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Ökonomen lehnen Autokaufprämie ab

Die Regierung sollte in einem Konjunkturpaket keine Extras für einzelne Branchen schaffen, fordern Wirtschaftsforscher. Sie sollten die Lage für alle Unternehmen verbessern.

Eine Autokaufprämie ergebe ökonomisch keinen Sinn, argumentieren Wirtschaftsforscher. Foto: dpa
Eine Autokaufprämie ergebe ökonomisch keinen Sinn, argumentieren Wirtschaftsforscher. Foto: dpa

Als Sigmar Gabriel (SPD) vor 2017 Wirtschaftsminister war, lästerte er gerne, dass er auf eine Frage von fünf Ökonomen sechs unterschiedliche Empfehlungen bekäme. Das Problem hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) heute nicht.

Wenn er Wirtschaftsforscher fragt, was sie von einer allgemeinen Autokaufprämie halten, wie sie die Autoindustrie fordert, ist die Antwort unmissverständlich und einhellig: gar nichts.

„Eine Autokaufprämie ergibt ökonomisch keinen Sinn, setzt falsche industriepolitische Anreize und nützt dem Klimaschutz nicht“, sagt etwa Gabriel Felbermayr vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW).

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Die Nachfrage bei deutschen Auto-Herstellern komme inzwischen zu fast zwei Dritteln aus dem Export, den eine deutsche Kaufprämie nicht belebe, argumentiert Felbermayr. Da gleichzeitig die Importquote gestiegen sei, würde eine deutsche Autoprämie noch stärker als nach der Finanzkrise ausländischen Anbietern helfen.

Das größte Problem der Autoindustrie sei nicht der kurzfristig niedrigere Absatz, sondern der weltweite technologische Strukturwandel in der Branche, so der Ökonom. Genauso sehen es auch die Wirtschaftsweisen: Eine Kaufprämie für Autos hält die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer für Geldverschwendung.

„Unternehmen sollten ganz grundsätzlich in der Lage sein, ein paar schwierige Monate zu überstehen“, sagt sie. Die Autobranche könne das „ganz sicher, weil sie in den letzten Jahren sehr gut verdient hat“. Wenn es eine Kaufprämie für Benziner gäbe, würde dies nur die alten Strukturen in der Industrie zementieren, befürchtet auch ihre Kollegin Veronika Grimm.

„Ökologisch widersinnig“

Auch der Wettbewerbsökonom Jens Südekum hält nichts von einer Autokaufprämie. „Das Letzte, was wir brauchen, ist jetzt eine Neuauflage der Abwrackprämie, die es der Automobilindustrie erlaubte, ihre alten Geschäftsmodelle noch mal für Jahre am Leben zu halten“, sagt er dem Handelsblatt.

Felbermayr hält eine Kaufprämie für „ökologisch widersinnig, wenn sie zur vorzeitigen Verschrottung funktionsfähiger Autos führt“. Je breiter eine Auto-Prämie die Produktpalette der deutschen Hersteller erfasst, desto geringer sei „die potenzielle CO2-Einsparung durch eine Erneuerung der Flotte“, argumentiert er gegenüber dem Handelsblatt.

Ob Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) oder Ifo-Präsident Clemens Fuest, ob der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, oder die Direktoren des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, und des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien: Sie alle sprechen sich für andere Wege der Wirtschaftsförderung aus. „Unter dem Aspekt der Konjunkturstimulierung sollte man stärker auf breitere, nicht sektorspezifische Instrumente setzen“, formuliert Fuest das Ziel.

Modernisierungsprogramm für Deutschland

Große Einigkeit der Spitzenökonomen herrscht ebenfalls bei den empfehlenswerten Instrumenten für ein Wachstumspaket. „Am besten wäre ein Fokus auf öffentliche Investitionen gekoppelt mit allgemeinen Anreizen für private Investitionen – etwa durch großzügige Abschreibungsregeln“, sagt Südekum.

Wirtschaftsweisen-Chef Feld hält Verlustrückträge für das „ideale Mittel, allen Unternehmen schnell über finanzielle Engpässe in diesem Jahr zu helfen“. Es wäre sinnvoll, den Verlustrücktrag auf Gewinne des Jahres 2019 wesentlich zu lockern, auch wenn dann Steuereinnahmen zunächst wegfielen.

„Es wäre zudem gut, den Rücktrag zusätzlich auch auf 2018 auszudehnen. Wenn Firmen nicht insolvent werden und 2021 wieder Gewinne erzielen, fließen dann wieder mehr Steuereinnahmen“, argumentiert Feld. Auch Hüther spricht sich für diesen steuerpolitischen Ansatz aus.

Mehr staatliche Investitionen in Infrastruktur, Innovation, Digitalisierung und Bildung können nach Übereinstimmung der Ökonomen ebenfalls helfen, die Wirtschaft ab dem Sommer wieder schneller in Schwung zu bringen.

Der Autoindustrie etwa würde es zugute kommen, wenn überall in Deutschland Ladestationen für Elektroautos gebaut würden. Und wenn der Staat die Digitalisierung seiner Behörden endlich vorantriebe, würde das alle Betriebe von Bürokratiekosten entlasten.

Konjunkturpaket für Klimaschutz

Die Wirtschaftsweise Grimm betont zudem, dass ein intelligent gemachtes Konjunkturpaket gleichzeitig beim Erreichen der Klimaziele helfen könnte. Sie verlangt Investitionen auch in den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Ein Wachstumspaket, das meinen auch Hüther und Dullien, biete die enorme Chance zur umfassenden Modernisierung Deutschlands.

Von Konsumgutscheinen halten die Ökonomen bisher generell wenig: Es seien die Abstands- und Hygieneregeln, die aktuell den Konsum in den Läden einschränkten, nicht fehlende Einkommen der Verbraucher.

Große Zweifel hegen die Ökonomen aber vor allem daran, dass es die Autoindustrie ist, die am meisten unter dem Konjunktureinbruch leide. Im April etwa sind die Autoverkäufe im wichtigen chinesischen Markt bereits wieder stark gestiegen.

Und die noch nicht verschwundene Covid-19-Ansteckungsgefahr befördere eine Rückkehr vom öffentlichen zum Individualverkehr, also zum eigenen Auto.

Felbermayr und sein IfW-Kollege Stefan Kooths können sich eine branchenspezifische Förderung daher eher für die tatsächlich längerfristig von der Pandemie betroffenen Branchen Tourismus, Veranstaltungen und Gastronomie vorstellen.

Für sie sollte frühzeitig ein staatlicher Lastenausgleich angekündigt werden, schlagen sie vor: Konkret könnte der Staat zusagen, die in der jeweiligen Branche durchschnittlich entstehenden Einkommensausfälle im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 teilweise auszugleichen.

Erhaltene Coronahilfen würden dabei angerechnet. Indem der Branchendurchschnitt zur Orientierung herangezogen würde, bliebe ein Anreiz, besser als die Branche zu wirtschaften, so Felbermayr: „Staatlich alimentierte Coronaferien darf es nicht geben“, sagt er.