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Wie das älteste Wirtshaus der Welt die Coronakrise durchstehen will

Die Gaststätte Röhrl bei Regensburg bangt wegen der Pandemie um ihre 362-jährige Existenz. Doch die elfte Generation will auf keinen Fall aufgeben.

Schweinebraten mit Reiberknödel und Kraut – das ist die Spezialität der Gaststätte Röhrl, die in Eilsbrunn im idyllischen Labertal bei Regensburg liegt. Üblicherweise richtet Wirtsfamilie Röhrl etwa 100 Feiern im Jahr aus, von der Kommunion über die Hochzeit bis zur Tagung. Doch in diesem Jahr fallen alle Feste wegen Corona flach.

„Auch alle Firmenweihnachtsfeiern sind schon abgesagt. Das trifft uns hart“, erzählt Gastwirt Muk Röhrl. Der 37-Jährige bewirtschaftet das Gasthaus in elfter Generation zusammen mit seiner Frau Karin, 38.

„Events machen etwa die Hälfte unseres Geschäfts aus. Sonst erwirtschaften wir 1,4 Millionen Euro Umsatz netto im Jahr. Bisher sind gerade mal 525.000 Euro brutto hereingekommen“, rechnet Karin Röhrl, Juristin und Restaurantfachfrau, vor. „So ist unser Restaurant auf Dauer nicht wirtschaftlich zu betreiben.“

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Seit 1658 wird das Lokal durchgängig von Familie Röhrl bewirtschaftet, kurz zuvor hatte der Dreißigjährige Krieg geendet. Für diese lange Geschichte gab es einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde als „ältestes Wirtshaus der Welt“.

„Weltkriege, Hyperinflation, Hungerszeiten – unsere Vorfahren haben viel schlimmere Krisen durchgemacht als Corona“, meint Röhrl. Der letzte Schicksalsschlag etwa traf die Wirtsfamilie 1945. Röhrls Urgroßvater bekam zwei Querschläger in die Beine, als sich das Dorf zum Kriegsende den Amerikanern ergab.

Nun bangt die elfte Generation wegen eines Virus um die Existenz des Familienbetriebs. Muk Röhrl übernahm das Gasthaus 2006 von seinen Eltern. Schon früh hatte er mitgeholfen, absolvierte eine Ausbildung zum Koch und Kaufmann. „Das Gasthaus war damals nicht gut in Schuss. Meine Frau und ich haben den Umsatz verzehnfacht.“

Doch im Lockdown blieb die Kasse leer. Im Frühjahr musste das Wirtsehepaar alle rund 30 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. „Wir haben das Gehalt auf 90 Prozent aufgestockt, sonst hätten viele unserer Leute ja gerade mal ihre Miete zahlen können“, sagt Röhrl. Ostern richtete das älteste Wirtshaus der Welt einen Abhol- und Lieferservice ein. „Wir gehen ja mit der Zeit“, betont Röhrl. „Aber unser Dorf hat gerade mal 1200 Einwohner, das lohnte sich gar nicht.“

Die Röhrls bekamen 30.000 Euro Soforthilfe vom Staat. Die deckten gerade mal die Fixkosten für einige Wochen. „Da sollte die Regierung unbedingt nachlegen“, fordert Muk Röhrl. Sein zweites Standbein als DJ ist mit Corona ebenfalls weggefallen.

„Durch die Kredite sind die Probleme nur verschoben“

„Zum Glück hatten wir im Sommer unseren schönen bayerischen Biergarten unter Kastanien.“ Der half, über die Runden zu kommen – auch wenn nur 280 von 420 Plätzen genutzt werden konnten. Durch die Corona-Beschränkungen dürfen in den Gasträumen 60 statt sonst 120 Gäste speisen. „Die Menschen sind immer noch sehr ängstlich in Innenräumen“, weiß Röhrl.

Um Rechnungen und Löhne bezahlen zu können, nahmen die Wirtsleute einen KfW-Kredit über 300.000 Euro auf. Den müssen sie in fünf Jahren zurückgezahlt haben. „Durch die Kredite sind die Probleme nur verschoben“, weiß Röhrl. Er hofft, dass es keine zweite Welle gibt. „So oder so werden es unglaublich harte Jahre für die Gastronomie.“

Von Januar bis Juni sind die Umsätze in der Branche laut Statistischem Bundesamt preisbereinigt um 34,1 Prozent zum Vorjahr gesunken. 61 Prozent der Betriebe im Gastgewerbe samt Hotellerie sehen ihre Existenz bedroht, zeigt eine Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Präsident Guido Zöllick sprach von „Umsatzverlusten historischen Ausmaßes“ und forderte weitere staatliche Hilfen.

„Die Mehrwertsteuer sollte dauerhaft und nicht nur bis Ende Juli 2021 gesenkt werden. Das würde die gesamte Gastronomie krisenfester machen“, sagt Karin Röhrl. Ans Aufgeben mag das Unternehmerpaar aber nicht denken, will es doch sein Wirtshaus später gern an die nächste Generation übergeben.

„Wir sind die elfte Generation, wir denken langfristig“, sagt Muk Röhrl. „Bei uns gibt es keine andere Option, als sich durchzuboxen. Das verlangt schon die Familientradition.“