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Siegeszug von Netflix: Das Fernsehen des 21. Jahrhunderts

Bequem und immer aktuell - das Erfolgsgeheimnis Netflix'. (Bild: dpa)
Bequem und immer aktuell - das Erfolgsgeheimnis Netflix'. (Bild: dpa)

Kaum eine Branche wird in diesen Tagen so revolutioniert wie die Fernsehindustrie: Der Streaming-TV-Anbieter Netflix erfährt einen unerhörten Boom und verkündete gerade erst seine Expansion in praktisch jedes Land der Welt. Die Leidtragenden sind die klassischen Kabel-TV-Betreiber, die Fernsehinhalte anbieten wie im 20. Jahrhundert.

Reed Hastings hat sein Versprechen wieder einmal übererfüllt: Bis Ende 2016 sollte sein Streaming-Dienst Netflix rund um die Welt verfügbar sein, erklärte der Selfmade-Milliardär im vergangenen Jahr immer wieder gegenüber Analysten und auf Presseveranstaltungen – es wurde der 6. Januar.

Gleich zu Jahresbeginn überraschte Hastings auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas mit der größten Ankündigung der nunmehr auch schon 19-jährigen Unternehmensgeschichte: "Verbraucher rund um die Welt – von Singapur bis Sankt Petersburg, von San Francisco bis São Paulo – werden Fernsehserien und Filme gleichzeitig und ohne Wartezeit genießen können“, erklärte der 55-Jährige.

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Möglich wird dies durch die weltweite Expansion per Knopfdruck: In weiteren 130 Ländern der Welt ist der Streaming-Dienst nun erhältlich – 190 Länder sind es insgesamt. Mit Ausnahme von China, Nordkorea und Syrien ist Netflix rund um den Globus verfügbar: „Das ist die Geburtsstunde eines neuen globalen Internet-TV-Netzwerks“, feierte Hastings die historische Stunde.

Angefangen als DVD-Versender

Dabei hätte Hastings auf dem Weg zum Triumphzug fast eine krachende Bruchlandung hingelegt. Zum Start 1997 nämlich deutete noch nichts darauf hin, dass Netflix zu einem der größten Medien-Imperien des 21. Jahrhunderts würde aufsteigen können: Das Unternehmen begann tatsächlich als DVD-Versender und forderte den vermeintlich übermächtigen Platzhirsch Blockbuster heraus.

Mit der Verbreitung des Breitband-Internets wagte Hastings 2007 dann den großen Paradigmenwechsel, den andere Medien längst begonnen hatten: Die Zukunft liegt im Internet – auch die von Filmen und Fernsehen. Dem Geschäftsmodell liegt die Annahme zugrunde, dass sich immer mehr Menschen Selbstbestimmung wünschen, wann und wie sie welche sehen wollen – das klassische TV-Modell mit festen Fernsehzeiten und Werbeunterbrechungen hat ausgedient.

Eigenproduktionen wie „House of Cards“ verhalfen zum Durchbruch

Geld verdient Netflix über sein Abo-Modell: Bereits für 8 Euro im Monat bekommen Kunden in Deutschland, wo der amerikanische Streaming-Dienst seit September 2014 vertreten ist, Zugang zur Netflix-Welt – und damit zu rund 1300 Filmen und 300 Serien, die größtenteils zweisprachig und mit Untertiteln erhältlich sind. Regelrecht zum Kult („Netflix and Chill“) avancierte Netflix jedoch durch das größte Wagnis in der knapp zwanzigjährigen Firmenhistorie: Um einen unverwechselbaren Charakter zu bekommen, entschied sich Reed Hastings für massive Investition in eigene Inhalte.

Den Anfang machte vor drei Jahren der bis heute mit Abstand größte Erfolg: „House of Cards“ um den korrupten US-Politiker Frank Underwood, der es mit seiner skrupellosen Art bis ins Weiße Haus schafft und Zuschauer durch einen direkt an sie gerichteten Erzählstil in den Bann zieht. 100 Millionen Dollar investierte Netflix allein in die erste Staffel, für die die Hollywood-Stars Kevin Spacey und Robin Wright verpflichtet wurden.

Und das war nur der Anfang: Bis heute sind allein über 25 Eigenproduktionen auf Netflix zu sehen – darunter so beliebte Serien wie „Orange is the new Black“, „Bloodline, Narcos“ oder „Jessica Jones“. Für 2016 kündigte Hastings die Ausstrahlung von 31 Eigenproduktionen an – Material für 25 Tage Nonstop-Streaming.

Schon 75 Millionen Kunden weltweit

Die Wette ging auf: „House of Cards“ räumte nicht nur zahlreiche Preise ab, die bis dato der klassischen TV-Industrie vorbehalten waren, sondern lockte auch scharenweise neue Zuschauer an. Enorme 75 Millionen Menschen waren bis Ende vergangenen Jahres bereits Kunde, wie CEO Reed Hastings vergangene Woche bei Bekanntgabe der jüngsten Geschäftsbilanz für das abgelaufene Weihnachtsquartal verkündete.

Die Geschäfte boomen: Allein zwischen Anfang Oktober und Ende Dezember zogen die Umsätze um 23 Prozent auf bereits 1,83 Milliarden Dollar an; unterm Strich blieben wegen der gestiegen Kosten für die Expansion 43 Millionen Dollar hängen.

Kabel TV-Gesellschaften das Fürchten gelehrt

Mit der Geschäftsentwicklung der US-Fernsehriesen kann Netflix freilich noch nicht mithalten – doch der Trend stimmt. Während Netflix rasant wächst, spüren CBS (Showtime), Viacom (MTV), 21st Century Fox (Fox News) oder Time Warner (HBO) die Konsequenzen des Paradigmenwechsels. Die Umsätze schrumpfen in den meisten Fällen, weil sich Zuschauer immer seltener vorschreiben lassen wollen, wann sie fernsehen.

An der Wall Street hat man die Zeitenwende zum Großteil bereits vorweggenommen. Während die Aktien von CBS, Viacom, 21st Century Fox und Time Warner im vergangenen Jahr zwischen 15 und 45 Prozent einbrachen, legte Netflix um enorme 140 Prozent zu – in den vergangenen drei Jahren waren es gar astronomische 1000 Prozent.

Amazon großer Konkurrent

Ergebnis: An der Wall Street hat Netflix mit einem Börsenwert von 40 Milliarden Dollar längst die TV-Urgesteine CBS und Viacom hinter sich gelassen und nun schon Rupert Murdochs 21st Century Fox (Börsenwert: 52 Milliarden Dollar) und Time Warner (Börsenwert: 57 Milliarden Dollar) im Visier.

Die größte Konkurrenz dürfte unterdessen aus dem eigenen Lager kommen: E-Commerce-Gigant Amazon hat sich mit Prime Video ebenfalls einen ambitionierten Streaming-Dienst aufgebaut, der auch auf eigene Inhalte setzt, die bereits „Emmy“-Preise („Transparent“) gewonnen haben. Die Zukunft des Fernsehens – sie wird im Internet entschieden.

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