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Ärger mit dem Autopiloten – Tesla in Erklärungsnot

Der Elektro-Autobauer Tesla wirbt offensiv mit dem Begriff „autonomes Fahren“. Nun hat sich der Konzern auch in Deutschland eine Klage eingehandelt.

Im vergangenen Monat erst erhielt der Elektroauto-Hersteller Tesla unangenehme Post aus New Jersey. Die einflussreiche Autohändlervereinigung NJ Car stellte dem US-Konzern eine Klage zu – unter anderem wegen möglicher irreführender Werbung mit dem Begriff „Autopilot“.

„Neue Autohändler in der Nachbarschaft haben keine Angst vor der Konkurrenz von Tesla“, ließ sich Jim Appleton, Präsident der Organisation, zitieren. „Sie lehnen einfach einen unlauteren Wettbewerb ab, der die Verbraucher gefährdet und die lokalen Unternehmen einem Wettbewerbsnachteil aussetzt.“

Tesla bestreitet die Vorwürfe. Doch nun bekommt das Unternehmen des charismatischen Gründers Elon Musk auch hierzulande Ärger auf dem Gerichtsweg. Nach Informationen des Handelsblatts liegt seit kurzem beim Landgericht München I eine Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, die den US-Konzern zum Unterlassen von verschiedenen Äußerungen zwingen will (Az.: 33 O 14041/19).

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Auch der Wettbewerbsverband aus München will Tesla verbieten lassen, sein Fahrassistenz-System weiterhin als Autopilot zu bewerben. Der Verband stößt sich aber noch an mehr, vor allem an den immer weiter reichenden Versprechen, wie etwa dem automatischen „Herbeirufen“ des Autos aus geparkter Situation.

Besonders irreführend findet er zudem, dass Tesla mittlerweile behauptet, ab Ende des Jahres „automatisches Fahren innerorts“ anbieten zu können. „Das ist eine gravierende Benachteiligung der Fahrzeughersteller, die sich an die Werberegelungen halten“, so Rechtsanwalt Andreas Ottofülling, Geschäftsführer des Verbandes.

Erstmals Justiz im Spiel

Der Streit um die Autopilot-Werbung tritt damit in eine neue Phase ein. Schon länger hat Tesla auf diesem Gebiet Ärger mit der Konkurrenz. Erstmals wird nun aber auch in Deutschland die Justiz bemüht.

Wer die Wettbewerbszentrale auf den Plan gerufen hat, teilt der Verband nicht mit. Die Beschwerdeführer nenne man grundsätzlich nicht, heißt es. Nach Handelsblatt-Informationen soll es sich jedoch um mehrere Beschwerdeführer handeln – darunter wie zu erwarten auch ein deutscher Wettbewerber des US-Autobauers. Auch bei der Autohändler-Vereinigung aus New Jersey kommt der Klagedruck vermutlich von Konkurrenten. Tesla ist kein Mitglied der Vereinigung.

Dass der Musk-Konzern in seiner Werbung in Sachen autonomes Fahren weiter geht als andere Hersteller, stößt der Konkurrenz schon länger auf. Während deutsche Autobauer wie VW, BMW und Daimler bisher den Begriff „Autopilot“ für ihre Fahrassistenzsysteme noch vermeiden, hat Tesla sich nicht davon abhalten lassen, ihn bereits als vorhanden zu propagieren.

Und das, obwohl das Bundesverkehrsministerium noch Mitte 2017 mit Blick auf die Modelle S und X betont hatte, dass das Kraftfahrt-Bundesamt den „Autopiloten“ von Tesla als „reines Fahrerassistenzsystem“ einstufe. Gleichzeitig warnte das Bundesverkehrsministerium die Besitzer der Fahrzeuge, beim Einsatz der Technik stets wachsam zu bleiben.

Ein Gerichtsverfahren könnte deshalb nun klärende Wirkung haben. Was darf Tesla behaupten und was nicht? Diese Frage drängt sich vor allem auch deshalb auf, weil die Versprechungen auf der Homepage des Konzerns mittlerweile immer weiter reichen - und von Technik-Experten sehr kritisch gesehen werden.

So wird Kunden, die auf der Tesla-Website einen Wagen der Modelle S, X, Y und 3 bestellen und nach ihrem Geschmack konfigurieren wollen, neben dem Autopiloten mittlerweile auch die Sonderleistung „Volles Potenzial für autonomes Fahren“ angeboten. Neben der automatischen Fahrt auf Autobahnen und selbstständiger Überholung ist dort auch das Herbeirufen vom Parkplatz aufgeführt. „Ihr geparktes Fahrzeug findet Sie auf Parkplätzen und kommt zu Ihnen“, so der Werbetext.

Und noch etwas steht da, dass den klagenden Verband und dessen Beschwerdeführer offenbar besonders erzürnt: „Bis Ende des Jahres“ werde folgendes möglich sei: die „Ampel-/Stoppschilder Erkennung mit Anhalte-/Anfahrautomatik“ sowie „Automatisches Fahren innerorts“. Kostenpunkt des gesamten Pakets: 6300 Euro.

Unrealistische Erwartungen

Gerade das „automatische Fahren innerorts“ bis zum Ende des Jahres hält die Branche für völlig unrealistisch. So heißt es etwa bei der FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH in Dresden, dass die Fahrzeuge zwar aufgerüstet worden seien, aber noch immer nicht sicher Personen erkennen könnten. Das mache automatische Fahrten in der Stadt unmöglich.

Jürgen Bönninger, Chef der FSD, eines von TÜV und Dekra ins Leben gerufenen Instituts, hatte schon 2016 in einem Gutachten die damalige Version des Autopiloten als Sicherheitsrisiko eingestuft. Aber auch das Herbeirufen eines Tesla auf Parkplätzen, wo bekanntlich reger Verkehr herrscht, dürfte schon rein rechtlich kaum durchsetzbar sein. Das Unfallrisiko wäre jedenfalls hoch.

BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich wird noch deutlicher: Im Gegensatz zu manchen „Marketinggenies“ sehe er keinen Hersteller, der vor 2021 autonomes Fahren anbieten könne. BMW will diese Technik 2021 im „Inext“ anbieten.

Noch hält Tesla jedoch an seiner Werbung fest. Auch auf mehrfache Nachfragen zu der nun eingereichten Klage in Deutschland reagiert das Unternehmen nicht.

Auf seiner Homepage im „Kleingedruckten“ reduziert der Konzern seine technischen Errungenschaft allerdings selbst nahezu auf Null. Unterhalb der beanstandeten Aussagen heißt es unter anderem: „Die gegenwärtig aktivierten Funktionen verlangen eine aktive Überwachung durch den Fahrer – ein autonomer Betrieb des Fahrzeugs ist damit nicht möglich. (…) Die Aktivierung und Verwendung von Autonomiefunktionen verlangen (...) den Nachweis über Milliarden von gefahrenen Kilometern, dass ihre Zuverlässigkeit das Vermögen von menschlichen Fahrern weit überschreitet. Zudem sind für den autonomen Betrieb gesetzliche Genehmigungen erforderlich, die je nach Rechtsprechung noch länger dauern dürften.“

Fahrer in Gefahr?

Aber reicht das, um die Klage erfolgreich abzuwenden? Nach Ansicht von Verbandsführer Ottofülling muss das Landgericht München I nicht nur den Wettbewerb schützen, sondern auch die Verbraucher. Schließlich zeige die Berichterstattung über Unfälle mit Tesla-Fahrzeugen, dass es offenbar Menschen gebe, die der Werbung Glauben schenkten und sich vom „Autopilot“ chauffieren ließen.

Tatsächlich gibt es vereinzelt tödliche Unfälle mit Tesla-Fahrzeugen, in denen als Grund der Autopilot vermutet wird. In Usedom etwa geriet Anfang September ein 61-jähriger Fahrer mit seinem Tesla in den Gegenverkehr, zwei Menschen kamen ums Leben. Ob dahinter aber wirklich der Versuch eines autonomen Fahrens steckte, wird laut Auskunft der Stralsunder Staatsanwaltschaft derzeit noch untersucht.

In den USA dagegen sind die Ermittler des Verkehrsministeriums schon einen Schritt weiter. Dort raste im März ein Modell 3 mit etwa 100 Stundenkilometern unter den Auflieger eines Lkw-Anhängers. In einem vorläufigen Bericht kommt das Verkehrsministerium zu dem Ergebnis, dass der tödlich verletzte Fahrer kurz vor dem Crash den Autopiloten eingeschaltet hatte – und ihm offenbar das Steuer überließ. „Weder die vorläufigen Daten noch die Videos weisen darauf hin“, so der Bericht, „dass der Fahrer oder der Autopilot Ausweichmanöver durchgeführt haben“.