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Ökonomen fordern europäischen Superschnellzug von Lissabon über Berlin bis Helsinki

Die Wirtschaftsforscher halten die EU-Wiederaufbaufonds für zu klein. Sie fordern ein riesiges Investitionsprogramm zum Aufbau konkreter Projekte.

Vor dem EU-Gipfel am Freitag sind die Erwartungen gedämpft. Die Regierungschefs verhandeln dort über den Aufbau eines EU-Wiederaufbaufonds in Höhe von 500 Milliarden Euro, der die europäische Wirtschaft in Schwung bringen soll. Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnet aber noch nicht mit einem Beschluss, da aus einigen EU-Ländern Widerstand gegen die Vorschläge der EU sowie Deutschland und Frankreich kommt.

Obgleich schon der 500 Milliarden Euro schwere Fonds umstritten ist, fordern europäische Ökonomen schon viel weitergehende Schritte. Europa müsse insgesamt zwei Billionen Euro für ein europäisches Investitionsprogramm in die Hand nehmen, um die Coronakrise zu bewältigen, fordern das Düsseldorfer Institut für Makroökonomie, das österreichische Wirtschaftsinstitut WIIW sowie das französische Institut OFCE in einer gemeinsamen Analyse, die dem Handelsblatt vorliegt.

Das Investitionsprogramm soll insgesamt über zehn Jahre laufen. 500 Milliarden Euro sind für Projekte in EU-Mitgliedsstaaten vorgesehen – insbesondere für solche, die besonders hart von der Coronakrise getroffen wurden. Die übrigen 1,5 Billionen Euro sollen in europäische Projekte fließen.

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„Bislang hat sich die Debatte sehr darum gedreht, wie die Gelder finanziert werden“, heißt es in der Studie. „Aber es ging wenig darum, in welche Projekte die EU das Geld fließen lassen sollte.“

Das wollen die Ökonomen ändern. Für Aufsehen sorgen könnte dabei vor allem ihre beiden Vorschläge, eine „Europäischen Seidenstraße“ nach chinesischem Vorbild sowie europäische Schnellzugstrecken aufzubauen.

Deutschland könnte besonders profitieren

So fordern die Ökonomen die Einrichtung eines „Ultra-Rapid-Zugs“, der mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 250 bis 350 Kilometer pro Stunde große europäische Metropolen verbinden soll. Eine Strecke soll etwa über Lissabon, Paris, Berlin, Kopenhagen bis nach Helsinki verlaufen. Die Strecke Paris-Berlin würde sich durch den Schnellzug auf rund vier Stunden halbieren, schreiben die Ökonomen.

Insgesamt soll es vier solcher europäischen Schnellzugstrecken geben. Deutschland würde dank seiner geografischen Lage im Herzen Europas besonders von dem Aufbau eines solchen Netzes profitieren. Selbst schnelle Zugreisen an den äußersten Rand Europas, etwa nach Süditalien oder ins Baltikum, wären möglich.

Durch den Umstieg vom Flieger auf die Bahn würden sich die Co2-Emissionen um vier bis fünf Prozentpunkte reduzieren, heißt es in der Analyse. Da gleichzeitig mehr Frachtverkehr über den Schienenweg abgewickelt werden könnte, würde dies nochmals die Emissionen im Straßenverkehr drosseln.

Kosten würde die 18250 Kilometer lange Strecke rund 1,1 Billionen Euro. Das Schnellverkehrsnetz macht damit allein mehr als die Hälfte des gesamten Investitionsprogramms aus.

So abwegig, wie zunächst erscheinen mag, ist der Vorschlag nicht. Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU) sagte am Mittwoch, er wolle während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die am 1. Juli beginnt, ein Bahn-Netz von europäischen Langstreckenverbindungen auf den Weg bringen.

Bei Scheuer läuft das Projekt unter dem Namen „Trans Europa Express“. Die Pläne sind zwar nicht ganz so üppig wie die der europäischen Ökonomen, gehen aber in eine ähnliche Richtung.

Ökonomen fordern „europäische Seidenstraße“

Der zweite große Baustein der Infrastruktur-Offensive, den die drei Institute vorschlagen, ist eine „europäische Seidenstraße“. China hatte mit dem Aufbau einer „Neuen Seidenstraße“ in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen gesorgt, die Volksrepublik baut mit ihrem gewaltigen Programm ganze interkontinentale Handels- und Infrastrukturnetze auf.

Den Ökonomen schwebt etwas Ähnliches für Europa vor. Die geplante Seidenstraße soll sich nicht auf den eigenen Kontinent beschränken. Die Ökonomen schlagen vor, durchgängige, moderne Handelsrouten von Südfrankreich bis Moskau und von Norditalien bis nach Georgien und Kasachstan zu bauen. Dabei sollen sowohl neue Hafen- und Logistikzentren entstehen, als auch neue elektrifizierte Autobahnen und Schnellzugverbindungen.

Die europäische Infrastruktur sei in einem „schlechten Zustand“, konstatieren die Forscher. Eine europäische Seidenstraße biete die Möglichkeit, „die Industriezentren im Westen Europas mit den weniger entwickelten Regionen im Osten zu verbinden“.

Eine solche „europäische Seidenstraße“ würde zu einem durchschnittlich 3,5 Prozent höheren Wirtschaftswachstum führen und über zehn Jahre zwei Millionen Menschen entlang der Route in Beschäftigung bringen, kalkulieren die Forscher.

Neben diesen beiden großen Infrastrukturprojekten fordern die Forscher eine „Elektrifizierung“ des geplanten „Green Deals“ der EU-Kommission sowie eine EU-Gesundheitsagentur, die in die Qualifizierung von Ärzten und Pflegern investiert, deren flexiblen Einsatz in Notfällen erleichtert und die Versorgung mit lebenswichtigen Arzneimitteln sicherstellt.

Die Corona-Pandemie sei noch „on top“ auf die Finanz- und Euro-Krise draufgekommen. Europa müsse auf so viele Krisen binnen kurzer Zeit mit „einem langfristigen Investitionsprogramm“ reagieren, schreiben die Forscher. Zuerst einmal müssen sich die Regierungschefs allerdings auf einen Wiederaufbaufonds in einer deutlich kleineren Variante einig werden