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Twitter: Tiefer Fall nach spektakulärem Aufstieg

Der Börsengang war pompös - doch nun befindet sich die Twitteraktie im freien Fall (Bild: AFP)

Es kann wohl nur ein Extrem geben: Der 140 Zeichen-Dienst Twitter startete im vergangenen November noch so furios an der Wall Street wie lang kein Debüt mehr. Fünf Monate später befindet sich der acht Jahre alte Mikroblogging-Dienst auf der Suche nach einem entscheidenden Kurswechsel zumindest an der Börse im freien Fall. Das Wachstum scheint verebbt, Twitter fehlt die Blaupause zur Monetarisierung.

Für sechs Wochen war es die größte Liebesaffäre der Wall Street: "Ich möchte, dass mich meine Familie so sehr liebt wie die Börse Twitter", erklärte CNBC-ModeratorJames Cramer in seiner Sendung „Mad Money“ über Twitters Entwicklung kurz nach dem Börsengang im November. „Es ist diese Art von grenzenloser Liebe, bei der man sich nie entschuldigen muss. Es ist wie im Billy Joel-Song: ‘Ich liebe Dich, so wie Du bist’.“

Twitter konnte nichts, aber auch gar nichts falsch machen. Zwischen 17 bis 20 Dollar setzte der 140 Zeichendienst seine Preisspanne im Vorfeld des IPO noch an, um dann angesichts des großen Interesses doch zu einem Ausgabekurs von 26 Dollar zu debütieren. Es sah nach einer üppigen Bewertung von über 15 Milliarden Dollar aus.

Auf einen sensationellen Börsenstart…

Üppig? Noch am ersten Handelstag schoss die Twitter-Aktie bis auf knapp 50 Dollar in die Höhe, um dann bei 45 Dollar zu schließen. Der Traumbörsengang war perfekt. Doch es kam noch besser: Die 50-Dollar-Marke wurde durchbrochen, Wochen später gar die 60-Dollar-Marke. Irrationaler Überschwang? Da ging noch mehr!

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Auf sage und schreibe 75 Dollar sprintete die Twitter-Aktie auf den letzten Metern des Börsenjahres 2013 – eine Steigerung von fast 200 Prozent allein gegenüber dem Ausgabekurs. Der zu diesem Zeitpunkt hochdefizitäre 140 Zeichen-Dienst war plötzlich 40 Milliarden Dollar wert - etwa das Dreifache der Deutschen Lufthansa.

…folgte der krachende Absturz

Doch wer glaubte, Twitters Börsenhöhenflug würde auch im neuen Jahr problemlos weitergehen, erlebte spätestens nach der Verkündung der ersten Quartalszahlen die Überraschung: Die Verluste weiteten sich aus, das Nutzerwachstum verebbte, die Aktie erlebte am nächsten Handelstag einen epochalen Absturz von der Spitze 25 Prozent.

Damit war die Trendwende besiegelt. Nach dem rasanten Aufstieg folgte der tiefe Fall des Börsenüberfliegers, der längst zum Sturzflug angesetzt hat. In diesen Tagen notiert die Twitter-Aktie wieder nahe der bisherigen Tiefstände um die 40 Dollar-Marke – und damit schwächer als am ersten Handelstag.

Andere Dienste ziehen an Twitter links und rechts vorbei

Glaubt man dem gewöhnlich spitzfindigen Finanzjournalisten Rocco Pendola, könnte Twitter das Schlimmste indes noch bevorstehen. „Bereiten Sie sich auf Twitters Kollaps vor“, schrieb Pendola beim Finanzinformationsdienst TheStreet.com vor wenigen Tagen.

Die Argumente zur Skepsis anno 2014 sind lang. Es beginnt beim immer langsameren Nutzerwachstum: 241 Millionen Nutzer konnte Twitter per Ende vergangenen Jahres präsentieren, nur 9 Millionen mehr als drei Monate zuvor. Die jüngeren Rivalen sind unterdessen links und rechts an dem immerhin auch schon acht Jahre alten Social Network vorbeigezogen: Der Foto-Dienst Snapchat und vor allem die jüngere Facebook-Tochter WhatsApp.

Auch Instagram wohl schon bald vor Twitter

Doch sogar die ältere Tochter des weltgrößten Social Networks droht an Twitter bald vorbeizuziehen: Instagram verfügt inzwischen auch schon über 200 Millionen Nutzer und wächst aktuell schneller als Twitter – die Zeitenwende wird im zweiten Halbjahr erwartet. Bild schlägt Text: Die Logik der sozialen Netzwerke ist schnell erklärt.

Entsprechend versucht Twitter mit einigem Aktionismus gegenzusteuern. In den vergangenen Wochen ließ CEO Dick Costolo nichts unversucht, um einen Kurswechsel erkennen zu lassen. Mit dem neuen Profildesign, das stark an Facebook erinnert, gesteht Twitter ein, dass der Nachrichtenstrom zu schnell an Nutzern vorüberzieht. Bilder rücken mehr in den Vordergrund und werden gleich in der Timeline vierfach sichtbar, der Glamour-Faktor wird mit einem großen Header erhöht.

Börsenstart mit happigen Verlusten

Doch dabei bleibt es nicht. Twitter experimentiert in diesen Tagen bei einigen Nutzern mit der Anzeige, wie oft Tweets gesehen wurden – auch ein neues Benachrichtigungsfeature wird aktuell getestet. Vor allem die Optimierung der Anzeigen besitzt beim kalifornischen Mikroblogging-Dienst höchste Priorität – angeblich will Twitter in den kommenden sechs Monaten bis zu 15 neue Werbeformate ausrollen, um die Erlöse nachhaltig zu steigern.

Im abgelaufenen Weihnachtsquartal konnte Twitter die Erlöse auf 220 Millionen Dollar mehr als verdoppeln, verlor allerdings happige 511 Millionen, größtenteils wegen Aktienkompensationen für Mitarbeiter im Zuge des Börsengangs. 2014 muss CEO Dick Costolo nun unbedingt beweisen, dass er nachhaltig profitabel arbeiten kann.

Gelingt das nicht, droht ihm das Schicksal seiner Vorgänger, die nach der Gründung fast im Jahresrhythmus wechselten. Rocco Pendola schwant bereits das Schlimmste: „Prognose: Dick Costolo wird Ende 2015 nicht mehr Twitter-CEO sein“, urteilte Pendola boshafterweise über Twitter…