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Ökonomen verlangen gigantisches Investitionsprogramm gegen die Rezession

Die Institute von Wirtschaft und Gewerkschaften fürchten eine große Depression wie in den 1930er-Jahren. Als Gegenmittel fordern sie massive Modernisierungs-Investitionen.

Die Konjunkturexperten fordern massive Investitionen, auch in die öffentliche Infrastruktur. Foto: dpa
Die Konjunkturexperten fordern massive Investitionen, auch in die öffentliche Infrastruktur. Foto: dpa

Sie sind die ersten Ökonomen, die in Deutschland das schlimmstmögliche Ergebnis der Corona-Pandemie aussprechen: eine große Depression wie in den 1930er-Jahren. Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, und Sebastian Dullien, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), warnen vor „einer hartnäckigen Spirale aus Nachfrageverlusten, die hart und dauerhaft auf die Beschäftigung durchschlagen könnten“, dem sogenannten Hysterese-Effekt.

Und sie empfehlen dagegen ein gigantisches Investitionsprogramm von Bund, Ländern und Gemeinden, das sie an diesem Donnerstag in Berlin vorgestellt haben. Hüther und Dullien hatten bereits im vergangenen Herbst mit ihrem Schulterschluss mit Wirtschaft und Gewerkschaften für Furore gesorgt, als sie angesichts damals voller Staatskassen und Niedrigzinsen ein über zehn Jahre laufendes 450 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm gefordert hatten, finanziert aus Krediten.

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Ihr Ziel damals: Deutschland sollte so seinen Modernisierungsrückstand bei Straßen und Schienen, digitaler Infrastruktur und Klimawandel gezielt aufholen. Die SPD beschloss dies als Teil ihres Regierungsprogramms auf ihrem jüngsten Parteitag.

Dieses Ziel verbinden Hüther und Dullien nun mit ihrer neuen Forderung nach einem Wachstumsprogramm. Ein klassisches Konjunkturprogramm, das den Konsum etwa mit Kaufgutscheinen oder anderen Einkommenserhöhungen für Verbraucher ankurbelt, halten die Ökonomen in der aktuellen Lage für sinnlos. „Die Möglichkeiten zum Einkaufen oder Ausgehen bleiben auf absehbare Zeit beschränkt“, argumentieren sie.

Anreize dafür könnten gar „unerwünschte gesundheitspolitische Nebenwirkungen haben“, also eine neue Infektionswelle starten. Der staatliche Impuls sollte daher vor allem ein Investitionsprogramm sein, das – wie schon das Programm aus dem vergangenen Jahr – die Digitalisierung und die Dekarbonisierung, also klimaneutrale Energien, fördern soll und zur Bewältigung des demografischen Wandels auch das Bildungssystem ausbauen hilft: Die wenigen Jungen sollen hochgebildet sein.

Abwrackprämie – aber nicht für Autos

Daraus folgt für die beiden Ökonomen, an deren Programm auch die DIW-Forscherin Katharina Spieß, Tom Krebs von der Uni Mannheim und Barbara Praetorius, die Co-Vorsitzende der Kohlekommission, mitgearbeitet haben, auch: keine Kaufprämie für Autos, aber eine Abwrackprämie für alte Ölheizungen – und für die Autoindustrie zusätzlich zur E-Auto-Förderung der Aufbau einer Lade-Infrastruktur.

In der Steuerpolitik setzen die Ökonomen nicht auf breite Einkommensteuersenkungen, sondern auf bessere Abschreibungsbedingungen für Unternehmen, etwa Sofortabschreibungen auf Investitionen und eine Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung.

Gleichzeitig soll der Staat seine öffentlichen Ausgaben erheblich ausweiten: Er soll die Altschulden überschuldeter Kommunen einmalig tilgen. Er soll einen Fonds einrichten, der den Kommunen die Pandemie-Gesundheitskosten abnimmt. Er soll mehr Geld ins Gesundheitsweisen stecken, etwa für den Ausbau der Krankenhauslandschaft. Mehr Geld braucht der öffentliche Verkehr, etwa für mehr Züge, damit Fahrgäste keine Angst vor Ansteckung in überfüllten Waggons haben müssen.

Fürs Digitale soll es eine Infrastrukturgesellschaft geben, ebenso eine europäische Wasserstoff-Entwicklungsgesellschaft. Und damit der Ausbau von Schienen, Straßen, Schulen und Breitbandnetzen endlich in Gang kommt, soll der Bund auch seine Planungs-Beratungsgesellschaft PD massiv vergrößern, auch damit nicht jede Kommune den Schulneubau selbst erfinden muss.

Klotzen soll der Staat auch im Bildungssystem, angefangen beim Ausbau frühkindlicher Bildung und Betreuung, von Ganztagsschulen bis zur Digitalisierung der Schulen. Das Kurzarbeitergeld soll stärker mit beruflicher Weiterbildung und Umschulung verbunden werden.

Was darf’s denn kosten?

Vor der Frage, was das alles kosten soll, scheut die Ökonomen-Gruppe diesmal zurück. Es gehe um ein Programm, das sich „über mehrere Jahre“, wohl eher ein Jahrzehnt, ziehen wird. Klar wird aber: Es geht um deutlich mehr als die 450 Milliarden Euro des alten Investitionspakets.

Die Ökonomen fordern den „Mut zum großen Wurf mit der notwendigen Flexibilisierung in der Umsetzung“. Da es sich um Investitionen in die Zukunft handele, die sich teilweise durch höheres Wachstum langfristig selbst refinanzieren würden, sei es angemessen, sie durch Kredite zu finanzieren und die Nutznießer, die nächsten Generationen, daran zu beteiligen. Angesichts niedriger Zinsen und bisher gesunder Staatsfinanzen habe Deutschland auch kein Problem bei der Schuldenaufnahme.

Steuererhöhungen hält die Gruppe nicht für sinnvoll: Sie würden die positiven Impulse des Pakets gleich wieder abwürgen.