Was ist eigentlich Hygge? Skandinavische Lebensphilosophien gegen dunkle Stimmung

Kochrezepte, Kosmetiktipps, Einrichtungsempfehlungen - was haben wir in den letzten fünf Jahren nicht alles aus Magazinen und Blogs über "Hygge" gelernt. Dann kamen auch noch "Lagom" und "Kos" dazu: nordische Gemütlichkeitskonzepte. Doch hinter diesen Schlagworten steckt mehr als Lifestyle-Trends mit Kakao und Kerzenschein ... (Bild: iStock/Fascinadora)

Es ist vielmehr eine Haltung zum Leben, die vielleicht auch jetzt wieder beim Durchhalten helfen kann, wenn es vor der Tür und in den News-Portalen ganz und gar un-hyggelig zugeht. (Bild: iStock/Nastco)

"Hygge" weckte damals zuerst das mediale Interesse: Gefühlt wollten (oder sollten) sich plötzlich alle die "dänische Gemütlichkeit" nach Hause holen in Form von Teelichtern, Heißgetränken und gestrickten Strümpfen. Behaglich und gut, greift aber doch zu kurz, wenn man den Sinn von "Hygge" tatsächlich zu erfassen versucht. Die Webseite Visit Denmark stellt klar: Hygge lasse sich "in alle Kontexte integrieren". (Bild: iStock/Sasha_Suzi)

"Hygge" lässt sich auf diesen Nenner bringen: Genuss an den Freuden, die das Leben zu bieten hat, auch und vor allem an den vermeintlich kleinen. Sei es, ein Buch zu lesen, Zeit mit Freunden oder der Familie zu verbringen, sich in der Natur zu bewegen (ja, auch bei Winterwetter), sich ein Essen schmecken zu lassen. Erlaubt ist, was gut tut. (Bild: iStock/FlamingoImages)

Die Vermutung liegt nahe, dass Bewohner von Regionen mit sehr kalten, sehr dunklen und sehr langen Wintern besonders versiert darin sind, Durchhalte- und Wohlfühl-Strategien zu entwickeln: einerseits, indem sie sich behaglich einrichten, andererseits indem sie sich innerlich rüsten gegen Unbill von außen. (Bild: iStock/PavelKant)

Allerdings kommt die Vokabel "Hygge" nicht aus der dänischen Sprache, sondern aus dem Norwegischen. Dort gibt es aber auch eine eigene Bezeichnung für das Gefühl von Wärme und Geborgenheit. Als "Kos" wird bezeichnet, was im Leben einfach glücklich macht. (Bild: iStock/Everste)

"Kos" passt nicht nur auf einen gut beheizten, gemütlichen Raum, sondern auch auf menschliche Wärme. Eine Teezeit mit Gebäck kann ebenso "Kos" sein wie ein Ausflug in die Natur oder eine Kulturveranstaltung. (Bild: iStock/Everste)

Das Konzept "Lagom" aus Schweden umfasst sogar noch mehr und soll historisch begründet sein ... (Bild: iStock/Margit Kluthke)

Die Erklärung leuchtet ein: Wenn dereinst die Wikinger-Vorfahren ihr Trinkhorn herumgehen ließen, dann gehörte es sich, dass jeder maßvoll nippte, sodass alle etwas abbekamen. "Lagom" bedeutet so viel wie: das rechte Maß. (Bild: iStock/Dmitry Bakulov)

"Nicht zu viel und nicht zu wenig", dafür steht "Lagom". Linnea Dunne beschreibt die Idee in ihrem gleichnamigen Buch so: Es kommt auf die "richtige Balance im Leben" an. Das gilt für sämtliche Bereiche: Angefangen bei der eigenen seelischen Ausgeglichenheit, ... (Bild: iStock/PavelKant)

... lässt es sich beliebig weiter denken: "Lagom" eignet sich auch als Leitlinie bei der Arbeit, für das Verhalten innerhalb einer Gemeinschaft, einer Gesellschaft und als Erdenbürger mit individueller Verantwortung für Klima und Ressourcen. (Bild: iStock/Alexandre Patchine)

Der inneren Balance dient der bewusste Genuss von Zeit, in der man sich selbst etwas Gutes tut. Was immer das je nach persönlicher Vorliebe sein mag: Flanieren durch die Stadt, Meditieren, Musik hören oder auch Stricken ... (Bild: iStock/encrier)

Wer sich mit schwedischer Behaglichkeit beschäftigt, kommt an der berühmten Zimtschnecke nicht vorbei. Die vermag sicherlich viele Lebenslagen zu versüßen - in Maßen, versteht sich. (Bild: iStock/Andrei Lavrinov)

Besonders gut zusammen gehen auch "Lagom" und Work-Life-Balance: Linnea Dunne berichtet von der weit verbreiteten schwedischen Gewohnheit, nicht nur einmal am Tag Kaffeepause zu machen. Jeweils vormittags und nachmittags gebe es "Fika". Das ist die Vokabel eigens für diesen ausbalancierenden Genussmoment mit Heißgetränk im Arbeitsalltag. (Bild: iStock/william87)

Ebenfalls im Gleichgewicht befindet sich in Schweden in der Regel die Wertung von Arbeit und Familie. Wer das Büro oder die Werkstatt verlässt, um Zeit mit den Liebsten zu verbringen, wird nicht schief angeschaut. (Bild: iStock/Perboge)

In Finnland herrscht eine Denkweise namens "Sisu" vor. Auch dazu gibt es ein deutschsprachiges Erklärwerk: Katja Pantzars "SISU - Der finnische Weg zu Mut, Ausdauer und innerer Stärke". (Bild: iStock/Riekkinen)

Ums kuschelig vor dem Kamin Sitzen geht es bei "Sisu" zunächst eher nicht. Vielmehr beschreibt der Begriff eine geistige Stärke oder einen Durchhaltewillen, der immer wieder an Grenzen gehen lässt. Das fängt bei grenzwertigen Temperaturen in der Sauna oder im Eiswasser an und lässt sich auch auf andere Lebensbereiche übertragen. (Bild: iStock/qwerty01)

Wochenlanger Frost und Dunkelheit tun wohl ihr Übriges dazu, einen gewissen Kampfgeist zu trainieren. Um die inneren Reserven zu stärken, kommen auch hier Self-Care-Strategien zur Anwendung. (Bild: iStock/wmaster890)

Eine finnische Besonderheit ist "Kalsarikännit". Das Wort beschreibt das Ritual, "sich zu Hause alleine in Unterhosen zu betrinken" (lange Unterhosen sind übrigens gemeint). Wohlgemerkt soll das keine Aufforderung sein, Kummer und Gram in Hochprozentigem zu ersäufen oder gar ein Aufruf zum Alkoholismus! Auch hier kommt es wieder aufs Maßhalten und Genießen an. (Bild: iStock/yacobchuk)

Wer Kalsarikännit ausübt, will sich idealerweise nicht möglichst schnell betrinken, sondern sich zum Beispiel mit einem guten Glas Wein zur Lektüre etwas Gutes tun. Es ist also eine Form von bewusst genossener Me-Time und Entspannung. (Bild: iStock/vladans)

Im Zuge der "Hyyge und Co."-Hypes rief dann noch ein anderes Land ein Lifestyle-Motto aus: Visit Scotland erklärte 2018 "Còsagach" zur schottischen Art der Gemütlichkeit und Gastfreundschaft. Immerhin wissen auch die Schotten, wie man es sich bei nasskaltem Wetter drinnen nett macht. (Bild: iStock/Popartic)

Dass die Wahl der Tourismus-Agentur für das Schlagwort auf den gaelischen Begriff "Còsagach" fiel, wurde von gaelischen Communitys mitunter erheitert kommentiert: Sie hätten das Wort von der Grundbedeutung her eher mit feuchten Erdlöchern in Verbindung gebracht ... (Bild: iStock/Alan Morris)

Wie auch immer Sie es angehen und nennen mögen: Kommen Sie gut durch die kalte Zeit und sammeln sie genug innere Balance und Stärke, um der Komplexität des Lebens zu begegnen. (Bild: iStock/AlexRaths)