzinpreise".