Übernachten erlaubt: Welche Regeln für Menschen aus Corona-Risikogebieten wo gelten
Beherbergungsverbote, Testpflicht, Quarantäne: Bei den Corona-Reiseregeln der Länder herrscht heilloses Durcheinander. Das Handelsblatt zeigt die geltenden Regeln in einem Überblick.
Selten war das Reisen innerhalb Deutschlands so kompliziert: Vordergründig haben sich die Staatskanzleien der Länder zwar auf einheitliche Regeln verständigt, doch faktisch wird in jedem Bundesland die Situation anders bewertet. Wer dieser Tage eine Reise antreten möchte, hat es deshalb schwer.
Und das beginnt schon bei der Frage, wer sich an die Reisebeschränkungen überhaupt halten muss: Als Hotspot oder innerdeutsches Risikogebiet gelten Kommunen mit 50 oder mehr nachgewiesenen Infektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen. So orientierten sich die meisten Bundesländer an den vom Robert Koch-Institut (RKI) definierten Gebieten. Anders in Bayern: Hier gilt nicht die Einschätzung des RKI, sondern die des bayerischen Gesundheitsministeriums.
Laut RKI gelten derzeit die Städte Bremen, Hamm und Remscheid sowie der Landkreis Vechta in Niedersachsen und Berlin als Hotspots. Lange galt die Einstufung in Berlin nur für einzelne Bezirke.
Trotzdem betrachteten manche Bundesländer die gesamte Stadt als Risikogebiet, andere nur einzelne besonders betroffene Stadtteile. Seit die Schwelle von 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner überschritten wurde, gilt nun ganz Berlin als Risikogebiet. Auch in Frankfurt wurde die kritische Marke von 50 Neuinfektionen am Donnerstag überschritten.
Die Folge sind Beherbergungsverbote, die jeweils nur für kommerzielle Betriebe wie Hotels, Campingplätze oder Ferienwohnungen gelten – nicht für den Schlafplatz bei Freunden.
Das sind die Regeln:
In vielen Bundesländern gibt es Ausnahmen. Bleiben darf zumeist, wer bei Ankunft einen negativen Corona-Test vorlegen kann, der nicht älter als 48 Stunden ist. Auch wenn die Reise aus medizinischen oder beruflichen Gründen nicht aufschiebbar ist oder Familienangehörige vor Ort besucht oder gepflegt werden müssen, können Ausnahmen gemacht werden. Das gilt momentan mit kleinen Nuancen in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und dem Saarland.
Auch Bayern wendet diese Regelung an – allerdings nur für Reisende aus nicht-bayerischen Risikogebieten. Rheinland-Pfalz und Niedersachsen planen ebenfalls, sich den bestehenden Regelungen anzuschließen.
Bis wann das der Fall sein wird, steht noch nicht fest. Man werde jetzt über eine praktikable Umsetzungsmöglichkeit beraten, heißt es etwa von der rheinland-pfälzischen Landesregierung.
Vier Bundesländer schließen sich den Regelungen zum Beherbergungsverbot indes nicht an. Aus Düsseldorf heißt es, in Nordrhein-Westfalen gelte kein pauschales Beherbergungsverbot für Urlauber aus innerdeutschen Corona-Hotspots. In Einzelfällen könnten allerdings Beschränkungen beschlossen werden.
Mecklenburg-Vorpommern mit besonders strengen Auflagen
Auch in Berlin, Bremen und Thüringen können alle deutschen Reisenden weiterhin Übernachtungen buchen. Während Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) ein Beherbergungsverbot nicht ausschloss und sagte, man wolle „das jetzt beobachten und dann gegebenenfalls darauf reagieren“, äußerte sich der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) kritisch. Das Ausschließen von Gästen stelle einen „Eingriff in das Gewerberecht“ dar. Er habe schon vor Monaten abgelehnt, eine solche Regelung mitzutragen, sagte Ramelow.
Das Bundesland mit den strengsten Beschränkungen für Urlauber aus Risikogebieten ist Mecklenburg-Vorpommern. Touristen dürfen nur einreisen, wenn sie mindestens eine Übernachtung gebucht haben und einen negativen Corona-Test vorweisen können, der nicht älter als 48 Stunden ist. Danach müssen sie sich bis zu einem zweiten negativen Test in Quarantäne begeben. Tagesausflüge aus Hotspot-Regionen sind nicht erlaubt.
Die Beherberungs-Regeln der einzelnen Bundesländer im Überblick:
Bundesland | Regel | Ausnahme |
Schleswig-Holstein | Beherbergungsverbot für Gäste aus Risikogebieten. | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Triftiger Grund wie der Besuch oder die Pflege der Familie oder beruflicher Pendelverkehr |
Hamburg | Beherbergungsverbot für Gäste aus Risikogebieten. | Schriftliche Bestätigung in den vorangehenden 14 Tagen nicht in einem Risikogebiet gewesen zu sein oder die ein negatives Corona-Testergebnis (nicht älter als 48 Stunden) |
Niedersachsen | Beherbergungsverbot geplant | |
Bremen | Kein Verbot | |
Nordrhein-Westfalen | Beherbergungsverbot geplant | In Einzelfällen könnten Beschränkungen beschlossen werden. |
Hessen | Seit Ende Juli für Reisende aus Risikogebieten | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Triftiger Grund wie der Besuch oder die Pflege der Familie, medizinischer Notfall oder beruflicher Pendelverkehr |
Rheinland-Pfalz | Beherbergungsverbot geplant | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Triftiger Grund wie der Besuch oder die Pflege der Familie oder Geschäftsreise |
Baden-Württemberg | Beherbergungsverbot für Gäste aus Risikogebieten. Dazu zählt auch, wer sich länger als 48 Stunden in einem solchen Gebiet aufgehalten hat. | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Auch wer nachweisen kann, dass sich das Infektionsgeschehen in einem örtlich abgrenzbaren Bereich innerhalb des Risikogebiets abgespielt hat, in dem man sich nicht aufgehalten hat, darf übernachten. |
Bayern | Beherbergungsverbot für Reisende aus nicht-bayrischen deutschen Risikogebieten. | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Triftiger Grund wie der Besuch oder die Pflege der Familie oder Geschäftsreise. Ausnahmegenehmigung durch die Kreisverwaltung sind möglich. |
Saarland | Beherbergungsverbot für Reisende aus deutschen Risikogebieten. | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Triftiger Grund wie der Besuch oder die Pflege der Familie oder Geschäftsreise. |
Berlin | Kein Beherbergungsverbot | |
Brandenburg | Beherbergungsverbot für Gäste aus Risikogebieten. Neu ist, dass Gäste aus dem Nachbarland Berlin wieder Übernachtungen buchen dürfen, da die Hauptstadt als Gesamtgebiet und nicht mehr nach Bezirken beurteilt wird. Wenn das Infektionsgeschehen jedoch innerhalb der betroffenen Kommune lokal eingrenzbar, beschränkt sich das Beherbergungsverbot nur auf Personen aus dem entsprechenden betroffenen Teilgebiet. | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. Triftiger Grund wie der Besuch oder die Pflege der Familie oder Geschäftsreisen. |
Mecklenburg-Vorpommern | Strenges Beherbergungsverbot. | Einreise nur bei negativem Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist möglich Nach der Einreise müssen sich Touristen in eine 14-tägige Quarantäne begeben. Das zuständige Gesundheitsamt kann die Quarantäne verkürzen, wenn ein weiterer Test nach 5 bis 7 Tagen ebenfalls negativ ausfällt. Tagesausflüge aus Hotspot-Regionen nach Mecklenburg-Vorpommern sind nicht erlaubt. |
Sachsen | Beherbergungsverbot für Reisen aus deutschen Risikogebieten. Bei Infektionsgeschehen, die lokal stark eingegrenzt werden können, dürfen eventuell Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. |
Sachsen-Anhalt | Übernachtungsbetriebe in Sachsen-Anhalt dürfen keine Reisenden aufnehmen, die ihren ersten Wohnsitz in einem deutschen Risikogebiet haben. | Negatives Corona-Testergebnis, das nicht älter als 48 Stunden ist. |
Thüringen | Kein Beherbergungsverbot |
Mehr: Die Corona-Reisebeschränkungen werden zur Farce