Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 7 Stunden 23 Minuten
  • Nikkei 225

    37.552,16
    +113,55 (+0,30%)
     
  • Dow Jones 30

    38.503,69
    +263,71 (+0,69%)
     
  • Bitcoin EUR

    62.042,11
    -451,01 (-0,72%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.427,32
    +12,56 (+0,89%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.696,64
    +245,33 (+1,59%)
     
  • S&P 500

    5.070,55
    +59,95 (+1,20%)
     

IGel – wenn der Arzt zum Verkäufer wird

IGel – wenn der Arzt zum Verkäufer wird. (Bild: thinkstock)
IGel – wenn der Arzt zum Verkäufer wird. (Bild: thinkstock)

Individuelle Gesundheitsleistungen – kurz IGel – sind Leistungen, für die gesetzlich versicherte Patienten selbst bezahlen müssen. Angeboten werden die Behandlungen direkt vom Arzt. Aber wenn im Besprechungszimmer plötzlich ein Verkaufsgespräch stattfindet, sind Patienten oft verunsichert. Finanztest erklärt, auf was Sie achten sollten und welche Leistungen die Kasse vielleicht doch übernimmt.


„Ich stand fast nackt vor der Ärztin und sie erklärte mir, warum ein Auflichtungsmikroskop zur Hautkrebs-Früherkennung unbedingt nötig sei“, so Anne Klenk Finanztest. Bezahlen sollte die 37-jährige Patientin die von der Hautärztin angebotene Leistung selbst. Denn es handelt sich um eine individuelle Gesundheitsleistung, für die die Kasse nicht aufkommt. Gegen das Angebot hatte sie nichts. Jedoch fühlte sie sich von der Ärztin stark bedrängt.

WERBUNG

Aktuell gibt es nahezu 400 solcher Leistungen, die von Ärzten angeboten werden. Laut Wissenschaftlichem Institut der AOK wurde das Volumen dieser Leistungen auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt. 20 Prozent aller IGel entfallen auf Ultraschalluntersuchungen, 16,2 Prozent auf Glaukom-Vorsorgeuntersuchungen (Grüner Star), es folgen Medikamente und Heilmittel, Blutuntersuchungen und ergänzende Krebsvorsorge.

Dabei definiert der Gesetzgeber, welche Leistungen von den Krankenkassen übernommen werden müssen. Und IGel überschreiten nach Definition ein „ausreichend, zweckmäßiges und wirtschaftliches Maß des Notwendigen“. Daher müssen Patienten selbst dafür bezahlen.

In diesen Fällen zahlt die Kasse
Doch es gibt auch Ausnahmen, wie Finanztest berichtet: „Wenn etwa ein konkreter Krankheitsverdacht besteht, übernimmt die Kasse die Kosten für eine IGel-Untersuchung. Ist beispielsweise die Prostata eines Mannes verdickt und der Arzt ertastet das, bezahlt die Krankenkasse den PSA-Test zur Prostatakrebsdiagnose.“ Gäbe es jedoch keine Beschwerden, gelte das als Vorsorgeleistung, die nur dann bezahlt werde, wenn es auch in den Vorsorgerichtlinien der Krankenkasse festgeschrieben sei.

Die einzelnen Leistungen der Krankenkassen zu studieren, kann sich lohnen. Denn wie die Experten berichten, gibt es durchaus Versicherer, die bestimmte Extras übernehmen. Das gilt zum Beispiel für Reiseimpfungen, professionelle Zahnreinigungen oder auch den Hautcheck mit Auflichtungsmikroskop.

Lesen Sie auch: Weiße Zähne – das hilft wirklich

Doch viele Patienten sind verwirrt und verlieren das Vertrauen, wenn der Besuch beim Arzt plötzlich in ein Verkaufsgespräch ausartet. „Um die privaten Leistungen an den Mann oder an die Frau zu bringen, nutzen viele Mediziner Argumente, die sie in Verkaufsseminaren erlernt haben“, berichten die Finanztest-Experten. Typische Aussagen seien: „Die Leistung ist besser als das, was die Kasse Ihnen bezahlt“, oder, „Diese Leistung wird nicht mehr von den Krankenkassen bezahlt“. Doch diese Aussagen seien oft falsch, heißt es weiter, denn kaum eine GKV-Leistung werde plötzlich zur Extraleistung.

Die zehn IGel-Gebote
Die Hautärztin von Anne Klenk gehört offensichtlich zu den schwarzen Schafen der Ärzteschaft. Denn die ist natürlich daran interessiert, dass Patienten Vertrauen in Ärzte setzen und sich nicht überrumpelt fühlen. Deshalb hat der Deutsche Ärztetag bereits 2006 eine Selbstverpflichtung im Umgang mit IGel-Angeboten verabschiedet. In den sogenannten „Zehn Geboten zum Umgang mit IGel“ ist unter anderem festgelegt, dass Patienten in Beratungen nicht verunsichert oder verängstigt werden dürfen. Außerdem sollen Patienten nicht bedrängt werden, so dass sie ausreichend Zeit haben, sich eine zweite Meinung einzuholen.

So sollte ein „guter“ Arzt handeln
Schon im Wartezimmer sollten Patienten Formulare zu Extraleistungen vorfinden. Der Arzt sollte umfassend über die Notwendigkeit der Behandlung und die Durchführung informieren. Wichtig ist es auch, dass der Patient über eventuelle Nebenwirkungen und auch mögliche Alternativen zur Behandlung aufgeklärt wird. Und nicht zuletzt sollte der Arzt dem Patienten die Kosten genau erläutern. Verstößt ein Arzt gegen seine beruflichen Pflichten, können sich Patienten bei der Landesärztekammer oder der Kassenärztlichen Vereinigung beschweren.

Grundsätzlich gilt
Nachfragen bei den Krankenkassen lohnt sich immer. Vielleicht gehört die Leistung zum besonderen Service des Versicherers. Nehmen Sie eine Extraleistung in Anspruch, so muss der Arzt mit Ihnen einen Behandlungsvertrag abschließen. Für die Kosten gilt die Gebührenordnung für Ärzte. Pauschale Vergütungen sind laut Finanztest nicht erlaubt. Wer unsicher ist, kann sich an die örtlichen Verbraucherzentralen wenden.

Hilfe und Informationen finden Patienten auch beim Internetportal Igelmonitor (www.igel-monitor.de).

Den vollständigen Bericht von Finanztest zum Thema „IGel“ finden Sie hier (kostenpflichtig).