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Niki-Verkauf an Lufthansa gescheitert

Die Lufthansa hat ihr Angebot zur Übernahme der Air-Berlin-Tochter Niki zurückgezogen. Jetzt setzt Airline-Chef Carsten Spohr auf „Plan B“. Was dahintersteckt.

Der Verkauf der Air-Berlin-Tochter Niki an die Lufthansa ist gescheitert. Das teilten Air Berlin und Lufthansa am Mittwoch mit. Eine Freigabe durch die EU-Kommission sei nicht zu erwarten.

Zwar habe man den Verzicht auf Slots angeboten, heißt es von Seiten der Kranichlinie. Der Kommission ging dieser Schritt aber nicht weit genug. Sie signalisierte offenbar, den Deal nicht zu bewilligen. "Auf Basis dieser Einschätzung wird eine Übernahme von Niki durch Eurowings nicht weiterverfolgt", heißt es in der offiziellen Mitteilung der Lufthansa.

Mit dem Verzicht auf Start- und Landerechte hatte Lufthansa versucht, die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission gegen die Air-Berlin-Teilübernahme zerstreuen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hatte für den Fall eines Scheiterns der Niki-Übernahme einen „Plan B“ angekündigt. Er sehe vor, die Lufthansa-Tochter Eurowings in der gleichen Größenordnung von rund 20 Flugzeugen aus eigener Kraft wachsen zu lassen.

Lufthansa weiter an LGW interessiert

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Weiterhin bemühen will sich Deutschlands größte Fluglinie aber um die Übernahme der Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW). Dafür sei man ebenfalls zur Abgabe weiterer Slots bereit. Die EU-Kommission nimmt den Rest des Deals unter die Lupe. Man werde die laufende Kartelluntersuchung nun auf den zweiten Air-Berlin-Ableger LGW konzentrieren, an dem die Lufthansa weiter interessiert sei, teilte die Kommission am Mittwoch mit.

Gelingt dieser Deal, fiele die Enttäuschung bei der Lufthansa über den geplatzten Niki-Deal wohl gering aus. Airline-Chef Spohr bekäme mit den unstrittigen Teilen von Air Berlin und LGW insgesamt immer noch fast 60 Flugzeuge. Dass diese Positionen einen entscheidenden Vorteil haben, hatte ein Konkurrent der WirtschaftsWoche bereits im Vorfeld berichtet: Der Zuwachs ohne Niki erfolgt „nicht im hart umkämpften Ferienmarkt, sondern im normalen Liniengeschäft mit seinen vielen gut zahlenden Geschäftsreisenden.“

Auch kann der Niki-Verlust zumindest theoretisch noch in Teilen ausgeglichen werden. Werden die wertvollen Startrechte frei, weil Niki nun in die Pleite rutscht, wird sich Lufthansa mit allen Töchtern darum bewerben.

Zunächst sucht insolvente Air Berlin aber nun einen neuen Käufer für die Tochter-Linie. „Die Air-Berlin-Gruppe prüft derzeit Verwertungsalternativen für die Niki Luftfahrtgesellschaft GmbH“, hieß es am Mittwoch in einer Pflichtmitteilung für die Börse.

Interesse an einem Kauf hatten in den vergangenen Monaten auch Thomas Cook (Condor) und der British-Airways-Mutterkonzern IAG gezeigt. Air Berlins Generalbevollmächtigter Frank Kebekus hatte allerdings noch am Dienstag mitgeteilt, Lufthansa sei der einzig zuverlässige Kaufinteressent für Niki.

Der Unternehmer Niki Lauda ist an der von der Pleite bedrohten Airline Niki interessiert. Dies sei "natürlich" weiter der Fall, sagte Lauda am Mittwoch zu Reuters. Die österreichische Air-Berlin-Tochter bräuchte jedoch einen Neustart im Zuge eines Insolvenzverfahrens. Auf die Frage, wie viel Geld er für Niki in die Hand nehmen würde, sagte Lauda: "Der Preis, den man für eine insolvente Airline zahlen muss, ist niedriger als der für eine, die noch fliegt."

Der frühere Rennfahrer hatte Niki selbst gegründet und wollte die Airline im Insolvenzverfahren der Niki-Mutter Air Berlin übernehmen. Lauda hatte gemeinsam mit der Thomas Cook-Tochter Condor geboten, aber gegenüber der Lufthansa den Kürzeren gezogen.

Lufthansa-Scheitern bei Niki kostet Bund womöglich Millionen

Das Scheitern des Verkaufs kostet den Bund derweil womöglich Millionen. "Durch den unerwarteten Ausfall der Erlöse aus dem Niki-Verkauf kann der vom Bund verbürgte Kredit der KfW an Air Berlin möglicherweise nur zum Teil zurückgezahlt werden", erklärte die Bundesregierung am Mittwoch. Es geht um ein Darlehen von 150 Millionen Euro. Der Bund werde alles tun, um den Schaden für den Steuerzahler in Grenzen zu halten.

Alternative Käufer für Niki "standen und stehen bis heute nicht zur Verfügung", unterstrich die Regierung. Daher komme es nun zur Insolvenz bei Niki, der Flugbetrieb müsse eingestellt werden. Insgesamt hält die Regierung aber dennoch den Insolvenzprozess bei Air Berlin für gelungen, weil ein Teil der ehemals 8000 Mitarbeiter in Beschäftigung gehalten würden.

KONTEXT

Die Chronik von Air Berlin

Sonderrechte im geteilten Berlin

Vor 38 Jahren hob der erste Air-Berlin-Flieger ab. Alles begann mit alliierten Sonderrechten zur Landung im geteilten Berlin. Nach der Wende wuchs Air Berlin zur Nummer Zwei am Himmel über Deutschland heran, doch dann folgte eine jahrelange Krise.

1970er- bis 90er-Jahre

1978: Gründung als Chartergesellschaft durch den Ex-Pan-Am-Pilot Kim Lundgren. Erstflug am 28. April 1979 von Berlin-Tegel nach Mallorca. Die Flotte umfasst zwei Maschinen.

1991: Im April kauft der LTU-Manager Joachim Hunold die Mehrheit der Anteile. Es gibt kurz darauf 15 Flüge pro Tag. Air Berlin expandiert und stationiert zunehmend auch Flugzeuge auf Regionalflughäfen.

1998: Mit dem Mallorca Shuttle Einstieg ins Linienfluggeschäft.

2004

Einstieg zu 25 Prozent bei der österreichischen Fluggesellschaft Niki des früheren Rennfahrers Niki Lauda.

2006

Börsengang und Kauf der Fluggesellschaft dba.

2007

Kauf des Ferienfliegers LTU, damit auch Interkontinentalflüge.

2008

Air Berlin rutscht in die roten Zahlen, legt das erste Sparprogramm auf: Strecken fallen weg, Flugzeuge werden ausgemustert. Die Übernahme des Ferienfliegers Condor scheitert.

2010

Air Berlin kündigt für 2012 den Eintritt in das Luftfahrtbündnis Oneworld an.

2011

Hunold wirft das Handtuch, Hartmut Mehdorn übernimmt. Ein weiteres Sparprogramm soll das operative Ergebnis um 200 Millionen Euro verbessern. 18 der 170 Maschinen werden verkauft.

2012

Die arabische Staatsairline Etihad erhöht ihren Anteil von knapp 3 auf 29,2 Prozent und stützt die Airline mit einem 255-Millionen-Dollar-Kredit. Ein neues Sparprogramm beginnt. Der Verkauf des Vielfliegerprogramms an Großaktionär Etihad bringt nur vorübergehend wieder schwarze Zahlen.

2013

Wolfgang Prock-Schauer wird Vorstandschef und verschärft das von Mehdorn im Vorjahr aufgelegte neue Sparprogramm. Jeder zehnte Arbeitsplatz fällt weg, die Flotte schrumpft auf 142 Maschinen.

2015

Im Februar löst Stefan Pichler den glücklosen Prock-Schauer ab. Air Berlin macht 447 Millionen Euro Verlust - so viel wie nie.

2016

Nach einem juristischen Tauziehen kann Air Berlin den größten Teil der wichtigen Gemeinschaftsflüge mit Etihad weiter anbieten. Die Zahlen bessern sich nicht. Gespräche mit Lufthansa über einen Verkauf von Geschäftsteilen beginnen. Mit einem tiefgreifenden Umbau und der Streichung von bis zu 1200 Arbeitsplätzen will Air Berlin seine Krise überwinden.

2017

Air Berlin bekommt einen neuen Chef. Der Lufthansa-Manager und früheren Germanwings-Chef Thomas Winkelmann wird Vorstandschef. Air Berlin führt ihren Flugbetrieb in zwei getrennten Geschäftsfeldern weiter: Langstreckenflüge und Städteverbindungen in Europa werden zusammengefasst, Urlaubsflüge unter der Marke Niki geführt. Lufthansa erklärt sich bereit, Air Berlin zu übernehmen, wenn der Großaktionär Etihad zuvor die Schulden übernähme.

15. August 2017

Air Berlin meldet Insolvenz an. Zuvor hatte Etihad seine finanzielle Unterstützung eingestellt. Ein 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes soll den Flugbetrieb zunächst sichern.

27. Oktober 2017

Fast 40 Jahre nach dem Start der ersten Air-Berlin-Maschine in Berlin-Tegel landet am 27. Oktober 2017 um 23.45 Uhr der letzte Air-Berlin-Flieger dort. Die Zukunft der Angestellten und vieler Unternehmensteile ist zu diesem Zeitpunkt noch ungewiss.