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Bafin erstattete Wirecard-Anzeigen obwohl Aufsicht nichts fand

(Bloomberg) -- Die deutsche Finanzmarktaufsicht Bafin wurde 2019 wegen einer vermeintlichen Koalition aus Journalisten und Leerverkäufern gegen die Wirecard AG aktiv, obwohl die Handelsüberwachung der deutschen Börse keine Belege für Insiderhandel oder Marktmanipulation gefunden hatte. Das geht aus Unterlagen des Wirecard-Untersuchungsausschusses sowie dem Prüfbericht der Handelsüberwachungsstelle hervor, die Bloomberg einsehen konnte.

Die Akten werfen erneut ein schiefes Licht auf die Rolle der Bafin in einem der größten deutschen Finanzskandale. Wirecard meldete vergangenen Juni Insolvenz an, nachdem festgestellt wurde, dass ausgewiesene Barmittel in Höhe von 1,9 Milliarden Euro wahrscheinlich nie existiert hatten. Bafin-Chef Felix Hufeld hat letzten Monat seinen Rücktritt angekündigt.

Die Überwachungsstelle der Deutschen Börse - kurz HÜSt genannt - hatte nach kritischen Berichten über Wirecard in der Financial Times im Februar 2019 eine umfassende Untersuchung einschlägiger Transaktionen auf den Plattformen Xetra Classic, Xetra Frankfurt und Eurex eingeleitet. Rund 59% des Handels in Wirecard-Papieren fand laut Bloomberg-Daten 2019 in Frankfurt statt.

Dabei nahmen die Marktwächter auch den Handel mit Optionsscheinen und Derivaten genauer unter die Lupe, die erfahrungsgemäß besonders anfällig für Insiderhandel sind. In allen Bereichen kam die HÜSt zu dem Ergebnis, dass keine Transaktionen erkennbar waren, die vom üblichen Handel abwichen.

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Den Bericht stellte die HÜSt der Bafin zur Verfügung. Dennoch erstattete die Behörde zwei Monate später Strafanzeige wegen Marktmanipulation gegen unbekannte Leerverkäufer und Journalisten. Eine Bafin-Sprecherin erklärte Anfrage, dass die Behörde auch auf andere Informationen zugreifen kann als die HÜSt. Sie verwies auf Daten zu Nettoleerverkaufspositionen sowie auf Verdachtsmeldungen ausländischer Handelsplätze.

In der Wirecard-Affäre ist dies nicht der einzige Fall, in dem die Bafin sich gegen die Einschätzung oder den Rat anderer Aufsichts- und Kontrollorgane wendete. Bereits zuvor hatte die Behörde den Leerverkauf von Wirecard-Aktien untersagt, obwohl die Bundesbank ihr mitgeteilt hatte, dass eine solche Maßnahme zur Sicherung der Finanzmarktstabilität nicht notwendig sei. Die BaFin begründete ihren Schritt damals mit dem Schutz der “Marktintegrität”. Dokumente des Bundestags-Untersuchungsausschuss zeigen, dass die Behörde sogar ein komplettes Handelsverbot für die Aktie erwogen hatte.

Der Absturz des Zahlungsdienstleisters vom Vorzeigeunternehmen der deutschen Fintech-Branche zum Skandalkonzern beschäftigt seit Monaten auch den Bundestag in einem Untersuchungsausschuss. Dieser geht der Frage nach, wie der größte Bilanzbetrug der deutschen Nachkriegszeit jahrelang unbemerkt bleiben konnte. Mitarbeiter der Bafin werden am Freitag dazu befragt.

Inzwischen ist die Bafin selbst ins Visier der Strafverfolger geraten. Frankfurter Staatsanwälte und Beamte des Bundeskriminalamts haben am Mittwoch der Behörde in Bonn einen Besuch abgestattet, um eigenhändig ein Schreiben abzugeben. Darin bitten sie die Behörde um Auskunft über ihre Tätigkeit gegenüber Wirecard. Die Staatsanwaltschaft hatte Strafanzeigen erhalten, die sie aufforderte, gegen Bafin-Mitarbeiter zu ermitteln. Derzeit werde geprüft, ob die Anhaltspunkte dafür ausreichen, Ermittlungen zu beginnen, sagte ein Sprecher der Frankfurter Staatsanwälte.

“Die BaFin wollte das Leerverkaufsverbot um jeden Preis”, sagt der Grünen-Abgeordnete Danyal Bayaz. “Obwohl eine passende Ermächtigungsgrundlage fehlte, drückte sie es gegen alle Widerstände durch.” Auch das Finanzministerium stehe in der Verantwortung, da es das Vorgehen kritisch prüfen und intervenieren hätte müssen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz wird dazu voraussichtlich im April im Untersuchungsausschuss Stellung nehmen. Scholz, dem das Thema als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten wenig gelegen kommt, hat bereits Reformpläne für die Bafin präsentiert und eine neue Führungsspitze versprochen.

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